Darf SaarLB künftig Rüstungsfirmen Kredite geben?
Das Saarland spielt bei der Rüstung eine nicht zu unterschätzende Rolle – und könnte wegen des Stahls noch wichtiger werden.
Rüstungsfirmen in Deutschland fahren ihre Produktion hoch – zum Teil tatkräftig von der Politik mit Steuergeldern unterstützt. Die „Zeitenwende“kommt angesichts des Kriegs in der Ukraine auch in der Industrie an. Nicht alle Banken machen bei der Aufrüstung mit. Eine ist die SaarLB, die zu 74,9 Prozent dem Saarland und zu 25,1 Prozent dem Sparkassenverband Saar gehört.
In ihrem Verhaltenskodex schließt die deutsch-französische Bank, die Standorte in Saarbrücken, Paris, Lyon, Straßburg, Trier, Koblenz und Mannheim hat, Kredite an Rüstungsunternehmen ausdrücklich aus. „Wir bekennen uns zu einer nachhaltigen Geschäftsausrichtung – im ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Sinne“, heißt es in dem Dokument.
Und weiter: „In unseren Geschäftsfeldern berücksichtigen wir Nachhaltigkeitskriterien. Wir treffen keine
Kreditentscheidungen, die wir aus ethischen, ökologischen oder sozialen Gesichtspunkten nicht für vertretbar halten. So vergeben wir keine Kredite an Rüstungsunternehmen.“Allerdings laufen derzeit Gespräche, die SaarLB billigt dem Thema eine „Relevanz mit Blick auf das Weltgeschehen und die derzeitigen Entwicklungen“zu. Dass die SaarLB ihre Richtlinien abschwächen könnte, erscheint daher zumindest möglich.
Dafür gäbe es unter den fünf Landesbanken in Deutschland ein Vorbild. Die BayernLB, in den 2000er Jahren zeitweise Mehrheitseigentümerin der SaarLB, legte 2021 fest, dass sie sich „grundsätzlich nicht in der Rüstungsfinanzierung“engagiert. Ein Sprecher bestätigte der SZ inzwischen aber, dass die BayernLB „vor dem Hintergrund der sich wandelnden Sicherheitsarchitektur in Deutschland und Europa Rüstungsunternehmen mit Geschäftssitz in Bayern bei der Finanzierung von entsprechenden Gütern für Nato-Staaten begleitet“.
Teilweise sähen sich Banken durch eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2019 gebunden, Waffen generell als nicht kompatibel zu den Nachhaltigkeitszielen der EU einzuordnen, heißt es beim Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV), teilweise fürchteten sie lediglich Risiken für ihr Ansehen.
„Es herrscht Konsens, dass wir innerhalb der nächsten Jahre ‚kriegstüchtig` und abschreckungsfähig werden müssen, was nur dann gelingt, wenn wir unsere Streitkräfte schnell und umfassend ausrüsten“, sagt BDSV-Hauptgeschäftsführer Hans Christoph Atzpodien. Krieg bedeute das Gegenteil von Umweltschutz und den Verlust aller elementaren sozialen Rechte. „Umso mehr drängt es sich auf, dass auch Banken und Fonds Rüstung für unsere Streitkräfte und Sicherheitsorgane als Beitrag zur Nachhaltigkeit behandeln sollten.“
Es bedürfe dringend eines gesellschaftspolitischen, aber auch regulatorischen Umsteuerns – auch bei den „Zivilklauseln“, mit denen zahlreiche Hochschulen sich selbst verpflichten, keine Forschung für militärische Zwecke zu betreiben. Die Universität des Saarlandes hat keine solche Zivilklausel, die in früheren Jahren von der Linksfraktion im Landtag und von Teilen der Studentenschaft gefordert wurde. Vertraulich gehaltene Forschungsprojekte gab es an der SaarUni zumindest in der Vergangenheit im Millionen-Euro-Bereich.
Das Saarland spielt für die Rüstung Deutschlands und verbündeter Staaten eine nicht ganz unbedeutende Rolle, mehr als 1000 Menschen sind in der Branche beschäftigt. Die bundeseigene Heeresinstandsetzungslogistik (HIL) GmbH in St. Wendel wartet für die Bundeswehr unter anderem den Transportpanzer Fuchs, den Spähwagen Fennek, die Panzerhaubitze 2000 und den Raketenwerfer Mars. Das Werk soll deutlich ausgebaut werden.
In der Gemeinde Nonnweiler unterhält das unter anderem auf Lenkflugkörper und Munition spezialisierte Unternehmen Diehl Defence zwei Werke. In Freisen setzt die zum Münchner Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann gehörende DSL Defence Service Logistics GmbH Rad- und Kettenfahrzeuge instand. Der Fallschirm-Hersteller Paratec am Flugplatz Saarlouis-Düren produziert Systeme, die auch von Streitkräften genutzt werden.
Auch die saarländische Stahlindustrie könnte in Zukunft im Rüstungsbereich eine wichtige Rolle spielen: Die FAZ berichtete schon 2022, die deutschen Panzerhersteller wollten ihre Abhängigkeit von einem schwedischen Stahlkonzern reduzieren und den Bezug von Panzerstahl möglichst im Inland konzentrieren. Klarer Favorit sei die Dillinger Hütte. Offiziell ist von dem Unternehmen dazu nichts zu hören. Aufhorchen lässt allerdings, dass Dillinger potenziellen Kunden Sicherheitsstähle anbietet, die seit dem Jahr 2021 vom Bundesverteidigungsministerium nach einem Bundeswehr-Standard zertifiziert sind.