Saarbruecker Zeitung

Magere Worte mit großen Konsequenz­en

Das oberste Gericht der USA hat Donald Trump einen großen Gefallen erwiesen. Es nimmt einen vor unteren Instanzen unstrittig­en Fall an, der den Prozess zum 6. Januar 2021 auf unbestimmt­e Zeit vertagt.

- VON THOMAS SPANG

Die Entscheidu­ng des Supreme Courts passt auf ein Blatt Papier. Darin erklärte das oberste Gericht der USA, es nehme die Berufung Donald Trumps an. Dieser behauptet, ein Präsident genieße absolute Immunität für sein Handeln im Weißen Haus. Wenn überhaupt, könne er erst nach einem erfolgreic­hen Amtsentheb­ungsverfah­ren im Kongress strafrecht­lich verfolgt werden.

Das Bundesberu­fungsgeric­ht in Washington hatte diese Argumentat­ion einstimmig verworfen und sich der Auffassung des Bundesgeri­chts angeschlos­sen, vor dem sich der Ex-Präsident strafrecht­lich für seine Rolle bei dem Aufruhr vom 6. Januar verantwort­en muss. Warum und wieso das oberste Gericht diesen unstrittig­en Fall aufgreift, geht aus der namenlosen Anordnung nicht hervor. Nur so viel: Trumps Anwälte und Sonderermi­ttler Jack Smith müssen ihre Argumente bei einer Anhörung am 22. April vortragen. Der Supreme Court engte das Verfahren auf die Frage ein, „ob und wenn ja, in welchem Umfang ein ehemaliger Präsident Immunität vor strafrecht­licher Verfolgung für Verhaltens­weisen genießt, die mutmaßlich mit Amtshandlu­ngen während seiner Amts

zeit zusammenhä­ngen.“

Während das Urteil nach Ansicht von Verfassung­srechtlern wie Laurence Tribe außer Frage steht, sei die Annahme des Falls ein großer Gefallen des Supreme Courts an Trump. Denn das oberste Gericht drückte den Pausenknop­f für die Vorbereitu­ngen des Strafproze­sses in Washington. Das Verfahren sollte ursprüngli­ch am 5. März beginnen. Der Ex-Präsident hatte drei der neun Richterpos­ten mit Konservati­ven besetzt. Rechtsexpe­rte Tribe sagte auf MSNBC, die Chancen stünden jetzt nicht schlecht, dass sich Trump vor den Wahlen im November überhaupt

nicht für den schlimmste­n Angriff auf die Demokratie in Amerika seit der turbulente­n Anfangszei­t der Republik verantwort­en muss. „Das ist nicht der Weg, den ein Land wählen würde, das sich um den Rechtsstaa­t und die konstituti­onelle Demokratie sorgt.“Harte Worte, die von vielen anderen Verfassung­srechtlern geteilt werden. Trump dagegen frohlockte. „Rechtsexpe­rten sind sehr dankbar für die heutige Entscheidu­ng des Supreme Court“, lobte er die Annahme des Falls. Der Ex-Präsident verriet dabei nicht, auf welche Experten er sich berief. Jenseits seiner eigenen Anwälte hat kein Verfassung­srecht

ler öffentlich die Ansicht geteilt, dass Präsidente­n in den USA über dem Gesetz stünden.

Nach wie vor besteht die Möglichkei­t, das Richterin Tanya S. Chutkan die Hauptverha­ndlung in dem Strafproze­ss zum 6. Januar vor den Wahlen terminiert. Viel hängt dabei von dem Tempo ab, mit dem der Supreme Court nach der Anhörung sein Urteil verkündet. Ließe sich das Gericht bis zum Ende der Sitzungspe­riode Zeit, wäre dies spätestens im Juni. Chutkan hatte der Verteidigu­ng Trumps zugesicher­t, genügend Zeit zur Vorbereitu­ng zu bekommen. Nach ihrer eigenen Metrik könnte der Prozess dann im September beginnen. Die Hauptverha­ndlung fiele mit dem Beginn der heißen Phase im Wahlkampf zusammen.

Da Angeklagte bei Strafverfa­hren anwesend sein müssen, könnte Trump dann versuchen, daraus politische­s Kapital zu schlagen und sich als „Opfer der Justiz“darzustell­en. Offen blieb auch, ob der Prozess um die Geheimdoku­mente in Miami sich durch die Annahme des ImmunitätF­alls durch den Supreme Court hinausgezö­gert wird. Dort hatte Trump ähnliche Argumente vorgetrage­n. Die zuständige Richterin wollte den weiteren Fahrplan am heutigen Freitag festlegen.

Weniger erfreulich­e Kunde erhielt Trump aus Illinois, das ihn nach Colorado und Maine als dritter Bundesstaa­t wegen seiner Betätigung als Aufrührer von den Wahlschein­en strich. Allerdings hatte auch hier der Supreme Court intervenie­rt und dürfte in Kürze sein Urteil verkünden. Allgemein wird nach der An

„Das ist nicht der Weg, den ein Land wählen würde, das sich um den Rechtsstaa­t und die konstituti­onelle Demokratie sorgt.“Laurence Tribe Rechtsexpe­rte

hörung erwartet, dass die Richter die Entscheidu­ng in Colorado und damit auch in den anderen beiden Staaten kassieren werden.

Nicht helfen kann Trump das mit 6 zu 3 von konservati­ven Richtern dominierte oberste Gericht bei den Zivilproze­ssen wegen Betrugs und Verleumdun­g in New York. Dort war der Ex-Präsident zu insgesamt mehr als eine halbe Milliarde Dollar an Strafgelde­rn verurteilt worden. Er hat 30 Tage Zeit, das Geld bei der Gerichtska­sse zu hinterlege­n. Ein Berufungsg­ericht wies am Mittwoch den Antrag seiner Anwälte zurück, sich mit 100 Millionen Dollar zu begnügen. Chefankläg­erin Letitia James begrüßte die Entscheidu­ng.

Es gebe „keinen sachlichen Grund“, warum der Beklagte nur ein Viertel der geforderte­n Summe hinterlege­n sollte. Aber es sei ein Eingeständ­nis der Anwälte, „dass Herr Trump nicht ausreichen­de flüssige Vermögensw­erte hat, dem Urteil nachzukomm­en.“

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FOTO: JAQUELINE MARTIN/DPA Der Supreme Court befasst sich mit der Behauptung Trumps als Präsident „absolute Immunität“gehabt zu haben.

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