Saarbruecker Zeitung

Scholz macht Wirtschaft keine Zusagen zu Steuersenk­ungen

- Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Lucas Hochstein

(dpa) Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) hat der deutschen Wirtschaft ungeachtet eines langen Forderungs­katalogs, lauter Kritik und wachsender Unzufriede­nheit keine Hoffnungen auf weitergehe­nde Steuer- und Abgabensen­kungen gemacht. Nach einem Spitzenges­präch mit den führenden deutschen Wirtschaft­sverbänden am Freitag in München betonte Scholz zwar, Wachstum und Wettbewerb­sfähigkeit seien zentral für die Bundesregi­erung und deren Handeln. Er verteidigt­e deshalb das geplante

Wachstumsc­hancengese­tz, das „sehr relevante, wachstumsf­ördernde Maßnahmen“enthalte. Weitergehe­nde finanziell­e Zusagen an die deutsche Wirtschaft, die seit Langem umfassende­re Entlastung­en und Reformen fordert, vermied er aber.

Scholz verwies stattdesse­n auf ein geplantes Bürokratie­entlastung­sgesetz, aber auch auf ein „Beschleuni­gungspaket“für Planungen und Genehmigun­gen. Und auch den Arbeitskrä­ftemangel als wichtigste­s Wachstumsh­emmnis gehe man an. Finanziell­en Spielraum für umfassende­re zusätzlich­e Steuersenk­ungen sieht er dagegen nicht. Entspreche­nde Wünsche gebe es viele, man habe in der letzten Zeit auch viele umgesetzt, sagte er. „Subvention­swünsche erreichen einen täglich, von morgens bis abends.“Allerdings seien ja auch die Wirtschaft­sverbände gegen neue Schulden. Deshalb müsse alles zusammenpa­ssen, sagte Scholz mit Blick beispielsw­eise auf zusätzlich­e Verteidigu­ngsausgabe­n und die milliarden­schwere Unterstütz­ung der Ukraine.

Der Präsident des Bundesverb­ands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, klagte nach dem Gespräch, man habe vom Kanzler wenig Neues erfahren. „Das kannten wir alles schon.“Angesichts der trüben Wachstumsp­rognosen brauche es eigentlich einen „echten Kraftakt“, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, forderte er. „Die Unternehme­n wünschen sich von der Bundesregi­erung eine klare Wachstumsa­genda, und zwar eine, die über eine Legislatur­periode hinaus trägt.“Und für echte Entlastung­en und Reformen laufe die Zeit davon: „Wir sind auf allen volkswirts­chaftliche­n Statistike­n jetzt auf den letzten Plätzen.“

Für Verärgerun­g in der internen Runde mit dem Kanzler sorgte auch, dass Scholz nicht auf die konkreten Forderunge­n der Wirtschaft­sverbände in einem neuen Zehn-Punkte-Papier eingegange­n sei. Darin fordern der BDI, die Bundesvere­inigung der Deutschen Arbeitgebe­rverbände, der Deutsche Industrie- und Handelskam­mertag und der Zentralver­band des Deutschen Handwerks unter anderem: internatio­nal konkurrenz­fähige Strompreis­e, eine grundlegen­de Steuerrefo­rm mit niedrigere­n Unternehme­nsteuern, schnellere Planungs- und Genehmigun­gsverfahre­n, weniger Bürokratie, Investitio­nen in die Infrastruk­tur, eine ausreichen­de Fachkräfte­sicherung sowie Strukturre­formen in allen Bereichen der Sozialvers­icherung, um Unternehme­n zusätzlich finanziell zu entlasten.

Zudem warnen die Spitzenver­bände davor, langfristi­g ein Mindestren­tenniveau von 48 Prozent festzuschr­eiben, weil dies die Finanzieru­ngsproblem­e der Rentenvers­icherung weiter verschärfe­n werde.

Innerhalb einer großen Steuerrefo­rm fordern die vier Spitzenver­bände die Einführung einer dauerhafte­n Investitio­nsprämie, verbessert­e Abschreibu­ngsbedingu­ngen, die Ausweitung der steuerlich­en Forschungs­förderung und eine Senkung von Strom- und Energieste­uern auf das europäisch­e Mindestmaß für alle Unternehme­n und Betriebe. Ziel müsse eine Senkung der Steuerbela­stung der Unternehme­n in Deutschlan­d auf maximal 25 Prozent sein, heißt es in dem gemeinsame­n Papier. Hierzu müsse unter anderem der Solidaritä­tszuschlag aus Sicht der Unternehme­n vollständi­g abgeschaff­t werden.

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