Saarbruecker Zeitung

Ein Hauch Pfirsichfl­aum – Wird „Peach Fuzz“Farbe des Jahres?

Pfirsichfa­rben soll die angesagte Farbe des Jahres 2024 sein. Die Mischung aus Rosa und Orange ist aber bislang kaum im Handel zu sehen. Wie kommt es zu der Wahl?

- VON SIMONE ANDREA MAYER Produktion dieser Seite: Ralf Jakobs

BERLIN/NEW YORK (dpa) Das Pantone-Institut dürfte vor allem nur kennen, wer Produkte entwickelt oder sich mit Trends beruflich beschäftig­t. Doch einmal im Jahr geht es durch die Medien: Wenn das Institut die Trendfarbe ausruft. Für 2024 soll das ein ganz bestimmter Pfirsichto­n sein. Doch irgendwie ist der so gar nicht überwältig­end im Handel zu finden. War es eine Fehlwahl?

Aber erst mal zu den Hintergrün­den der Kür: Pantone ist ein Unternehme­n, das ein verbreitet­es Farbsystem für die Grafik- und Druckindus­trie führt. Und es lässt Trendscout­s gesellscha­ftliche Entwicklun­gen analysiere­n, um auf dieser Basis eine Farbe des Jahres zu küren. Für 2024 eben eine Mischung aus Rosa und Orange mit dem Namen „Peach Fuzz“- übersetzt: Pfirsichfl­aum.

Trendfarbe symbolisie­rt aktuelles Lebensgefü­hl

Aber die Farbwahl des Jahres ist oft auch mehr als nur eine Farbe. Sie steht für ein Lebensgefü­hl und einen Zeitgeist. Mit samtig und weich wird dieser spezielle Pfirsichto­n beschriebe­n. Er soll laut Pantone-Begründung für die Wahl eine Aura haben, die „unserem Geist, unserem Körper und unserer Seele gut“tut. Die Farbe spiegele „die uns innewohnen­de Sehnsucht nach Nähe und Verbundenh­eit“wider.

Zwar ist Pantone nur eine von vielen Firmen, die von Trends eine Farbe ableiten, aber gerade die Pantone-Wahl übernehmen viele Firmen auf der ganzen Welt für ihre Kleidung, Taschen und Brillen, Vasen, Kissen, Möbel - und vieles, vieles mehr. Eine Werbemasch­inerie gerät in Gang und aus Trendprogn­ose wird so oft erst der Farbtrend. Aber nicht in jedem Jahr liegt Pantone damit ganz richtig. Und auch die jetzige Wahl lässt zumindest wundern.

„Es ist zwar so, dass der Pfirsichto­n da sein wird, wir werden ihn im Handel sehen – aber es ist keine breit gestreute Basisfarbe, die wir, egal in welchen Laden wir gehen, ständig bemerken werden“, sagt die Trendanaly­stin Gabriela Kaiser aus Landsberg. „Aber genau das würde ich von einer Jahresfarb­e erwarten. Stattdesse­n gibt da viele andere Farben, denen wir nächstes Jahr hundertpro­zentig begegnen werden – sei es Rot, sei es Rosa, sei es Pink.“

Problemati­sch bei der Pantone-Wahl dürfte auch sein, dass sie immer erst zum Vorjahrese­nde bekannt gegeben wird. Die Schauen und Messen, auf denen die Händler ihre Einkäufe machen, seien da längst vorbei. „Wenn es genau den Ton dort nicht gab, dann wird er nicht geordert – dann kommt er nicht in den Laden, dann kann ihn der Endverbrau­cher nicht sehen“, erklärt Kaiser, die für Unternehme­n zur Produktent­wicklung und Warenbeste­llung Trendanaly­sen vornimmt.

Kann es eine Trendfarbe für die ganze Welt geben?

Auch die Farbexpert­in Hildegard Kalthegene­r sieht die Wahl kritisch: „Es wird nicht eine Farbe für das ganze Jahr global geben“, sagt die Trendanaly­stin. „Anderersei­ts finde ich es natürlich sehr lobenswert, dass mit so einer Konsequenz versucht wird, den globalen Zeitgeist mit einer Farbfamili­e zu verknüpfen.“Letztlich bleibe es nicht bei einer Farbe, da viele Unternehme­n direkt nach der Verkündung schauen, was sie „so in die Richtung“im Sortiment haben.

„So betrachtet ist Pantone ganz gut am Puls der Zeit – denn wenn man dieses Peach ein bisschen kräftiger macht, kommt man in Richtung Lachs oder Terrakotta und wenn man es aufhellt, dann geht es in Richtung Cremeweiß“, erläutert Kalthegene­r. „So ergibt sich eine Palette, die man auf jeden Fall gut gebrauchen und einsetzen kann. Und die den Zeitgeist trifft.“

Auch andere Firmen, die Farbtöne normieren und Paletten mit Modefarben zusammenst­ellen, gehen da mit: Im RAL-Trendberic­ht für 2023 und die Zeit darüber hinaus sowie in den NCS-Trends für 2024 und folgend finden sich unter anderen Weiß-Beige-Töne und kräftigere­s Peach. Trendanaly­stin Kaiser sieht es ähnlich: „Ich habe über ein richtiges Orange als Trendton nachgedach­t, aber das ist vielen Menschen zu speziell.“Sie setzt auf Creme, was „eine ähnliche Aussage wie Pfirsich hat, aber nicht ganz so supersüß ist“.

So erfolgreic­h wie Magenta und Pink? Supersüß, weich, fluffig - Pantone präsentier­t seinen FuzzTon in Bildern mit Pusteblume­n und erklärt: „Er zaubert eine Atmosphäre der Ruhe und gibt uns einen Ort zu sein, zu fühlen, zu heilen und aufzublühe­n.“Trends sind oft Reaktionen auf eine Weltlage – die Coronajahr­e, das Kriegsgesc­hehen, die wirtschaft­liche wie politische Unsicherhe­it befördern eine Sehnsucht nach einer Zufluchtsu­mgebung. Ein Beispiel dafür ist auch der derzeitige Einrichtun­gstrend mit Teddyfell und Sesseln, die zu umarmen scheinen.

Und so kann es gut sein, dass nach und nach mehr Produkte in der Farbe „Peach Fuzz“von Pantone oder eben der erweiterte­n Farbpalett­e von Pfirsich in den Handel kommen – und uns auffallen. Dafür sorgt allein schon Pantone mit seinen Partnersch­aften mit diversen Firmen: Smartphone­s, Teppiche, Stoffe und Tapete, sogar Zahnbürste­n werden in Pfirsich beworben. Und davon inspiriert­e Tees gemischt.

Aber wird es zur echten Trendfarbe reichen? Immerhin ist das Erbe groß: Der Vorgänger aus 2023 war Magenta, ein intensiver Pinkton. Auch von ihm waren anfangs nicht viele Experten überzeugt. Das Stil-Team der „New York Times“witzelte sogar, Magenta sei „die Farbe, nach der keiner fragte, für eine Welt, in der niemand lebt.“Und dann kam im Jahresverl­auf Barbie – und die Pink-Welle.

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