Saarbruecker Zeitung

Handwerk fordert von Ampel-Regierung Taten

Zu viel Bürokratie und zu wenige Fachkräfte bremsen die deutsche Wirtschaft. Der Vizekanzle­r und der Handwerksp­räsident sind sich darin einig, setzen aber unterschie­dliche Akzente.

- VON ROLAND LOSCH Produktion dieser Seite: Lukas Ciya Taskiran Markus Renz

(dpa) Handwerksp­räsident Jörg Dittrich hat von der Bundesregi­erung mehr Taten statt Worte gefordert. Die Regierung müsse Bürokratie abbauen, Steuern senken und den Standort Deutschlan­d wieder wettbewerb­sfähig machen: „Wir brauchen keine Fensterred­en mehr, wir brauchen Handeln“, sagte Dittrich am Mittwoch zum Auftakt der Internatio­nalen Handwerksm­esse in München.

Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne) sagte, die Regierung müsse ihre Hausaufgab­en zügig machen. „Die konjunktur­elle Lage ist herausford­ernd.“Die größte Herausford­erung sehe er im

Arbeitskrä­ftemangel: Er drohe zu einer Wachstumsb­remse zu werden, sagte der Vizekanzle­r in seiner Eröffnungs­rede. In Deutschlan­d gebe es inzwischen 1,4 Millionen Menschen im Alter von 20 und 30 Jahren ohne qualifizie­renden Berufsabsc­hluss. „Die ökonomisch­e Hauptaufga­be ist, Menschen in Arbeit zu bringen.“Habeck räumte auch ein: „Es gibt viel zu viele Vorschrift­en. Wir müssen es

hinbekomme­n, es einfacher, schlanker, pragmatisc­her zu machen.“Dabei müssten alle mitziehen.

Dittrich sagte, das Handwerk erwarte jetzt Taten, „nicht nur Verständni­s“. Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft und im Handwerk sei schlecht. In vielen Betrieben leerten sich die Auftragsbü­cher. Investitio­nen würden ausgebrems­t. Es fehle an politische­r Verlässlic­hkeit. Die

Bundesregi­erung müsse handeln, wo sie es selbst in der Hand habe: „Die Bürokratie liegt nicht an Russland oder Putin“, sagte der Präsident des Zentralver­bands des Deutschen Handwerks (ZDH).

Bei einer aktuellen Betriebsum­frage des ZDH beklagten die Unternehme­n in erster Linie hohe Steuern und Abgaben und zu viele Dokumentat­ions- und Nachweispf­lichten. Danach folgen Fachkräfte­mangel und hohe Energiepre­ise.

Mit Blick auf 20 000 unbesetzte Ausbildung­sstellen forderte Dittrich auch eine Wende in der Bildungspo­litik, um nichtakade­mischen Bildungs- und Berufswege­n mehr gesellscha­ftliche Anerkennun­g zu verschaffe­n. Gegen den Fachkräfte­mangel brauche es außerdem „qualifizie­rte und leistungsb­ereite Zuwanderun­g“, sagte Dittrich: „Alle, die leistungsb­ereit sind, sind im Handwerk willkommen.“

Der ZDH fordert eine flächendec­kende Berufsorie­ntierung bundesweit an allen Schulforme­n inklusive der Gymnasien. Habeck bekam bei der Messeeröff­nung großen Beifall für seine Ankündigun­g, dafür zu werben, dass künftig alle Bundesländ­er einen Tag des Handwerks auch in Gymnasien veranstalt­en.

Eine andere Sorge, die nicht nur dem Handwerk auf der Seele brennt, ist laut Dittrich eine sichere und bezahlbare Energiever­sorgung.

Darüber kam es bei einem Forum bei der Messeeröff­nung zu einem Schlagabta­usch zwischen Habeck und dem bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder: Der CSUVorsitz­ende kritisiert­e das Aus für die deutschen Atomkraftw­erke als unvernünft­ig und verwies auf den Ausbau der Atomkraft in anderen europäisch­en Ländern.

Habeck sagte, Atomstrom sei viel zu teuer. Der Gaspreis in Deutschlan­d sei jetzt wieder auf dem Niveau von vor dem Ukraine-Krieg. Unternehme­n könnten für ihre Energiever­sorgung auch mehr Solardäche­r und Windräder auf ihrem Betriebsge­lände errichten. In Deutschlan­d gibt es eine Million Handwerksb­etriebe mit rund 5,7 Millionen Beschäftig­ten und 350 000 Auszubilde­nden. Sie haben im Jahr 2022 rund 735 Milliarden Euro Umsatz erwirtscha­ftet.

„Die ökonomisch­e Hauptaufga­be ist, Menschen in Arbeit zu bringen.“Robert Habeck (Grüne) Wirtschaft­sminister

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Wolfram Kons (von links) moderiert ein Gespräch bei der Eröffnung der Internatio­nalen Handwerksm­esse zwischen Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne), dem bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder (CSU) und Jörg Dittrich, Präsident Zentralver­band des Deutschen Handwerks. Ein wesentlich­er Themenpunk­t ist dabei eine sichere und bezahlbare Energiever­sorgung in Deutschlan­d.

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