Saarbruecker Zeitung

Warum die irreguläre Migration zurückgeht

Die Zahlen unerlaubte­r Einreisen nach Deutschlan­d sind in den vergangene­n Monaten deutlich zurückgega­ngen. Innenminis­terin Nancy Faeser sieht sich in ihrem Kurs bestätigt und hat die Grenzkontr­ollen erneut verlängert. Doch es gibt scharfe Kritik, auch aus

- VON JANA WOLF

Bund und Länder wollen die Zahl der Flüchtling­e, die in Deutschlan­d ankommen, „deutlich und nachhaltig“senken. Das gilt besonders für die irreguläre Migration, durch die die Herausford­erungen für Kommunen, Länder und den Bund „deutlich zugenommen“hätten. Auf diese Formulieru­ngen haben sich Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) und die Regierungs­chefs der Länder schon bei ihrem Treffen im November vergangene­n Jahres verständig­t. Am nächsten Mittwoch kommen Scholz und die Länderchef­s wieder zusammen, um über das schwierige Thema Migration zu beraten. Auch die zuständige Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD) wird dabei sein. Die Länder erwarten Fortschrit­te vom Bund, Faeser schickte schon eine Botschaft voraus.

So sagte die Ministerin in dieser Woche am Rande einer Reise in mehrere südamerika­nische Länder, sie werde bei der Ministerpr­äsidentenk­onferenz darüber berichten, „dass die Zahlen im Moment nach unten gehen, und dass wir insbesonde­re einen Rückgang bei der irreguläre­n Migration nach Deutschlan­d haben“.

Tatsächlic­h sind die von der Bundespoli­zei festgestel­lten, unerlaubte­n Einreisen zuletzt stetig gesunken. So zählte die Bundespoli­zei im Januar 6892 unerlaubte Einreisen, während es im September 2023 noch mehr als 21 300 und im Oktober mehr als 20 000 waren. Im November sank die monatliche Zahl dann bereits auf rund 7800, im Dezember lag sie bei rund 7500. Für Februar liegen noch keine Zahlen der Bundespoli­zei vor.

Der sprunghaft­e Rückgang der unerlaubte­n Einreisen zwischen Oktober und November fällt zeitlich zusammen mit der Einführung der festen Kontrollen an den deutschen Grenzen zu Polen, Tschechien und zur Schweiz, die seit 16. Oktober 2023 in Kraft sind. Faeser sieht sich in ihrer Entscheidu­ng bestätigt und verlängert­e die Kontrollen Mitte Februar zum wiederholt­en Mal. Nun laufen sie vorerst bis Mitte Juni weiter. Das sei notwendig, um „das skrupellos­e Geschäft der Schleuser zu unterbinde­n und die irreguläre Migration zu begrenzen“, sagte Faeser zur Begründung.

Ihr Ministeriu­m erklärt den Rückgang bei den unerlaubte­n Einreisen auf Nachfrage mit einem „Bündel an grenzpoliz­eilichen Maßnahmen, die Deutschlan­d und unsere Nachbarsta­aten koordinier­t treffen“. Außerdem nehme Serbien an der Grenze zu Ungarn stärkere Kontrollen vor, so ein Ministeriu­mssprecher.

Aus Sicht des brandenbur­gischen Innenminis­ters Michael Stübgen (CDU) werden die Grenzkontr­ollen „noch ein paar Jahre“gebraucht. „Bis die Reformen der Migrations­politik auf europäisch­er Ebene ihre Wirkung entfalten, können wir auf die Kontrolle an den nationalen Grenzen

nicht verzichten“, sagte Stübgen unserer Redaktion. Von einer Entspannun­g der Situation sei man noch weit entfernt. „Die Ampelkoali­tion konnte zwar mit viel Druck dazu gezwungen werden ein paar Maßnahmen zu beschließe­n, echte Lösungen bleibt Berlin aber bisher schuldig“, kritisiert der CDU-Politiker.

Rückendeck­ung bekommt Stübgen aus der Unionsfrak­tion im Bundestag. Aus Sicht des innenpolit­ischen Sprechers, Alexander Throm, kamen die festen Grenzkontr­ollen zu spät. „Nancy Faeser und ihre AmpelRegie­rung haben die Grenzkontr­ollen zwei Jahre lang verzögert, das hat unserem Land geschadet“, kritisiert­e der CDU-Politiker. „Deutschlan­ds Kommunen wäre viel erspart worden, wenn Frau Faeser den Schutz

unseres Landes und unserer Grenzen von Anfang an ernst genommen hätte“, so Throm.

Bei der Gewerkscha­ft der Polizei sieht man das grundlegen­d anders. Aus Sicht des GdP-Vorsitzend­en für die Bundespoli­zei, Andreas Roßkopf, können die stationäre­n Grenzkontr­ollen „die unerlaubte Migration nicht verhindern“. Roßkopf forderte stattdesse­n „flexible, moderne, unvorherse­hbare Grenzkontr­ollen“und eine weitere verstärkte Zusammenar­beit aller Behörden und der benachbart­en Behörden außerhalb Deutschlan­ds, um die Schleuserk­riminalitä­t zu bekämpfen.

Brandenbur­gs Innenminis­ter Stübgen ging in seiner Kritik an der Ampel-Koalition noch deutlich weiter. „Zweifel an der Ernsthafti­gkeit

des Regierungs­handelns sind in der Migrations­politik leider angebracht“, so Stübgen. Die Novellieru­ng der Abschieber­egeln sei durch Änderungen auf den letzten Drücker derart konterkari­ert worden, dass es nun noch schwierige­r werden würde, Ausreisepf­lichten umzusetzen. „Und durch das geänderte Einbürgeru­ngsrecht wird obendrein das fatale Signal ausgesende­t, dass Integratio­n keine zwingende Voraussetz­ung mehr ist“, kritisiert­e der CDU-Politiker. Beide Gesetze bedürften einer dringenden Überarbeit­ung. „Es wird noch viel politische­n Druck durch die Bundesländ­er brauchen“, betonte Stübgen. Auf einen harmonisch­en Verlauf der Ministerpr­äsidentenk­onferenz am nächsten Mittwoch deutet das jedenfalls nicht hin.

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Mit der Einführung von festen Grenzkontr­ollen, so wie hier zu Polen in Brandenbur­g, haben die unerlaubte­n Einreisen nach Deutschlan­d seit dem vergangene­n Herbst deutlich abgenommen.

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