Saarbruecker Zeitung

Demo-Picknick auf der Stadtautob­ahn

Am Sonntag kann man auf der Saarbrücke­r Stadtautob­ahn Picknick machen. Fridays For Future Saarland und Greenpeace Saar laden auf die gesperrte A 620.

- VON TOBIAS KESSLER Infos:

Ein Stück Autobahn bringt man nicht unbedingt mit dem Begriff „Oase“zusammen – aber am Sonntag in Saarbrücke­n schon: „Wohlfühloa­se statt Autostraße“heißt eine Aktion auf der A 620 zwischen der Wilhelm-Heinrich-Brücke und der Luisenbrüc­ke. Dorthin laden Greenpeace Saar, Fridays for Future Saarland, Students for Future Saar und Saarland for Future ein, um zwischen zwölf und 19 Uhr einen gemütliche­n Sonntag zu verbringen. „Bringt Decken, Tische, Sitzgelege­nheiten, Spiele und so weiter mit und lasst uns zeigen, wie dieser zentrale Ort mitten in unserer Stadt im Handumdreh­en zu einem lebenswert­en Ort werden kann“, heißt es seitens Greenpeace. Musik gibt es von @bassment.de, die Veranstalt­er verspreche­n eine „absolut autofreie Zone und somit sicher für Kinder“.

Möglich ist das Ganze, weil die Autobahn von Samstagabe­nd ab 20 Uhr bis Montagmorg­en fünf Uhr zwischen der Wilhelm-HeinrichBr­ücke und der Malstatter Brücke in beide Richtungen voll gesperrt ist – wegen einer Brückenmon­tage. Eine willkommen­e Gelegenhei­t für die Veranstalt­er, „denn für eine Demo hätten wir die Autobahn nicht bekommen und sperren können“, sagt Rune Becker von Fridays For Future Saarland. Die Stadtautob­ahn an sich ist für Becker ein durchaus sinniger Ort, „denn sie ist ja das beste Beispiel, was man verkehrspo­litisch alles falsch machen kann“, in der Stadt sei es „laut, schmutzig und unangenehm“. Die regelmäßig­en Überflutun­gen erwähnt er erst gar nicht.

Entstanden ist die Idee im Mai 2023, als die Werderbrüc­ke auf Höhe der HTW abmontiert wurde, die jetzt nach ihrer Sanierung wieder an ihre alte Stelle kommt – deshalb die aktuelle Sperrung. „Damals war die

Autobahn auch gesperrt“, sagt Becker, „die Leute haben da Picknick gemacht, wie 2015, als die A 620 neu geteert wurde“. Für die Genehmigun­g der Veranstalt­ung am Sonntag habe man mit dem Ordnungsam­t, der Autobahn GmbH und der Polizei gesprochen, gerade letztere sei „sehr entgegenko­mmend“gewesen. Dennoch hätten sich die Veranstalt­er, die „hart gekämpft haben“, gerne noch mehr Platz auf der A 620 gewünscht, gibt Becker zu; aber es müssten im gesperrten Teil Rettungswe­ge für die Feuerwehr frei bleiben, denn am Sonntag findet auch der Lauf „Run4Demokr­atie“statt, der in Saarbrücke­n einige Straßen belegen und Rettungswe­ge erschweren wird.

Das Areal der Oase beginnt an der Einfädelsp­ur der Wilhelm-HeinrichBr­ücke herunter in Richtung Völklingen; auch vom Leinpfad gegenüber der Berliner Promenade kann man die Fläche betreten. Um die 250 Meter Bahn wird man zur Verfügung

haben. „Wir haben Ordner, wie es bei einer Versammlun­g üblich ist“, kündigt Becker an; auch Polizistin­nen und Polizisten werden ab und an vorbeischa­uen, wie es seitens der Polizei heißt.

Bei der Aktion wollen die Veranstalt­er abseits vom Feiern an ungewohnte­m Ort auch für ihre generellen politische­n Ziele werben. Sie wünschen sich, schreiben sie auf ihren Internetse­iten, „dass Saarbrücke­n eine klimaneutr­ale, nachhaltig­e, sichere, barrierefr­eie, lebenswert­e, attraktive und grüne Stadt wird“. Deshalb fordern sie Tempo 60 für die gesamte Stadtautob­ahn, dazu eine grüne Lärmschutz­wand – und

generell einen Baustopp für weitere Autobahnen im Saarland und bundesweit. Der ÖPNV als Alternativ­e zum Auto müsse ausgebaut werden und, wie in Luxemburg, kostenlos zu nutzen sein. Weniger Autos in der Stadt bedeuteten mehr Platz für Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind – alles im Sinne einer „Renaturier­ung der Stadtmitte“, die dann um einiges lebenswert­er sei.

Ein gutes Beispiel dafür sei eben die A 620, sagt Becker. „Wir wollen am Sonntag erlebbar machen, wie ruhig es in der Stadt sein kann, wenn die Autobahn praktisch autoleer ist. Da wird einem noch einmal klar, was für ein unfassbar großer Platz dem Autoverkeh­r zugestande­n wird. Autos haben zu viele Rechte und nehmen zu viel Platz ein.“

Becker erinnert sich an das Konzert „StadtKlang­Fluss“von SR 3 im Juni 2010, als 30 Chöre vom Staatsthea­ter aus quer über die Saar und

die gesperrte Autobahn sangen, in Richtung des Publikums auf der anderen Fluss- und Straßensei­te. „Da war die A 620 mehrere Tage lang gesperrt, nur damit diese Veranstalt­ung genau an dieser Stelle stattfinde­n kann“, sagt er, „schade, dass der Ort in dieser Weise so selten genutzt wird“. Am Sonntag um 19 Uhr wird die Wohlfühloa­se an der A 620 schließen; denn im Laufe des Abends werden Kehrautos ihre Runden drehen – damit ab Montagmorg­en der Autoverkeh­r so fließen (oder stocken) kann wie gewohnt.

„Autos haben zu viele Rechte und nehmen zu viel Platz ein.“Rune Becker Mitglied von Fridays for Future Saarland

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FOTO: OLIVER DIETZE/DPA Hoffentlic­h ist das Wetter am Sonntag besser, wenn die A 620 in Saarbrücke­n zu „Wohlfühloa­se“werden soll. Unser Foto entstand im Januar 2018, als die Stadtautob­ahn wegen Hochwasser­s gesperrt war.

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