DFB-Frauen feiern Olympia mit „Abriss“-Party
Interimsbundestrainer Hrubesch führt deutsche Auswahl mit einem 2:0 über die Niederlande nach Paris. Nur 18 Spielerinnen fahren mit.
(sid) Horst Hrubesch trällerte im Partybus glückselig bei Andrea-Berg-Schlagern mit, die jungen Wilden um Lena Oberdorf leerten zu Ballermann-Hits ihre Heineken-Dosen, „Königin“Alexandra Popp tanzte mit Plastikkrone durch die Nacht: Auf einer feucht-fröhlichen Fete bis zum Morgengrauen feierten die deutschen Fußballerinnen im „Van der Valk“-Hotel in Sneek ihr ersehntes Olympiaticket.
„Der Sommer ist gerettet.“Klara Bühl, deutsche Fußball-Nationalspielerin
„Ich denke, das wird ein HotelAbriss“, hatte Lea Schüller bereits angedroht, während in der Kabine in Heerenveen das Bier in Strömen floss. „Der Sommer ist gerettet. Ich bin einfach so stolz auf das Team“, jubelte Klara Bühl. Und der nimmermüde Paris-Reiseleiter Hrubesch rief für sein Herzensprojekt in der Stadt der Liebe gleich das große Ziel aus. „Ins Olympische Dorf kommt man im Fußball erst, wenn du im Finale stehst. Das muss das Ziel sein“, lautete die kühne Ansage des Interims-Bundestrainers nach dem verdienten 2:0 (0:0) im Nations-League-Spiel um Platz drei in den Niederlanden.
Vor sieben Monaten ging beim WM-Desaster in Australien die Welt unter, einen Sommer später wird um Olympiamedaillen ge
kämpft – der Retter Hrubesch hat geliefert. „Er gibt uns einfach das Selbstvertrauen“, meinte Schüller, nachdem die DFB-Bosse Bernd Neuendorf und Andreas Rettig den 72-Jährigen direkt nach Abpfiff innig geherzt hatten.
Im Herbst war Hrubesch mitten im Chaos um Martina Voss-Tecklenburg ein zweites Mal beim FrauenNationalteam eingesprungen, als Olympia in Gefahr geriet. „Wir sind sehr dankbar, dass Horst dem DFB in einer sehr schwierigen Situation weitergeholfen hat“, sagte die erleichterte DFB-Sportdirektorin Nia
Künzer. Nach dem EM-Boom 2022 und dem Krisenjahr 2023 wäre ein Olympia-Aus wohl für die Aufmerksamkeit des Frauenfußballs in Deutschland schwer zu verkraften gewesen. „Es ist ein Zeichen, dass wir die Situation nicht so schwarzsehen müssen, wie sie zuletzt gesehen wurde“, betonte Künzer optimistisch. Sie und die anderen DFB-Verantwortlichen sind nun aber auch gefordert, schnell die Nachfolge von Hrubesch nach den Sommerspielen zu präsentieren, um Ruhe in die Situation hineinzubringen.
Und alle Beteiligten genossen den
Moment der Genugtuung. Eine besondere Würdigung erhielt Kapitänin Popp für ihren 100. Sieg im Nationalteam im 137. Länderspiel. „Ein zweites Mal Olympia – da wird wieder ein Traum wahr“, sagte die 32-Jährige sichtlich bewegt. Die Torjägerin war dabei, als 2016 zum Abschied der damaligen Cheftrainerin Silvia Neid in Rio de Janeiro der Goldcoup gelang.
Bühl (66.) und Joker Schüller (78.) hatten im Alles-oder-nichts-Spiel gegen das Oranje-Team den Traum von Olympia wahr gemacht und Hrubeschs Trainerrente hinausgezögert.
Bis Paris macht das einstige Kopfballungeheuer weiter, er betreut die DFB-Auswahl also auch noch in der Qualifikation für die EM 2025 in der Schweiz, die im April beginnt und am Dienstag ausgelost wird. Am 20. März stehen dann auch die Gegner für die olympische Medaillenjagd fest.
Hrubesch brennt auf seine zweiten Sommerspiele nach Silber vor acht Jahren mit den U21-Männern. „Wir waren gegen Holland richtig gut. Aber es geht noch besser“, sagte er. Hrubeschs Spielerinnen müssen sich derweil auf einen knallharten Kampf um die Kader-Plätze einstellen. Während bei der Weltmeisterschaft 2023 in Australien 23 Spielerinnen zugelassen waren, sind es bei den Sommerspielen nur 18, darunter zwei Torhüterinnen. Der Deutsche Fußball-Bund wehrt sich dagegen beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC). Die Aussichten werden aber als gering eingeschätzt, da es auch in anderen Sportarten reduzierte Mannschaftsstärken bei Olympia gibt.