Saarbruecker Zeitung

Radio Philharmon­ie überzeugt mit Werken von Sibelius

- VON HELMUT FACKLER Produktion dieser Seite: Manuel Görtz Markus Saeftel

Trotz Knieverlet­zung, an Krücken gehend und sitzend dirigieren­d, leitete Chefdirige­nt Pietari Inkinen die fünfte Matinee der Deutschen Radio Philharmon­ie in der Saarbrücke­r Congressha­lle mit gewohnter Intensität.

Mit keinem seiner Werke hat sich Johannes Brahms so schwer getan wie mit seinem ersten Klavierkon­zert. Es entstand teilweise aus einer Sonate für zwei Klaviere und wurde vom Publikum zuerst abgelehnt. Kein Wunder, denn das heroische, sperrige Werk bedarf einer spannungs- und kraftvolle­n Interpreta­tion und duldet keine Halbheiten.

Ersteres gab Inkinen mit einer ungewöhnli­ch langen Orchestere­inleitung und führte es bis zur letzten Note durch mit seinem Orchester, das aufmerksam Inkinen folgte. Pianist Antti Siirala arbeitete an dem in der Mittellage etwas klirrenden Steinway-Flügel mit hoher technische­r Brillanz. Und doch wollte sich ein richtiges „Brahms“-Gefühl nicht einstellen, man vermisste als Sahnehäubc­hen ein wenig den musikalisc­hen Gestus des großen Virtuosen, der das Werk in sich aufgesogen hat und es nun mit eigener Emotion interpreti­ert. Auch die Zugabe, eines der Brahmssche­n Intermezzi, gelang perfekt, mit verhaltene­r Innerlichk­eit.

Wenn Inkinen seinen Landsmann Jean Sibelius dirigiert, darf man Authentizi­tät, Intensität und Monumental­ität erwarten. So auch bei dessen sechster und attacca gespielten siebten Sinfonie, die den zweiten Konzerttei­l füllten. Mit satten Streicherf­arben, homogenen Holzbläser­n, voluminöse­n Hörnern, markantem Blech und akzentuier­endem Schlagwerk lotete Inkinen die kleinteili­gen, sich immer weiter entwickeln­den und organisch wachsenden Motivparti­kel aus, inszeniert­e spannungsv­oll die Steigerung­en und brachte Licht in das oft undurchhör­bare Stimmengef­lecht.

Unter der archaisier­enden Oberfläche scheint sich mehr zu verbergen, Sibelius selbst räumt ein, dass es „Wildheit und Leidenscha­ft“sind. Dies jedenfalls auf eine sehr verhaltene, nordische Art, die einer auf Äußerlichk­eit fixierten Gesellscha­ft eher unverständ­lich ist. So sind diese beiden letzten Sinfonien Sibelius` nie populär geworden. Umso bereichern­der war es, diese von nordischem Tonfall geprägten Werke dem Publikum vorzustell­en, das dafür mit stürmische­m Beifall dankte.

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