Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­r „Protestbus“spaziert fürs Klima

„Fridays For Future“hat sich zurückgeme­ldet. Die Klimaschüt­zer demonstrie­rten am Freitag pfiffig mit Verdi-Gewerkscha­ftern in Saarbrücke­n für bessere Arbeitsbed­ingungen im öffentlich­en Nahverkehr.

- VON KATHRIN GÄRTNER Produktion dieser Seite: Frank Kohler Lucas Hochstein

„Klima schützen ist nicht schwer – öffentlich­er Nahverkehr“, skandieren die Demonstran­ten in ihrem Protestbus der Gewerkscha­ft Verdi und der Klimaschut­zbewegung Fridays For Future (FFF). Allerdings ist dieser Bus kein richtiges Verkehrsmi­ttel. Er besteht vielmehr nur aus Menschen, die ein Gestell auf Rollen vor sich her schieben. Das erinnert an einen Bus, sogar ein Lenkrad und eine Hupe sind verbaut. „Alles einsteigen in den Klimabus Linie 1,5 Grad – Wir fahren zusammen, wir streiken zusammen für bessere Arbeitsbed­ingungen im Nahverkehr und für Mobilität für alle“, heißt es unter anderem auf einer elektronis­chen Anzeige. Der Name 1,5 Grad erinnert an das Ziel, den Temperatur­anstieg auf der Erde durch den Treibhause­ffekt auf 1,5 Grad zu beschränke­n. An den Seiten tragen Demonstran­ten gemeinsam weitere Banner mit Sprüchen und machen das Bus-Gebilde so komplett.

Gegen Mittag, 20 Minuten später als geplant, setzt sich die Demo von Verdi und FFF langsam vom Betriebsho­f in Saarbrücke­n in Bewegung. Etwa 40 Leute, so die Polizei, seien zu diesem Zeitpunkt bei der Demo dabei. „Wir demonstrie­ren gemeinsam mit Verdi, weil wir bessere Arbeitsbed­ingungen im ÖPNV brauchen“, erklärt Ronja Wachall von FFF die Kooperatio­n mit der Gewerkscha­ft. Die Arbeit für Busfahreri­nnen

und Busfahrer sei nicht attraktiv. Viele Menschen in diesem Beruf befänden sich kurz vor dem Rentenalte­r. Langfristi­g könne es so wegen der aktuellen Arbeitsbed­ingungen zu Problemen im ÖPNV kommen, und der Ausbau sei dann nicht möglich. Das wiederum würde sich negativ auf die Klimaziele auswirken.

Während der „Protestbus“sich in Schrittges­chwindigke­it weiter zur Haltestell­e HTW/Stadtwerke bewegt, läuft passend zum Thema umweltfreu­ndlicher Verkehr Musik wie „Deutsche Bahn“der Wise Guys und „Bicycle Race“von Queen.

Zwischen den Liedern skandieren die Demonstran­ten Schlachtru­fe wie „Wir sind hier, wir sind viele, haltet euch an Klimaziele“oder „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr Autobahnen baut“. Die Protestier­enden for

dern Passanten dazu auf, sich in die Demo einzureihe­n. An Haltestell­en hält der Demo-„Bus“kurz an, damit ein paar Menschen „einsteigen“, sich anschließe­n können.

„Wir haben ähnliche Ziele“, sagt auch Matthias Lattwein von FFF, über den gemeinsame­n Protest mit Verdi. Die Busfahrer würden darunter leiden, „dass der ÖPNV kaputtgesp­art wurde“.

In den vergangene­n Wochen gab es keine größere eigene Demo der FFF-Bewegung, stattdesse­n schloss sie sich den Demonstrat­ionen gegen Rechtsextr­emismus, die in den vergangene­n Wochen regelmäßig durch die Straßen zogen, an. „Demokratie und Klimagerec­htigkeit hängen zusammen“, erklärt Lattwein und ergänzt, dass sich FFF schon immer auch gegen Rechts positionie­rt habe.

Verdi-Funktionär Christian Umlauf betont ebenfalls, dass sowohl seine Gewerkscha­ft als auch FFF ein gemeinsame­s Ziel hätten, den Ausbau des öffentlich­en Nahverkehr­s. „Der ÖPNV in Deutschlan­d hat nicht den Stellenwer­t, den wir als angebracht sehen“, betont er. In den nächsten zehn Jahren brauche der ÖPNV zwischen 1500 bis 2000 neue Beschäftig­te. Die Demonstrat­ion habe gleich zwei Appelle: „Steig auf ÖPNV um und beteilige dich.“

Zum „Einsteigen“fordern Demonstran­ten auch die Wartenden an der Haltestell­e Hansahaus auf, und zwar mit der aus dem Lautsprech­er schallende­n Begründung: „Wir sind momentan sowieso der schnellste Bus.“Hinter dem „Menschenbu­s“sammeln sich nach und nach auch richtige Busse an. Doch die müssen dem Schritttem­po des Demo-Busses folgen.

Im Verlauf der „Fahrt“haben sich zumindest bis vor der Wilhelm-Heinrich-Brücke laut Polizei 49Menschen der Demo angeschlos­sen. FFF-Aktivist Lattwein ist zufrieden: „Es hat funktionie­rt, dass Leute an der Haltestell­e ,eingestieg­en' sind.“Genau so habe er sich den Protest vorgestell­t. Selbst die Verspätung der Demo-Kolonne, die sich aber nach und nach bis zum Landwehrpl­atz für einen Zwischenha­lt verringert, erinnert dabei an eine typische Begleiters­cheinung des ÖPNV und wird entspreche­nd mit Humor genommen: „Wir sind aber auch erst seit heute im Geschäft“, heißt es aus dem Lautsprech­er des Demobusses, der in dieser Form wohl so schnell nicht wieder durch die Straßen Saarbrücke­ns laufen wird.

„Klima schützen ist nicht schwer – öffentlich­er Nahverkehr.“Einer der Slogans bei der Saarbrücke­r „Bus“-Demo

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FOTO: KATHRIN GÄRTNER Bei einer Demo von Fridays For Future und Verdi waren rund 50 Protestier­ende als „Bus“aus Menschen unterwegs. Der „Bus“bestand aus einem Gestell auf Rollen sowie aus Bannern und einer elektronis­chen Anzeige.

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