Der Anfang vom Ende im Fall Benfares?
Nach Leichtathletin Sara Benfares wird auch ihre Schwester Sofia positiv getestet. Zweifel an Erklärungen der Familie wachsen.
Der Saarsport wird von einem weiteren Dopingfall geschockt – und rückt die Familie Benfares in ein ganz schlechtes Licht. Nach Olympia-Kandidatin Sara Benfares (22), bei der bei einer Dopingkontrolle am 30. September das Blutdopingmittel Epo (Erythropoetin) und Testosteron nachgewiesen wurden, ist nun auch Saras jüngere Schwester Sofia ins Visier der Dopingfahnder geraten.
Die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) bestätigte der Saarbrücker Zeitung am Mittwoch, dass auch gegen Sofia Benfares (19) ein Ergebnismanagementverfahren läuft. Bei einer Dopingkontrolle wurde auch bei der saarländischen Nachwuchssportlerin des Jahres 2023 die verbotene Substanz Epo festgestellt.
Ort und Datum der Probe teilte die NADA nicht mit, bestätigte aber, dass sie – wie schon im Fall Sara Benfares – Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken wegen des möglichen
Verstoßes gegen das Anti-DopingGesetz erstattet hat. Sofia ist wie Sara eine talentierte und ambitionierte Mittelstreckenläuferin und hatte sich noch eine Chance ausgerechnet, sich für die Olympischen Spiele in Paris zu qualifizieren.
Gegen die Familie Benfares sind damit zwei Verfahren anhängig. Nach Mitteilung der NADA ist das gegen Sara noch nicht abgeschlossen. Bei einem Ergebnismanagementverfahren wird der Sportler angehört beziehungsweise zu einer Stellungnahme aufgefordert. Das Verfahren kann nach Auswertung der Faktenlage eingestellt werden, es kann aber auch zu Sanktionen oder einem Disziplinarverfahren kommen.
Als Ersttätern drohen den Läuferinnen im schlimmsten Fall jeweils vierjährige Wettkampfsperren. Der Fall Sara Benfares, über den die SZ exklusiv berichtet hatte, hatte deutschlandweit für Aufsehen gesorgt. Zum einen, weil es der erste Epo-Dopingfall in der deutschen Leichtathletik seit 2016 war – und das auch noch im Vorfeld der Spiele in Paris, für die sich Sara qualifizieren wollte. Zum anderen, weil Vater und Trainer Samir Benfares den positiven Test seiner Tochter mit einer spektakulären Argumentation zu erklären versucht hatte. Beide Substanzen seien nach der Diagnose Knochenkrebs im Zuge der medizinischen Behandlung verabreicht worden. Als Kader-Athletin des Deutschen Leichtathletik-Verbandes ist sie al
lerdings verpflichtet, in einem solchen Fall eine Ausnahmegenehmigung bei der NADA zu beantragen. Dies ist allerdings vermutlich vor dem positiven Test nicht geschehen.
„Ich bin erschüttert. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll“, sagt Thomas Klein, der Vorsitzende des LC Rehlingen: „Aber es ist traurige Gewissheit: Jetzt fällt wohl das Kartenhaus der Argumentation der Kran
kengeschichte von Sara zusammen.“
Vor drei Wochen hatten die Rehlinger Vereinsverantwortlichen einen Katalog mit 14 Fragen an die Familie Benfares geschickt, um offene Fragen zu beantworten „und Transparenz herzustellen“, wie Klein sagt. Eine Antwort kam nicht. Klein schickte den Fragenkatalog erneut an Vater Samir Benfares, verbunden mit einer Fristsetzung, sonst werde
sich der LCR vorbehalten, die Zusammenarbeit mit der Familie, zu der auch die dritte Schwester Selma zählt, zu beenden. Diesmal antwortete der Vater – „mit einem Schreiben, das nicht gerade kooperativ war“, wie Klein es formuliert.
In der Zwischenzeit hatte der LCR einen Anwalt kontaktiert, um sich auf eine mögliche Trennung von Benfares vorzubereiten. Das ist nun nicht mehr nötig. „Die Familie Benfares hat keine Zukunft mehr in unserem Verein“, stellt Klein klar.
Auf einer Sitzung am Mittwochabend wollten die Vereinsverantwortlichen über einen Ausschluss aller drei Schwestern entscheiden. Der Landessportverband für das Saarland (LSVS), die Sportstiftung Saar und der LC Rehlingen hatten Sara Benfares direkt nach Bekanntwerden des positiven Tests und der vorläufigen Suspendierung von allen Förderungen ausgenommen. Gleiches wird nun vermutlich bei Sofia Benfares passieren. Dass die Familie Verbindungen zu in der Leichtathletik-Szene umstrittenen Personen pflegt, hatte die SZ mit ihren Recherchen bereits belegt. Auf einem Foto von der EM 2022 in München sind neben Sara Benfares auch die beiden Rumänen Carol und Daniel Santa – in Vereinskleidung von Benfares` französischem Verein Club Athlétique de Montreuil 93 – zu sehen.
Carol Santa ist ein in der Szene bekannter Leichtathletik-Trainer, sein Sohn Daniel führt eine Sportmanagement-Agentur. Von ihnen betreute Athleten wurden in einigen Fällen mit Doping in Verbindung gebracht. Zudem pflegt Vater Santa Kontakte zum Franzosen Bernard Sainz, der bereits in Zusammenhang mit Doping im Gefängnis saß. Die aktuelle Entwicklung im Fall Benfares lässt angesichts dieser Verbindungen die Zweifel an der Version der Familie stetig wachsen.
„Jetzt fällt wohl das Kartenhaus der Argumentation der Krankengeschichte von Sara zusammen.“Thomas Klein Vorsitzender von Benfares‘ Verein LC Rehlingen