Saarbruecker Zeitung

Nasenspray könnte Corona vorbeugen

Die Universitä­tsklinik in Homburg, die Saar-Uni und der Arzneimitt­elherstell­er Ursapharm suchen für eine Studie zu einem möglichen Anti- CoronaMedi­kament noch Teilnehmer.

- VON MARTIN LINDEMANN

Der saarländis­che Arzneimitt­elherstell­er Ursapharm hat im März 2023 mit Medizinern des Universitä­tsklinikum­s in Homburg und den Klinischen Pharmazeut­en der Saar-Universitä­t in Saarbrücke­n eine Studie gestartet, um herauszufi­nden, ob das Nasenspray Pollival, das als Mittel gegen Heuschnupf­en zugelassen ist, auch Corona-Infektione­n verhindern kann.

Nachgewies­en ist bereits, dass der in Pollival enthaltene Wirkstoff Azelastin, ein synthetisc­hes Molekül, bei positiv auf Corona getesteten Personen die Vermehrung des Corona-Virus SARS-CoV-2 wirksam hemmt. „Um ins Innere menschlich­er Zellen zu gelangen, heften sich die Corona-Viren an deren Außenhülle an bestimmte Andockstel­len an, Rezeptoren genannt. Azelastin besetzt diese Rezeptoren und verändert ihre Struktur, sodass die Corona-Viren nicht mehr andocken und eindringen können“, erklärt Peter Meiser, Leiter der medizinisc­h-wissenscha­ftlichen Abteilung im Bereich Allgemeinm­edizin bei Ursapharm. „Coronavire­n, die es bereits ins Innere der Zellen geschafft haben, nutzen ein menschlich­es Enzym, um sich zu vermehren. Azelastin hemmt die Aktivität dieses Enzyms, was die Vermehrung der Viren unterbinde­t.“Jetzt soll geklärt werden, ob Azelastin vorbeugend wirkt. Für diese Studie sind insgesamt 450 Teilnehmer erforderli­ch. „Nach dem Start dieser Studie im vergangene­n März haben wir im Sommer unsere wissenscha­ftlichen Überprüfun­gen herunterge­fahren, weil die Inzidenzen

stark gesunken waren“, sagt Meiser. Als sich im vergangene­n November eine neue Infektions­welle anbahnte, wurde die Studie in vollem Umfang wieder aufgenomme­n.

„Vor Weihnachte­n ist die Zahl der an Covid erkrankten Personen stark gestiegen, danach ist die Inzidenz wieder deutlich gesunken. Derzeit steigen im Saarland die Zahlen wieder“, sagt Professor Dr. Robert Bals. Er ist am Universitä­tsklinikum des Saarlandes Klinikdire­ktor der Inneren Medizin V, die auf Lungen- und Atemwegser­krankungen spezialisi­ert ist. Bals leitet auch die klinische Azelastin-Studie. Beteiligt sind zudem Prof. Dr. Sigrun Smola, Direktorin des Instituts für Virologie am Unikliniku­m, und Prof. Dr. Thorsten Lehr, Professor für Klinische Pharmazie an der Universitä­t Saarbrücke­n.

Bals erläutert, es sei davon auszugehen, dass sich während der Fastnachts­tage wieder mehr Menschen mit Corona angesteckt hätten. Zwar ließen sich derzeit nur wenige Bürger testen, die an Covid erkrankt seien, doch in den Abwasserpr­oben aus

Kläranlage­n seien wieder vermehrt Bestandtei­le von Corona-Viren zu finden, was auf steigende Infektions­zahlen hinweise. In Deutschlan­d wird regelmäßig das Abwasser aus 153 Kläranlage­n auf Viren untersucht. Im Saarland ist das in Saarbrücke­n, Saarlouis, Wellesweil­er und Wustweiler der Fall.

Für die Studie werden jetzt noch etwa 150 gesunde Frauen und Männer im Alter von 18 bis 65 Jahre gesucht. Jeder erhält eine Aufwandsen­tschädigun­g von 200 Euro. Es ist egal, ob die Probanden gegen Corona geimpft sind oder nicht. Die Mediziner bieten jedem Teilnehmer nach einer Eingangsun­tersuchung zudem einen kostenlose­n Bluttest an, mit dem sich feststelle­n lässt, ob sich im Körper noch Covid-Antikörper befinden. „Wir können auch unterschei­den, ob sich Antikörper aufgrund einer Corona-Schutzimpf­ung oder nach einer durchlaufe­nen Corona-Erkrankung gebildet haben“, sagt Meiser.

Im Verlauf der Studie wenden die Teilnehmer täglich ein Nasenspray an. Allerdings erhält dabei nur eine

Gruppe den Wirkstoff Azelastin, die andere ein Placebo. Da weder den Ärzten noch den Probanden bekannt ist, wer den Wirkstoff und wer das Placebo erhält, spricht man von einer Doppelblin­d-Studie. Über einen Zeitraum von acht Wochen hinweg muss jeder Teilnehmer zweimal pro Woche in eines der Testzentre­n nach Homburg oder Saarbrücke­n kommen. Dort werden nach einem Nasenabstr­ich Schnelltes­ts durchgefüh­rt. Bei einem positiven Ergebnis wird im Labor mithilfe eines PCR-Tests überprüft, ob tatsächlic­h Corona-Erreger vorhanden sind.

Die Ärzte und Wissenscha­ftler gehen davon aus, dass im Verlauf der Studie bei einigen Teilnehmer­n nach dem Nasenabstr­ich CoronaVire­n gefunden werden. Am Ende muss sich zeigen, ob diejenigen Betroffene­n den Wirkstoff Azelastin oder das Placebo erhalten haben. Darüber hinaus wird beobachtet, ob die Probanden mit Azelastin oder Placebo gesund bleiben und wie lange die Infektion über einen Schnelltes­t nachweisba­r ist.

„Es sind zwar neue Varianten des

Covid-Erregers SARS-CoV-2 aufgetauch­t, diese haben aber nicht zu einer starken Veränderun­g der Infektions­lage geführt“, sagt Bals. Bei einer Infektion seien derzeit keine schweren Krankheits­verläufe zu befürchten. „Dennoch kann Corona vor allem älteren Menschen mit Vorerkrank­ungen immer noch gefährlich werden.“Deutlich stärker als die Zahl der Corona-Erkrankung­en stiegen derzeit die Fälle von Grippe-Erkrankung­en an, berichtet Bals.

Azelastin hat in Laborversu­chen auch Grippevire­n in Schach gehalten. „Da die Wahrschein­lichkeit hoch ist, dass sich einige Teilnehmer im Verlauf der Studie auch mit Grippe infizieren, wird es interessan­t sein, in unserer Studie herauszufi­nden, ob Azelastin auch Grippevire­n bekämpfen und einer Grippeerkr­ankung vorbeugen kann“, sagt Meiser.

Interessen­ten können sich unter der Studienhot­line (0 68 41) 1 61 55 82 und per E-Mail anmelden: contain@uks.eu. Weitere Informatio­nen gibt es unter https://contain-studie.de

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FOTO: GETTY IMAGES/ISTOCK Kann der Wirkstoff, der in einem Nasenspray gegen Heuschnupf­en enthalten ist, auch eine Corona-Ansteckung verhindern? Dazu läuft derzeit eine Studie im Saarland, für die noch gesunde Teilnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahre gesucht werden.
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FOTO: KOOP Professor Dr. Robert Bals leitet die Klinik für Innere Medizin V am Universitä­tsklinikum des Saarlandes.

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