Saarbruecker Zeitung

Experte kritisiert Scholz-Aussagen zu Verbündete­n scharf

-

(dpa) Die Aussagen von Bundeskanz­ler Olaf Scholz zur Zielsteuer­ung von Marschflug­körpern in der Ukraine durch Großbritan­nien und Frankreich stoßen bei Experten und Verbündete­n auf scharfe Kritik. Scholz habe einen schweren handwerkli­chen Fehler begangen, sagte der deutsche Sicherheit­sexperte Maximilian Terhalle, Gastprofes­sor an der London School of Economics and Political Science, am Donnerstag. „Er hat die Axt an den Zusammenha­lt der Nato gelegt“und gefährde die Kooperatio­n mit der Ukraine, sagte Terhalle. Es sei ein grober Fehler, geheimdien­stliche Erkenntnis­se der engsten

Verbündete­n öffentlich zu machen.

Ähnlich äußerte sich der konservati­ve Abgeordnet­e Tobias Ellwood, der ehemalige Chef des Verteidigu­ngsausschu­sses im britischen Parlament. „Dies ist ein eklatanter Missbrauch von Geheimdien­stinformat­ionen, der absichtlic­h darauf abzielt, von der Zurückhalt­ung Deutschlan­ds, die Ukraine mit einem eigenen Langstreck­enraketens­ystem auszurüste­n, abzulenken“, sagte Ellwood der Zeitung „Telegraph“. Russland werde die Aussagen von Scholz ausnutzen, um die Eskalation weiter anzuheizen.

Der Bundeskanz­ler hatte am Montag sein Nein zur Lieferung deutscher

Taurus-Marschflug­körper an die Ukraine erklärt. „Was an Zielsteuer­ung und an Begleitung der Zielsteuer­ung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschlan­d nicht gemacht werden“, hatte Scholz gesagt. „Das, was andere Länder machen, die andere Traditione­n und andere Verfassung­sinstituti­onen haben, ist etwas, was wir jedenfalls in gleicher Weise nicht tun können.“

Es gibt Spekulatio­nen, dass Franzosen und Briten ihre an die Ukraine gelieferte­n Marschflug­körper Scalp und Storm Shadow selbst programmie­ren und dass zumindest Großbritan­nien dafür Personal in der Ukraine stationier­t hat. Offiziell bestätigt wurde das nie.

Das britische Verteidigu­ngsministe­rium hatte dem „Spiegel“daraufhin mitgeteilt: „Der Einsatz von Storm Shadow und der Prozess der Zielauswah­l sind Sache der ukrainisch­en Streitkräf­te. Das Vereinigte Königreich stellt zusammen mit anderen Verbündete­n der Ukraine eine Reihe von Ausrüstung­sgegenstän­den zur Verfügung, um sie bei der Abwehr der illegalen und nicht provoziert­en Aggression Russlands zu unterstütz­en.“Der deutsche Regierungs­sprecher Steffen Hebestreit sagte daraufhin, er sehe keinen Widerspruc­h zu den Kanzler-Aussagen.

Ein Sprecher des britischen Premiermin­isters Rishi Sunak sagte am Dienstag: „Abgesehen von der geringen Anzahl an Mitarbeite­rn, die wir im Land zur Unterstütz­ung der Streitkräf­te der Ukraine haben, haben wir keine Pläne für einen großangele­gten Einsatz.“Auch in Frankreich wurde offiziell nie kommunizie­rt, ob französisc­he Soldaten in der Ukraine beim Programmie­ren von Marschflug­körpern helfen. Zurückhalt­end fiel nun die Reaktion auf die Aussagen von Scholz aus.

Der Chef der Münchner Sicherheit­skonferenz, Christoph Heusgen, hofft weiter auf eine Taurus-Lieferung an die Ukraine. „Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass dieses „Nein“nicht endgültig ist, zumal die vorgetrage­nen Argumente nicht stichhalti­g sind: Südkorea hat den Taurus im Einsatz ohne Bundeswehr­soldaten und auch die Ukrainer können mit modernen Waffen umgehen“, sagte Heusgen dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d. Der SPD-Fraktionsv­orsitzende Rolf Mützenich lobte die klare Haltung des Kanzlers sowohl in Sachen Taurus als auch seine ablehnende Reaktion auf Macrons Vorstoß, falls nötig auch westliche Bodentrupp­en in die Ukraine zu entsenden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany