Museum zeigt radikale Künstlerinnen
Das Saarlandmuseum, das Museum Arnhem und das Belvedere in Wien geben einen Ausblick auf eine gemeinsame Ausstellung über radikale Kraft weiblicher Kunst zwischen 1910 und 1950.
Bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts waren Künstlerinnen in Ausstellungen großer Museen unterrepräsentiert. Die Kunstgeschichte wurde bis dahin von Männern geprägt. Frauen war der Zutritt zu den Zünften des Mittelalters untersagt, auch Kunstakademien durften sie nicht besuchen. Selbst avantgardistische Institutionen wie das Bauhaus wollten Frauen anfangs nur zu den Studiengängen der angewandten Kunst wie Keramik und Weberei zulassen. Und auch Kritik und Ausstellungshäuser wurden von Männern dominiert.
Das Interesse an der Kunst von Frauen erwachte erst in den 1970erJahren, als zunehmend Frauen die Führungspositionen in den Ausstellungshäusern übernahmen und den institutionellen Blick auf die weibliche Kunst veränderten. So kann es kaum verwundern, dass die nun angekündigte Ausstellung „RADKIKAL! Künstlerinnen und Moderne 1910–1950“von Museum Arnhem, Saarlandmuseum und Belvedere Wien gezeigt wird, die jeweils von Kunsthistorikerinnen geführt werden.
Kathrin Elvers-Svamberk, neben Andrea Jahn und Meike Lander Kuratorin der Ausstellung: „Die Idee kam vor einigen Jahren von Mirjam Westen, einer kürzlich in den Ruhestand gewechselten Kuratorin am Museum Arnhem. Sie regte an, das Projekt aus der Perspektive unterschiedlicher Museen und Länder zu erarbeiten.“So fragte sie neben Generaldirektorin Stella Rollig vom Belvedere auch bei Andrea Jahn an. Für das Saarlandmuseum ein Glücksfall, da die Moderne Galerie damit Anfang nächsten Jahres wieder eine große Ausstellung zur klassischen Moderne bekommt.
Im Zentrum der Ausstellung steht die Zeit zwischen 1910 und 1950, also jene Epoche, die von radikalen Veränderungen in Kunst und Gesellschaft geprägt war. Für die Frauen waren aber nicht nur die Folgen des Turbo-Kapitalismus, der um sich greifende Faschismus und die beiden großen Weltkriege wichtig, ihre Arbeit war immer auch Auflehnung gegen patriarchalische Strukturen. Die Künstlerinnen stellten traditionelle Rollenbilder radikal in Frage und thematisierten die Emanzipation in allen Lebensbereichen, zugleich waren nicht wenige Künstlerinnen auch Pionierinnen der Abstraktion.
Der Ausstellungsreigen beginnt am
7. September im niederländischen Arnhem, wird vom 8. Februar bis
18. Mai 2025 in Saarbrücken gastieren und dann nach Wien ziehen. 70 Künstlerinnen aus 22 Ländern haben die Macherinnen zusammengetragen. Das Ausstellungsprojekt bricht mit der chronologischen Aufeinanderfolge von Avantgardebewegungen und löst die Künstlerinnen aus jenem kunsthistorisch verfestigten Rahmenwerk, das nicht unwesentlich zu ihrer Unsichtbarkeit in der Erzählung der Moderne beigetragen hat. Die Schau zielt darauf ab, die Individualität der künstlerischen Praxis hervorzuheben, deren Spektrum von abstrakten bis figurativen, von kritischen bis aktivistischen Positionen reicht.
Die Ausstellung wird bekannte Namen wie Louise Bourgeois, Sonia
Delaunay-Terk oder Käthe Kollwitz vereinen, aber auch wenig bekannte Künstlerinnen wie die US-amerikanische Künstlerin Elizabeth Catlett, die sich mit afroamerikanischer Kultur auseinandersetzte. Es ist bezeichnend, dass die 2012 verstorbene Künstlerin gerade erst mit ihrer ersten internationalen Einzelausstellung im Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main geehrt wird. Kaum bekannt ist auch Fahrelnissa Zeid, die als Tochter aus vornehmem osmanischem Hause früh an der Kunstakademie für Frauen in Istanbul studieren durfte. Sie wurde zu einer Vorreiterin der abstrakten Kunst, die Elemente islamischer und byzantinischer Kunst mit Einflüssen westlicher Kunst vereinte.
Jede Ausstellung wird an allen Orten ein eigenes Gesicht haben“, betont Elvers-Svamberg, „da jedes Haus eigene, charakteristische räumliche Möglichkeiten hat“. Es gebe einen großen Kernbestand an Werken, die über die Gesamtlaufzeit hinweg an allen drei Orten gezeigt werden könnten, aufgrund konservatorischer Beschränkungen sei dies jedoch nicht für die Gesamtheit der Exponate möglich. Gleichwohl seien die lokalen Variationen der einzelnen Sektionen durch die Kuratorinnen aller Häuser gemeinsam festgelegt worden.