Saarbruecker Zeitung

Sanierung oder Neubau? Wann was sinnvoll ist

Wer ein älteres Haus erbt, muss sich meist irgendwann entscheide­n: Was soll damit passieren? Wann Abriss und Neubau eine Option sein können und was für eine Sanierung spricht.

- VON KATJA FISCHER Produktion dieser Seite: Christian Hensen

(dpa) Am Haus der Großeltern oder der Großtante wurde schon seit etlichen Jahren kaum mehr etwas gemacht: Der energetisc­he Zustand ist miserabel. Küche, Bad und Bodenbeläg­e stammen aus den 1970er-Jahren, die Zimmer sind klein, die Flure verwinkelt. Hat man eine solche Immobilie geerbt, stellt sich womöglich die Frage: Lohnt es sich, zu sanieren und umzubauen? Oder sind Abriss und Neubau die bessere Idee?

Fragen, die natürlich nicht pauschal beantworte­t werden können. Ausschlagg­ebend sind schließlic­h nicht nur finanziell­e Überlegung­en. „Solche Immobilien stellen auch einen ideellen Wert dar“, sagt Corinna Kodim vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d. „Wer das Haus seiner Großeltern oder Eltern erbt, verbindet damit persönlich­e Erinnerung­en und Erlebnisse. Das einfach abzureißen und etwas Neues auf dem Grundstück zu bauen, fällt vielen schwer.“Zudem besitzen ältere Häuser oft viel Charme. Dennoch: Auch Abriss und Neubau haben Corinna Kodim zufolge ihre

Vorteile: „Das neue Haus kann individuel­l nach den Wünschen des Bauherren geplant werden und entspricht dann den aktuellen baulichen und energetisc­hen Anforderun­gen.“Marc Ellinger, Leiter des Freiburger Büros des Verbands Privater Bauherren ( VPB), rät: „Sanieren, verkaufen oder abreißen und neubauen – diese Entscheidu­ng sollte möglichst objektiv ohne Sentimenta­litäten vorbereite­t werden.“

Natürlich ist ein Kassenstur­z immer wichtig. Die neuen Eigentümer sollten aber auch ihre eigenen Lebensumst­ände hinterfrag­en: Wo liegt der Lebens- und Arbeitsmit­telpunkt der Familie? Welche Veränderun­gen stehen an? Welche Zukunftspl­äne gibt es? Wie und wo wollen wir im Alter wohnen? Passt das geerbte Haus dazu?

Sinnvoll in jedem Fall: Vor der Entscheidu­ng möglichst umfassende Informatio­nen über die Immobilie zusammentr­agen, etwa zu Baujahr, Bauweise, Aus- und Umbauten und zu möglichen Schadstoff­belastunge­n.

Wichtig ist Marc Ellinger zufolge außerdem ein Blick in die Baugenehmi­gungsunter­lagen. „Der gibt Aufschluss, ob das Haus überhaupt genehmigt ist. Es kommt nämlich vor, dass auch nicht genehmigte Bauten Bestandssc­hutz haben“, sagt der Experte vom VPB. „Wird dann an diesen Gebäuden etwas verändert, entfällt möglicherw­eise der Bestandssc­hutz und es muss ganz oder teilweise abgerissen werden.“Und das kann alle Pläne einer Sanierung zunichtema­chen. Corinna Kodim rät zu einer gründliche­n Prü

fung des Bauzustand­es, möglichst durch unabhängig­e Experten. „Bei statischen Mängeln, Feuchtigke­it tief im Mauerwerk oder in der Holzkonstr­uktion kann eine Sanierung so teuer werden, dass sie die Kosten für Abriss und Neubau überschrei­tet“, erläutert Kodim. „Bei schweren

Schäden bleibt nur der Abriss des Hauses.“

Auch den finanziell­en Aufwand, den die Beseitigun­g von Mängeln und die Erneuerung veralteter Technik mit sich bringt, sollte man einschätze­n lassen. Hier helfen Bausachver­ständige oder ein Architekt.

Wer einen Abriss ins Auge fasst, sollte bedenken, dass sich allein die Abbruch- und Entsorgung­skosten je nach Größe des Hauses auf mittlere fünf- bis sechsstell­ige Beträge summieren könnten, sagt Marc Ellinger. „Dazu kommen dann die Kosten für den Neubau.“

Aber auch eine Sanierung kann sehr kostspieli­g werden, denn ältere Häuser sind oft mit Schadstoff­en belastet. Ein großes Thema ist Asbest. Bei Häusern, die vor 1993 gebaut wurde, ist es wahrschein­lich, dass Asbest verwendet wurde. Erst Ende 1993 wurde in Deutschlan­d die Verwendung dieses Baustoffes verboten.

„Solange das Material nicht durch Bauarbeite­n freigesetz­t wird, ist das kein Problem. Asbest wird erst gefährlich, wenn Fasern freigesetz­t und eingeatmet werden, zum Beispiel bei einer Sanierung“, erklärt Corinna Kodim. „Dann muss der Bauherr mit einem zusätzlich­en finanziell­en Aufwand für Rückbau und fachgerech­te Entsorgung der belasteten Teile rechnen.“

Wenn das Haus aber in einem recht guten Erhaltungs­zustand ist und sich der Instandhal­tungsstau in überschaub­aren Grenzen hält, spricht einiges für Sanierung und Umbau. „Schon allein aus Umweltgrün­den ist es sinnvoll, ein Haus weiterzunu­tzen, statt es abzureißen und neu zu bauen“, sagt Marc Ellinger. „Denn es steckt jede Menge graue Energie drin, also Energie, die früher für den Bau aufgewende­t wurde.“Wird die Immobilie weiter genutzt, spart das Ressourcen ein und CO2. Ein weiterer Vorteil bei der Sanierung einer Bestandsim­mobilie: „Man kann erst einmal einziehen und dann Schritt für Schritt vorgehen“, sagt Corinna Kodim.

 ?? FOTO: DPA ?? Eine alte Immobilie nach den eigenen Wünschen umzugestal­ten, kann mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden sein. Mitunter kann der Neubau günstiger sein.
FOTO: DPA Eine alte Immobilie nach den eigenen Wünschen umzugestal­ten, kann mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden sein. Mitunter kann der Neubau günstiger sein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany