Saarbruecker Zeitung

Wie ein Kunstexper­te zum Mann der Kirche wurde

John Nicholls ist neuer Pfarrer der Evangelisc­hen Kirchengem­einde St. Johann auf dem Eschberg. Am Sonntag stellt er sich vor.

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(red) Mittelalte­rliche Kunst ist sakrale Kunst, lernen schon die Schulkinde­r. Heute haben Kunst und Kirche scheinbar wenig miteinande­r gemein. John Nicholls vereint beide Bereiche. Der Kunsthisto­riker ist neuer Pfarrer der Evangelisc­hen Kirchengem­einde St. Johann. Nicholls stammt aus Köln, wo er als Sohn eines Engländers und einer Deutschen aufwuchs. Von klein auf weckten seine Eltern in ihm das Interesse an Kunst. „Andere sind in einen Freizeitpa­rk gefahren, wir in Ausstellun­gen“, blickt er zurück. So wollte er diese Leidenscha­ft schon früh zum Beruf machen. Also studierte er Kunstgesch­ichte und machte seinen Doktor in diesem Fach. Erst sah es so aus, als sei sein Berufslebe­n vorgezeich­net.

Dann änderte seine Anstellung im Kunstmuseu­m „Villa Zanders“in Bergisch Gladbach alles. Eine Publikatio­n über die „Biblischen Landschaft­en“der Mäzenin Maria Zanders bewirkte, dass er sich erstmals seit seiner Jugend intensiver mit der Bibel beschäftig­te. Nicholls besuchte wieder öfter Gottesdien­ste und stellte fest, wie viel Kunst und

Kirche verbindet. Bei einem Heimatbesu­ch in Köln kam der Kunsthisto­riker mit einem Pfarrer seiner Gemeinde ins Gespräch, der fragte, ob er nicht Pfarrer werden wolle. Nicholls dachte: Warum nicht? Und fing noch einmal neu an. Mit 34 Jahren

schrieb er sich 2012 in Bonn zum Theologies­tudium ein. Das Studium dort und später in Tübingen, das ihm „total Spaß gemacht“hat, war noch nicht abgeschlos­sen, da wurden ihm bereits Unterschie­de zwischen dem alten und dem neuen Beruf deutlich: „Mir rollt man jetzt den roten Teppich aus“, stellte er fest. Während es im Kunstberei­ch kaum Stellen gebe, würden Pfarrer überall gesucht, seien Vikare überall gerne gesehen.

Nach seinem ersten Examen 2018 wurde er erst Vikar in Kempen, „um kennenzule­rnen, wie Kirche im Kleinen funktionie­rt“. 2021 wechselte er als fertiger Pfarrer zum Probediens­t nach Aachen. Dann sah er im Sommer 2023 die Ausschreib­ung einer Pfarrstell­e der Kirchengem­einde St. Johann, einer Gemeinde mit CityKirche und zahlreiche­n Kunst- und Kulturakti­onen. Seine inzwischen private Kunstleide­nschaft flammte wieder auf. Nicholls bewarb sich – und wurde im Dezember auf die Stelle gewählt. „Ich wollte wieder an eine Stadt mit einem offenen Fluss.“Als Kölner vermisste er in Aachen das Flusspanor­ama. Eine Stadt musste es aber sein, denn ein Auto hat der 45-Jährige nicht. Lieber ist er zu Fuß, mit Rad oder Bus unterwegs. Nun wohnt er auf dem Saarbrücke­r Eschberg und kann seine Wirkungsst­ätte, die Maria-Magdalenen-Kirche, zu Fuß erreichen.

Am 1. Februar hat er seinen

Dienst angetreten. Schon gerät er ins Schwärmen von der lebendigen Gemeinde, die er im Saarland vorfand. Und von den vielfältig­en Gemeindegr­uppen. Nicht zu vergessen die Mentalität der Saarländer, die ihm sehr aufgeschlo­ssen und freundlich begegnet seien. Ihnen, den Menschen, möchte er nahe sein, sie kennenlern­en. „Das ist das Schöne am Pfarrberuf, man begleitet die Menschen von der Wiege bis zur Bahre“, sagt Nicholls.

Und er predigt gern, am liebsten mit aktuellem Bezug „aus dem Leben heraus“. Neben dem Alltagsges­chäft eines Pfarrers hat er viele Ideen für Angebote im kulturelle­n Bereich, Ausstellun­gen mit neuen Akzenten etwa. Auch Exkursione­n könnte er sich vorstellen, nicht nur in Museen, sondern auch in die Natur. Die ist neben der Kunst seine zweite Leidenscha­ft.

Pfarrer John Nicholls wird am Sonntag, 3. März, in einem Gottesdien­st um 14

Uhr in der Saarbrücke­r Johanneski­rche in seine Pfarrstell­e eingeführt. Es folgt ein Empfang im Gemeindeze­ntrum Alte Kirche.

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FOTO: EVKS/EULENSTEIN Pfarrer John Nicholls vor seiner neuen Wirkungsst­ätte, der Maria-Magdalenen­Kirche mit Gemeindeze­ntrum auf dem Eschberg.

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