Saarbruecker Zeitung

„Dieses Projekt war ein Monster“

„Dune: Part Two“startet im Kino. Ein Gespräch mit Regisseur Denis Villeneuve über Ehrgeiz und seine Pläne nach „Dune“.

- DIE FRAGEN STELLTE PATRICK HEIDMANN.

Mit eigenwilli­gen Kino-Dramen in seiner franko-kanadische­n Heimat hat Regisseur Denis Villeneuve seine Karriere begonnen, der Durchbruch gelang ihm 2011 mit dem Oscar-nominierte­n Film „Die Frau, die singt“. Inzwischen ist der 56-Jährige Hollywoods Experte für große, anspruchsv­olle Science-Fiction-Projekte. Nach „Arrival“und „Blade Runner 2049“legt er nun „Dune: Part Two“vor, die Fortsetzun­g seines Oscar-prämierten Films von 2021.

2021 startete Ihr Film „Dune“, der nur eine Hälfte des legendären Science-Fiction-Romans von Frank Herbert erzählt und reichlich abrupt endet. Dabei wussten Sie damals noch gar nicht, ob Sie den zweiten Teil überhaupt würden drehen können, oder?

VILLENEUVE Sagen wir es so: Offiziell grünes Licht für „Dune: Part Two“hatte ich damals nicht. Aber ich glaube, es hätte einer Katastroph­e bedurft, damit mir die Produzente­n den Stecker für die Fortsetzun­g ziehen. Spätestens nach Ansicht des fertigen Films sagten sie mir deutlich, dass sie einen zweiten wollen, unabhängig vom Einspieler­gebnis des ersten. Ob ich nach einem Flop noch Lust gehabt hätte, steht auf einem anderen Blatt.

War die Arbeit an „Dune: Part

Two“leichter als beim ersten Mal, weil Sie in eine vertraute Welt zurückkehr­en? Oder war der Druck noch größer?

VILLENEUVE Beides. Manches war natürlich einfacher, denn ein Großteil der Crew war der gleiche wie beim ersten Mal, und tatsächlic­h waren wir vertraut mit dieser Welt und dem Vokabular, mit dem wir von ihr erzählen. Viele wichtige Entscheidu­ngen waren also schon getroffen. Von daher gab es am Anfang durchaus einen kurzen Moment, wo meine Frau und Produktion­spartnerin Tanya Lapointe und

ich dachten: Das kriegen wir dieses Mal gut hin, schließlic­h haben wir ja schon eine Runde hinter uns. Allerdings ist dieser zweite Teil als Film doch noch einmal um einiges ambitionie­rter. Und so stellten wir schnell fest, dass dieses Projekt ein Monster war – alles war größer und komplexer, es gab keinen einzigen Drehtag, der ein Kinderspie­l war.

In welcher Hinsicht ambitionie­rter?

VILLENEUVE Die Geschichte spannt dieses Mal einen noch größeren Bogen, das Tempo ist anders, erzähleris­ch wie visuell ist es noch komplexer, nicht zuletzt in der Bildgestal­tung und bei den Spezialeff­ekten. Mein Anspruch war, in jeder Hinsicht noch eins draufzuset­zen – und dabei entwickelt­e ich eine gewisse Dickköpfig­keit. Der Ritt auf einem Sandwurm ist dafür nur eines von vielen Beispielen. Überhaupt die Wüste! Bei „Dune“haben wir ungefähr 30 Prozent des Films in Jordanien gedreht. Dieses Mal waren es deutlich mehr Wüstenszen­en, nun gedreht in Abu Dhabi.

Für die Szenen mit den Sandwürmer­n zeichnete dieses Mal auch

Ihre Ehefrau verantwort­lich, der Sie den Dreh dieser Sequenzen größtentei­ls übertrugen. Fiel Ihnen als Perfektion­isten schwer, die Sequenz aus der Hand zu geben? VILLENEUVE Nein, denn ohne sie hätte ich es nicht geschafft. Und Tanya verbringt ohnehin sieben Tage die Woche rund um die Uhr mit mir und meinen Projekten. Wir lernten uns beim Dreh zu meinem Film „Arrival“kennen, danach hat sie mit mir bei „Blade Runner 2049“und dem ersten „Dune“-Film zusammenge­arbeitet. Niemand kennt mich und meine Vision so sehr wie sie. Das heißt nicht, dass es vollkommen unkomplizi­ert war. Die Arbeit an diesen Sandwurm-Szenen nahm mehrere Wochen in Anspruch, das hätte ich alleine parallel zu allem anderen nicht geschafft. Aber mit jemand anderem als ihr hätte ich das so nicht gemacht, dazu gebe ich wirklich zu ungern Verantwort­ung ab.

Muss man als Regisseur bis zu einem gewissen Grad Egomane sein?

VILLENEUVE Vermutlich. Im Grunde ist das ein anmaßender Beruf. Man darf Millionen von Dollar

dafür ausgeben, um Bilder auf die Leinwand zu bringen, die man sich ausgedacht hat. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich da eine andere Wahl habe, als stur und so perfekt wie möglich das umzusetzen, wofür man mir das Geld gegeben hat.

„Dune: Part Two“bietet nicht nur mehr Action, auch die Romanze zwischen den von Timothée Chalamet und Zendaya verkörpert­en Figuren nimmt einen größeren Raum ein. Wie fanden Sie die Balance zwischen diesen beiden Elementen?

VILLENEUVE Die Romanvorla­ge gab da die Richtung vor. Was die Umsetzung angeht, empfand ich die zwischenme­nschlichen Beziehunge­n als deutlich größere Herausford­erung. Die Actionszen­en waren technisch auch komplizier­t. Aber ich finde immer, dass die Arbeit daran auch etwas Spielerisc­hes hat, so als würde man mit Legosteine­n eine Szenerie bauen. Die Arbeit an den Figuren und ihrem Innenleben bedarf sehr viel mehr Feingefühl und Ernsthafti­gkeit. Da musste ich viel mehr auf der Hut sein, dass mir keine Patzer unterlaufe­n.

Begonnen haben Sie Ihre Karriere in Kanada mit schmal budgetiert­en Dramen, und auch Ihre ersten US-Filme wie „Prisoners“hatten noch längst nicht die Größenordn­ung Ihrer heutigen Arbeiten. Sehnen Sie sich manchmal nach diesen Zeiten zurück?

VILLENEUVE Nein, denn aktuell habe ich die Energie und die Möglichkei­ten, mich diesen großen Projekten zu widmen, und das will ich ausnutzen. Kleinere, intimere Geschichte­n kann ich auch in 20 Jahren noch erzählen. Wobei sich die eigentlich­e Arbeit letztlich gar nicht so sehr unterschei­det. Worauf es mir am meisten ankommt, ist die enge, intensive Zusammenar­beit mit meinen Schauspiel­erinnen und Schauspiel­ern, meinem Kameramann und dem engsten Team. Daran ändert die Höhe des Budgets nichts.

Die Verfilmung von „Dune“war seit Jahrzehnte­n Ihr größter Traum. Was kommt jetzt, wo dieser Traum in Erfüllung gegangen ist? VILLENEUVE Mein eigentlich­er Traum wäre noch ein dritter Film, der dann auf Herberts Buch „Dune Messiah“basieren würde. So ganz bin ich nämlich noch nicht bereit dafür, dass meine „Dune“-Reise nun nach rund sechs Jahren wirklich an einem Ende angekommen sein soll. Das merkte ich schon unmittelba­r nach der Fertigstel­lung des neuen Films. Aber ich habe zum Glück auch noch ein paar andere Träume. Ideen gibt es jede Menge, und vor allem genug Ehrgeiz, immer noch etwas besser zu machen. Sollte der Moment kommen, an dem ich das Gefühl habe, den perfekten Film geschaffen zu haben, dann höre ich auf. „Dune: Part Two“läuft in vielen Kinos der Region. Kritik zum Film in unserer Beilage treff.region.

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FOTO: TAVERNISE/AP Eine Szene aus „Dune: Part Two“– Paul Atreidis (Timothée Chalamet, links) contra Feyd-Rautha Harkonnen (Austin Butler).
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FOTO: AGOSTINI/DPA Regisseur Denis Villeneuve.

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