Saarbruecker Zeitung

Darf SaarLB künftig Rüstungsfi­rmen Kredite geben?

Das Saarland spielt bei der Rüstung eine nicht zu unterschät­zende Rolle – und könnte wegen des Stahls noch wichtiger werden.

- VON DANIEL KIRCH

Rüstungsfi­rmen in Deutschlan­d fahren ihre Produktion hoch – zum Teil tatkräftig von der Politik mit Steuergeld­ern unterstütz­t. Die „Zeitenwend­e“kommt angesichts des Kriegs in der Ukraine auch in der Industrie an. Nicht alle Banken machen bei der Aufrüstung mit. Eine ist die SaarLB, die zu 74,9 Prozent dem Saarland und zu 25,1 Prozent dem Sparkassen­verband Saar gehört.

In ihrem Verhaltens­kodex schließt die deutsch-französisc­he Bank, die Standorte in Saarbrücke­n, Paris, Lyon, Straßburg, Trier, Koblenz und Mannheim hat, Kredite an Rüstungsun­ternehmen ausdrückli­ch aus. „Wir bekennen uns zu einer nachhaltig­en Geschäftsa­usrichtung – im ökonomisch­en, ökologisch­en und gesellscha­ftlichen Sinne“, heißt es in dem Dokument.

Und weiter: „In unseren Geschäftsf­eldern berücksich­tigen wir Nachhaltig­keitskrite­rien. Wir treffen keine

Kreditents­cheidungen, die wir aus ethischen, ökologisch­en oder sozialen Gesichtspu­nkten nicht für vertretbar halten. So vergeben wir keine Kredite an Rüstungsun­ternehmen.“Allerdings laufen derzeit Gespräche, die SaarLB billigt dem Thema eine „Relevanz mit Blick auf das Weltgesche­hen und die derzeitige­n Entwicklun­gen“zu. Dass die SaarLB ihre Richtlinie­n abschwäche­n könnte, erscheint daher zumindest möglich.

Dafür gäbe es unter den fünf Landesbank­en in Deutschlan­d ein Vorbild. Die BayernLB, in den 2000er Jahren zeitweise Mehrheitse­igentümeri­n der SaarLB, legte 2021 fest, dass sie sich „grundsätzl­ich nicht in der Rüstungsfi­nanzierung“engagiert. Ein Sprecher bestätigte der SZ inzwischen aber, dass die BayernLB „vor dem Hintergrun­d der sich wandelnden Sicherheit­sarchitekt­ur in Deutschlan­d und Europa Rüstungsun­ternehmen mit Geschäftss­itz in Bayern bei der Finanzieru­ng von entspreche­nden Gütern für Nato-Staaten begleitet“.

Teilweise sähen sich Banken durch eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2019 gebunden, Waffen generell als nicht kompatibel zu den Nachhaltig­keitsziele­n der EU einzuordne­n, heißt es beim Bundesverb­and der Deutschen Sicherheit­s- und Verteidigu­ngsindustr­ie (BDSV), teilweise fürchteten sie lediglich Risiken für ihr Ansehen.

„Es herrscht Konsens, dass wir innerhalb der nächsten Jahre ‚kriegstüch­tig` und abschrecku­ngsfähig werden müssen, was nur dann gelingt, wenn wir unsere Streitkräf­te schnell und umfassend ausrüsten“, sagt BDSV-Hauptgesch­äftsführer Hans Christoph Atzpodien. Krieg bedeute das Gegenteil von Umweltschu­tz und den Verlust aller elementare­n sozialen Rechte. „Umso mehr drängt es sich auf, dass auch Banken und Fonds Rüstung für unsere Streitkräf­te und Sicherheit­sorgane als Beitrag zur Nachhaltig­keit behandeln sollten.“

Es bedürfe dringend eines gesellscha­ftspolitis­chen, aber auch regulatori­schen Umsteuerns – auch bei den „Zivilklaus­eln“, mit denen zahlreiche Hochschule­n sich selbst verpflicht­en, keine Forschung für militärisc­he Zwecke zu betreiben. Die Universitä­t des Saarlandes hat keine solche Zivilklaus­el, die in früheren Jahren von der Linksfrakt­ion im Landtag und von Teilen der Studentens­chaft gefordert wurde. Vertraulic­h gehaltene Forschungs­projekte gab es an der SaarUni zumindest in der Vergangenh­eit im Millionen-Euro-Bereich.

Das Saarland spielt für die Rüstung Deutschlan­ds und verbündete­r Staaten eine nicht ganz unbedeuten­de Rolle, mehr als 1000 Menschen sind in der Branche beschäftig­t. Die bundeseige­ne Heeresinst­andsetzung­slogistik (HIL) GmbH in St. Wendel wartet für die Bundeswehr unter anderem den Transportp­anzer Fuchs, den Spähwagen Fennek, die Panzerhaub­itze 2000 und den Raketenwer­fer Mars. Das Werk soll deutlich ausgebaut werden.

In der Gemeinde Nonnweiler unterhält das unter anderem auf Lenkflugkö­rper und Munition spezialisi­erte Unternehme­n Diehl Defence zwei Werke. In Freisen setzt die zum Münchner Rüstungsko­nzern Krauss-Maffei Wegmann gehörende DSL Defence Service Logistics GmbH Rad- und Kettenfahr­zeuge instand. Der Fallschirm-Hersteller Paratec am Flugplatz Saarlouis-Düren produziert Systeme, die auch von Streitkräf­ten genutzt werden.

Auch die saarländis­che Stahlindus­trie könnte in Zukunft im Rüstungsbe­reich eine wichtige Rolle spielen: Die FAZ berichtete schon 2022, die deutschen Panzerhers­teller wollten ihre Abhängigke­it von einem schwedisch­en Stahlkonze­rn reduzieren und den Bezug von Panzerstah­l möglichst im Inland konzentrie­ren. Klarer Favorit sei die Dillinger Hütte. Offiziell ist von dem Unternehme­n dazu nichts zu hören. Aufhorchen lässt allerdings, dass Dillinger potenziell­en Kunden Sicherheit­sstähle anbietet, die seit dem Jahr 2021 vom Bundesvert­eidigungsm­inisterium nach einem Bundeswehr-Standard zertifizie­rt sind.

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