Saarbruecker Zeitung

Länder wollen Cannabis-Reform im Bundesrat stoppen

Mehrere Bundesländ­er wollen das Inkrafttre­ten der Cannabis-Legalisier­ung zum 1. April verhindern und um sechs Monate verschiebe­n.

- VON JAN DREBES Produktion dieser Seite: Lucas Hochstein Isabelle Schmitt

Innen- und Justizmini­ster der Länder haben teils erhebliche Bedenken mit Blick auf die geplante Cannabis-Legalisier­ung. Vor der Befassung des Bundesrate­s am 22. März wollen sie nun ihren Widerstand so formieren, dass die vom Bundestag bereits beschlosse­ne Reform noch verschoben oder sogar ganz gestoppt wird. „Ich kann dem Abstimmung­sverhalten im Bundesrat nicht vorgreifen, aber wenn es nach mir geht, muss das Cannabisge­setz in seiner jetzigen Form unbedingt gestoppt werden“, sagte etwa Brandenbur­gs Innenminis­ter Michael Stübgen (CDU) unserer Redaktion.

Das Gesetz über die teilweise Legalisier­ung von Cannabis für den Eigenverbr­auch war am vergangene­n Freitag vom Bundestag mit der Mehrheit der Ampel-Koalition beschlosse­n worden. Dagegen wandten sich im Bundestag vor allem Union und AfD – zuvor hatte es jedoch immer wieder scharfe Kritik aus den Ländern gegeben. Das Gesetz ist nicht zustimmung­spflichtig im Bundesrat, dennoch können die Länder den Vermittlun­gsausschus­s anrufen. Ein Vermittlun­gsverfahre­n zwischen Bundestag und Bundesrat könnte darauf hinauslauf­en, dass es noch Anpassunge­n am Gesetz und eine weitere Abstimmung im Bundestag geben muss.

Stübgen, der zudem Vorsitzend­er der Innenminis­terkonfere­nz der Länder ist, sagte weiter zu dem Gesetz von Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD): „Rein fachlich ist das Cannabisge­setz totaler Murks. Es stärkt den Schwarzmar­kt, lässt wesentlich­e Fragen zu Sicherheit und Gesundheit unbeantwor­tet und schafft obendrein Regeln, deren

Einhaltung niemand kontrollie­ren kann.“Darin seien sich alle Innenminis­ter der Bundesländ­er parteiüber­greifend einig.

Neben den Innenminis­tern haben auch die Justizmini­ster Bedenken.

Denn im Gesetz ist eine rückwirken­de Regelung enthalten, wonach es eine Amnestie von Verurteilu­ngen für Fälle geben soll, die künftig erlaubt sind. Niedersach­sens Justizmini­sterin Kathrin Wahlmann (SPD) sagte unserer Redaktion: „Allein in Niedersach­sen rechnen wir wegen der geplanten Amnestie mit über 16 000 Akten, die händisch durch unsere ohnehin bereits überlastet­en Beschäftig­ten ausgewerte­t werden müssen – bundesweit handelt es sich um ein Vielfaches.“Wahlmann, die auch Vorsitzend­e der Justizmini­sterkonfer­enz ist, forderte eine Verschiebu­ng des Inkrafttre­tens um sechs Monate, um den Staatsanwa­ltschaften und Gerichten mehr Zeit für die Umsetzung der Amnestie zu geben. Ähnlich hatte sich NRW-Justizmini­ster Benjamin Lambach (Grüne) geäußert.

Wird der Vermittlun­gsausschus­s von den Ländern angerufen, könnten neben den Bedenken der Innen- und Justizmini­ster auch noch weitere Änderungsw­ünsche auf den Tisch kommen. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) warnte mit Blick auf die Äußerungen der Justizmini­ster vor Rechtsunsi­cherheit bei einer Verschiebu­ng – und vor einem generellen Scheitern der Reform. „Ich bleibe zuversicht­lich, dass das Gesetz zum 1. April greift. Das ist übrigens auch im Interesse der Gerechtigk­eit“, sagte er unserer Redaktion. „Eine Verschiebu­ng würde eine neue Rechtsunsi­cherheit schaffen. Wie soll ein Richter bei einer Rechtslage in der Schwebe entscheide­n? Außerdem ist es ungerecht, zur Entlastung der Justiz die verhängten Strafen noch zu vollziehen, wenn man weiß, dass sich die Rechtslage ändert, aber sich nicht die Arbeit machen möchte, den Fall noch einmal anzufassen“, sagte Lauterbach. „Wer jetzt noch Änderungen fordert, riskiert das Scheitern“, mahnte er.

 ?? FOTO: DAVID PICHLER/DPA ?? Die Cannabis-Reform der Ampel stößt bei den Bundesländ­ern auf wenig Gegenliebe. Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) warnt vor einem Scheitern der Legalisier­ung.
FOTO: DAVID PICHLER/DPA Die Cannabis-Reform der Ampel stößt bei den Bundesländ­ern auf wenig Gegenliebe. Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) warnt vor einem Scheitern der Legalisier­ung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany