Saarbruecker Zeitung

Chanson-Reihe an der Saar-Uni feiert ihren Abschluss

- VON SEBASTIAN DINGLER

„Laisse chanter les filles“, „Lass die Mädchen singen“, war das Motto der jetzt zu Ende gegangenen Chanson-Reihe, die vom Institut für Musikwisse­nschaft organisier­t und von der Union Stiftung finanziert wurde. Die fünf Konzerte seien mal mehr, mal weniger gut besucht gewesen, sagte Organisato­rin Evelyn Kreb.

Um die 100 Leute seien aber immer in der Uni-Aula gewesen, selbst bei einem Termin, als draußen Glatteis herrschte. Zum Abschlussk­onzert mit Agnès Bihl kamen deutlich mehr. Die Chanteuse erschien in Begleitung ihrer Pianistin Clémence Monnier. In Frankreich hat sie bereits höhere Weihen erfahren, indem sie einst den großen Charles

Aznavour auf einer Tournee begleitete – mehr geht eigentlich nicht. Wer nun bei französisc­hem Chanson an zart hauchende Nymphen denkt, war bei der 49-Jährigen aber an der komplett falschen Adresse: Die wirkte, auch wenn sie einiges an intimen Einblicken gewährte, alles andere als zartbesait­et. Vom Habitus kam Bihl mehr als bodenständ­ig rüber: „Sie könnte auch so eine Kneipen-Ulknudel sein“, flüsterte eine Dame aus dem Publikum ihrem Sitznachba­rn zu. Da war etwas dran. Mit exaltierte­r Mimik, tiefer Stimme und sehr viel Text entledigte die Sängerin sich ihrer Seelenpein: Über das Trinken, die Depression, Hypochondr­ie, die verstorben­e Mutter und kaputte Beziehunge­n ging es da; oder was Frauen alles an Leid angetan wird auf der Welt.

Aber sie lieferte auch mal eine positive Weltsicht: Etwa das Chanson über Les gens bien, die guten Menschen, die keinen Unterschie­d zwischen Fatoumata, Rachel oder

Marie-France sehen. Dann wiederum wurde es komisch und absurd, etwa im Spott-Lied über die moderne Bäckerei, die alles, aber bloß kein Baguette anbietet. Oder über den Kneipen-Casanova, der die Protagonis­tin nach zwei Stunden abserviert, anstatt sie zur Frau zu nehmen: Der wird zur Strafe entbeint und zum Ragout verarbeite­t.

Gut, dass ein Textheft mit Übersetzun­gen dafür sorgte, dass die Inhalte auch bei jenen ankamen, die nicht perfekt im Französisc­hen sind. Was die gut gelaunte Bihl mit hohem Tempo zwischen ihren Chansons erzählte, blieb dann vielen ein Rätsel und brachte somit nur etwa die Hälfte des Publikums zum Lachen. Darunter waren auch Kalauer wie jener, dass derjenige, der Mozart und Chopin miteinande­r verwechsel­e, wohl gar keine Ahnung von Malerei haben könne. Oft hörte man die Live-Übersetzun­gen Zweisprach­iger im Publikum, damit die Pointen auch beim Sitznachba­rn ankamen. Kreb zeigte sich darüber erfreut, dass die Reihe zu einem interkultu­rellen Dialog geführt habe. Ihre Ursprungsi­dee sei gewesen, wieder etwas mehr Chanson-Kultur ins Saarland zu bringen.

Sie, die in der Musikwisse­nschaft das Chanson-Archiv betreut, habe dann die Beobachtun­g gehabt, dass es im Chanson einen frischen Wind mit jungen Künstlerin­nen gebe. Diesen Frauen wollte sie eine Bühne geben. Die Union Stiftung habe sich dann als idealer Partner herausgest­ellt. Kein Wunder, outete sich doch deren Vorstandsv­orsitzende­r Hans-Georg Warken als „Chanson-Besessener“. Während Kreb noch nicht sicher war, ob die Reihe eine Fortsetzun­g finden wird, lehnte sich Warken schon aus dem Fenster: „Wir machen das wahrschein­lich wieder.“

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FOTO: SEBASTIAN DINGLER Chanteuse Anès Bihl gab den Abschluss der Reihe „Laisse chanter les filles“in der Saarbrücke­r Uni-Aula.

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