Chanson-Reihe an der Saar-Uni feiert ihren Abschluss
„Laisse chanter les filles“, „Lass die Mädchen singen“, war das Motto der jetzt zu Ende gegangenen Chanson-Reihe, die vom Institut für Musikwissenschaft organisiert und von der Union Stiftung finanziert wurde. Die fünf Konzerte seien mal mehr, mal weniger gut besucht gewesen, sagte Organisatorin Evelyn Kreb.
Um die 100 Leute seien aber immer in der Uni-Aula gewesen, selbst bei einem Termin, als draußen Glatteis herrschte. Zum Abschlusskonzert mit Agnès Bihl kamen deutlich mehr. Die Chanteuse erschien in Begleitung ihrer Pianistin Clémence Monnier. In Frankreich hat sie bereits höhere Weihen erfahren, indem sie einst den großen Charles
Aznavour auf einer Tournee begleitete – mehr geht eigentlich nicht. Wer nun bei französischem Chanson an zart hauchende Nymphen denkt, war bei der 49-Jährigen aber an der komplett falschen Adresse: Die wirkte, auch wenn sie einiges an intimen Einblicken gewährte, alles andere als zartbesaitet. Vom Habitus kam Bihl mehr als bodenständig rüber: „Sie könnte auch so eine Kneipen-Ulknudel sein“, flüsterte eine Dame aus dem Publikum ihrem Sitznachbarn zu. Da war etwas dran. Mit exaltierter Mimik, tiefer Stimme und sehr viel Text entledigte die Sängerin sich ihrer Seelenpein: Über das Trinken, die Depression, Hypochondrie, die verstorbene Mutter und kaputte Beziehungen ging es da; oder was Frauen alles an Leid angetan wird auf der Welt.
Aber sie lieferte auch mal eine positive Weltsicht: Etwa das Chanson über Les gens bien, die guten Menschen, die keinen Unterschied zwischen Fatoumata, Rachel oder
Marie-France sehen. Dann wiederum wurde es komisch und absurd, etwa im Spott-Lied über die moderne Bäckerei, die alles, aber bloß kein Baguette anbietet. Oder über den Kneipen-Casanova, der die Protagonistin nach zwei Stunden abserviert, anstatt sie zur Frau zu nehmen: Der wird zur Strafe entbeint und zum Ragout verarbeitet.
Gut, dass ein Textheft mit Übersetzungen dafür sorgte, dass die Inhalte auch bei jenen ankamen, die nicht perfekt im Französischen sind. Was die gut gelaunte Bihl mit hohem Tempo zwischen ihren Chansons erzählte, blieb dann vielen ein Rätsel und brachte somit nur etwa die Hälfte des Publikums zum Lachen. Darunter waren auch Kalauer wie jener, dass derjenige, der Mozart und Chopin miteinander verwechsele, wohl gar keine Ahnung von Malerei haben könne. Oft hörte man die Live-Übersetzungen Zweisprachiger im Publikum, damit die Pointen auch beim Sitznachbarn ankamen. Kreb zeigte sich darüber erfreut, dass die Reihe zu einem interkulturellen Dialog geführt habe. Ihre Ursprungsidee sei gewesen, wieder etwas mehr Chanson-Kultur ins Saarland zu bringen.
Sie, die in der Musikwissenschaft das Chanson-Archiv betreut, habe dann die Beobachtung gehabt, dass es im Chanson einen frischen Wind mit jungen Künstlerinnen gebe. Diesen Frauen wollte sie eine Bühne geben. Die Union Stiftung habe sich dann als idealer Partner herausgestellt. Kein Wunder, outete sich doch deren Vorstandsvorsitzender Hans-Georg Warken als „Chanson-Besessener“. Während Kreb noch nicht sicher war, ob die Reihe eine Fortsetzung finden wird, lehnte sich Warken schon aus dem Fenster: „Wir machen das wahrscheinlich wieder.“