Selenskyj und der Pakt mit dem Teufel
AwannAuch dieser Krieg ist irgendvorbei. Das ist derzeit die einzig gute Perspektive an der Tragödie auf dem Staatsgebiet der Ukraine. Es ist nun Tag 737 des Ukraine-Krieges. Ein Ende ist nicht in Sicht. Doch auch in diesem Krieg muss eines Tages verhandelt werden – zwischen der Ukraine und Russland. An welchem Ort, in welchem Land, auf wessen Vermittlung – das ist offen. Kriegsherr Wladimir Putin, der Unglück über die Ukraine, über „sein“Russland und über Europa gebracht hat, versucht derweil, Fakten auf dem Schlachtfeld zu schaffen. Je mehr er von dem Land, das ihm nicht gehört, besetzen lässt, umso besser für ihn im Falle möglicher Verhandlungen über einen wie auch immer gearteten Frieden. Weil es womöglich schleichend von der Kriegsrealität geschluckt wird: Die Krim gehört immer noch zur Ukraine, auch wenn Russland es völkerrechtswidrig annektiert hat. Ebenso sind alle besetzten Gebiete im Osten des Landes weiter ukrainisch. Die Krim und der Donbass werden nicht automatisch Terrain der Russischen Föderation, nur weil Putin es mit Krieg und Besetzung überzogen hat. So weit, so schlecht.
Verhandlungen müssen eine Nachkriegsordnung festlegen, eine Ordnung, die tatsächlich belastbar ist – mit Sicherheitsgarantien für die überfallene Ukraine, weil dem professionellen Lügen-Regime in Moskau nicht zu trauen ist. Die beste Sicherheitsgarantie für die Ukraine, eine, die Putin versteht, wäre deshalb ihr Beitritt in die Nato. Mit diesem mächtigsten und schlagkräftigsten Militärbündnis der Welt würde sich selbst der Kreml-Diktator nicht wirklich anlegen wollen, auch wenn er der Nato gerade mit Atomwaffen gedroht hat und vielleicht den Willen des Bündnisses testen würde, wie sehr es tatsächlich bereit wäre, der Ukraine beizuspringen. Aber das ist derzeit Zukunftsmusik.
Die Ukraine ist aktuell militärisch in der Defensive, sie kämpft an einigen Frontabschnitten mit dem Rücken zur Wand oder hat sie in Teilen aufgeben müssen, weil die Munition knapp geworden ist. Es ist nicht gut, dass gerade in dieser Phase Deutschland und Frankreich über die Führungsrolle in Europa streiten. Taurus oder Bodentruppen? In dieser
Lage hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an die Idee seines Friedensplanes aus dem Herbst 2022 erinnert. Damit versucht Selenskyj, sich aus der militärischen Defensive seiner Truppen in eine diplomatische Offensive zu bringen. Selenskyj tat dies in diesem Fall auf unverdächtigem Boden – bei einem Besuch in Saudi-Arabien. Mit Öl und Gas kennen sich die Saudis so gut aus wie Putin. Doch Selenskyj muss bei der derzeitigen militärischen Lage zusehen, so viel wie möglich vom Gebiet der Ukraine zu retten. Wenn er nun seinen Friedensplan vom Herbst 2022 wieder in die öffentliche Debatte einspeist, verliert er damit sein Gesicht nicht. Er fordert den vollständigen Abzug der russischen Truppen, die Reparation von Kriegsschäden und die Auslieferung von Kriegsverbrechern. Das ist das Mindeste, was der Präsident eines Landes verlangen muss, der um die Existenz seines Staates, wie auch um das Überleben seiner Nation als Ganzes kämpft. Mit Putin wird nur ein Frieden zu machen sein, der dem Westen und der Ukraine nicht gefallen kann. Es wäre ein Pakt mit dem Teufel.