Radio Philharmonie überzeugt mit Werken von Sibelius
Trotz Knieverletzung, an Krücken gehend und sitzend dirigierend, leitete Chefdirigent Pietari Inkinen die fünfte Matinee der Deutschen Radio Philharmonie in der Saarbrücker Congresshalle mit gewohnter Intensität.
Mit keinem seiner Werke hat sich Johannes Brahms so schwer getan wie mit seinem ersten Klavierkonzert. Es entstand teilweise aus einer Sonate für zwei Klaviere und wurde vom Publikum zuerst abgelehnt. Kein Wunder, denn das heroische, sperrige Werk bedarf einer spannungs- und kraftvollen Interpretation und duldet keine Halbheiten.
Ersteres gab Inkinen mit einer ungewöhnlich langen Orchestereinleitung und führte es bis zur letzten Note durch mit seinem Orchester, das aufmerksam Inkinen folgte. Pianist Antti Siirala arbeitete an dem in der Mittellage etwas klirrenden Steinway-Flügel mit hoher technischer Brillanz. Und doch wollte sich ein richtiges „Brahms“-Gefühl nicht einstellen, man vermisste als Sahnehäubchen ein wenig den musikalischen Gestus des großen Virtuosen, der das Werk in sich aufgesogen hat und es nun mit eigener Emotion interpretiert. Auch die Zugabe, eines der Brahmsschen Intermezzi, gelang perfekt, mit verhaltener Innerlichkeit.
Wenn Inkinen seinen Landsmann Jean Sibelius dirigiert, darf man Authentizität, Intensität und Monumentalität erwarten. So auch bei dessen sechster und attacca gespielten siebten Sinfonie, die den zweiten Konzertteil füllten. Mit satten Streicherfarben, homogenen Holzbläsern, voluminösen Hörnern, markantem Blech und akzentuierendem Schlagwerk lotete Inkinen die kleinteiligen, sich immer weiter entwickelnden und organisch wachsenden Motivpartikel aus, inszenierte spannungsvoll die Steigerungen und brachte Licht in das oft undurchhörbare Stimmengeflecht.
Unter der archaisierenden Oberfläche scheint sich mehr zu verbergen, Sibelius selbst räumt ein, dass es „Wildheit und Leidenschaft“sind. Dies jedenfalls auf eine sehr verhaltene, nordische Art, die einer auf Äußerlichkeit fixierten Gesellschaft eher unverständlich ist. So sind diese beiden letzten Sinfonien Sibelius` nie populär geworden. Umso bereichernder war es, diese von nordischem Tonfall geprägten Werke dem Publikum vorzustellen, das dafür mit stürmischem Beifall dankte.