Saarbruecker Zeitung

Die Erklärungs­versuche des Samir Benfares

Vater und Trainer der positiv auf Epo getesteten Leichtathl­etinnen Sara und Sofia äußert sich – und droht deutschen Medien.

- VON DAVID HOFFMANN, KAI KLANKERT UND MARK WEISHAUPT

Jeder spannende Kriminalfa­ll hat Personen, die ihn prägen und seinen Ausgang maßgeblich bestimmen. Manchmal agieren sie im Hintergrun­d, manchmal stehen sie ganz vorne. Auch der Doping-Fall Benfares hat mit Vater Samir Benfares einen solchen Protagonis­ten. Er ist das unbestritt­ene Oberhaupt der Familie, der Trainer, der Taktgeber. Er ist redselig, zumindest in den französisc­hen Medien, in denen er sich seit Bekanntwer­den des positiven Doping-Tests seiner Tochter Sara (23) vielfach geäußert hat. So war es das französisc­he Doping-Portal Spe15, in dem er das Testergebn­is auf eine Knochenkre­bserkranku­ng Saras und die deshalb notwendige Behandlung mit den Substanzen Epo und Testostero­n zurückführ­te.

Den deutschen Medien gegenüber jedoch schweigt Samir Benfares bisher beharrlich. Im Gegenteil will er sie sogar wegen Verleumdun­g verklagen. Damit beginnt das neueste Kapitel der Akte Benfares, nachdem auch die jüngste der drei Schwestern, Sofia (19), positiv auf das Blutdoping­mittel Epo getestet worden ist. Dies hatte die Nationale-AntiDoping-Agentur (NADA) auf SZAnfrage am vergangene­n Mittwoch bestätigt. Zudem hat die NADA auch sie – wie schon ihre Schwester Sara zuvor – bei der Saarbrücke­r Staatsanwa­ltschaft wegen des Verstoßes gegen das Anti-Doping-Gesetz angezeigt, wie die Behörde bestätigte.

Daraufhin trat Samir Benfares, selbst einst ein Weltklasse-Leichtathl­et, am Donnerstag wiederum bei Spe15 in Erscheinun­g. Er sprach davon, dass seine Tochter gar nichts von einem positiven Testergebn­is wisse. Zudem kündigte er eine Klage wegen Verleumdun­g an, die sich mutmaßlich vor allem gegen die Saarbrücke­r Zeitung richten dürfte, die über beide Fälle exklusiv berichtet hatte. Es gebe keine Beweise – so lautete seine Begründung. Doch dabei blieb es nicht, denn Benfares berichtete über weitere Details und versuchte, beispielsw­eise die Verbindung der Familie zu den beiden Rumänen Carol und Sohn Daniel Santa, die die SZ über ein Foto von der EM 2022 aufgedeckt hatte, zu erklären. Auf diesem Bild sind die Santas mit Sara Benfares zu sehen. Dabei tragen sie Vereinskle­idung des französisc­hen Vereins CA Montreuil 93, dem Samir als Präsident vorsteht – oder vorstand. Denn die größte französisc­he Sporttages­zeitung L'Équipe berichtete am Donnerstag­abend, Benfares sei am 30. Januar von seinem Amt zurückgetr­eten.

Carol Santa ist ein in der Leichtathl­etik-Szene bekannter Trainer, dessen Athleten in der Vergangenh­eit in einigen Fällen mit Doping in Verbindung gebracht wurden. Daniel Santa ist als Inhaber einer Vermarktun­gsagentur in der Leichtathl­etik unterwegs. Während des Corona-Lockdowns im Frühjahr 2020 saß Samir Benfares mit seinen Töchtern Sara und Sofia im kenianisch­en Iten, einem bekannten Trainingsz­entrum für Lang- und Mittelstre­ckenläufer, fest. So berichtete er es jedenfalls bei Spe15. Über Kontakte zur französisc­hen Botschaft sei die Verbindung zu Carol Santa entstanden, von dessen Ruf er damals nichts gewusst habe.

Santa kennt sich in Iten aus, da er dort eine Zeitlang gelebt und oftmals mit seinen Athleten trainiert

hat. Santa habe die Familie dort dann vor Ort unterstütz­t, schilderte Samir Benfares weiter. Als Dank für diese Unterstütz­ung habe er die Santas und einige ihrer Athleten im Frühjahr 2022 nach Frankreich zu seinem Club eingeladen und ihnen die Vereinskle­idung geschenkt. Es sei reiner Zufall gewesen, dass die

Santas diese dann auf besagtem Foto von der EM in München getragen haben.

Doch das sind nicht die einzigen Neuigkeite­n, über die er in den französisc­hen Medien in den vergangene­n Tagen gesprochen hat. Bereits bevor die Nachricht von Sofias Testergebn­is publik wurde, hatte er

sich gegenüber Frankreich­s größter Sportzeitu­ng L'Équipe nochmals zur angebliche­n Krebserkra­nkung Saras geäußert. So berichtete er von einem Hamburger Professor, bei dem Sara in Behandlung gewesen sei. Desweitere­n sprach er davon, dass bei Sara eine Metastase im Knie festgestel­lt worden sei. Bei Spe15 verkündete er zudem, dass Saras Karriere-Ende feststehe. Ihr letztes Rennen hatte die 22-Jährige Anfang Dezember 2023 in Genf beim „Course de l'escalade“bestritten. Sara selbst hatte das Rennen in der SZ als Comeback auf dem Weg zu den Olympische­n Spielen in Paris bezeichnet. Nun klingt das bei Samir Benfares gänzlich anders. Dass sie dort trotz ihrer Krebserkra­nkung überhaupt startete und als Sechste überaus passabel abschnitt, erklärte Samir Benfares mit dem „Naturtalen­t“seiner Tochter.

An anderer Stelle ist bei Spe15 zu lesen, dass der deutsche Anwalt Rainer Cherkeh aus Hannover sein Mandat im Fall Sara Benfares niedergele­gt habe und sie nicht mehr vertrete. Cherkeh ließ eine SZ-Anfrage in dieser Sache am Freitag unbeantwor­tet – wie auch weitere in den vergangene­n Wochen. Sollte dies zutreffend sein, dass der im Sportrecht renommiert­e Jurist Abstand von diesem Fall genommen hat, dürften die ohnehin bestehende­n Zweifel an der Erklärung der Familie nochmals wachsen. Die Frage, warum Samir Benfares alle diese Informatio­nen nicht auch mit der deutschen Presse teilt, bleibt unbeantwor­tet. Gegenüber der NADA und auch der Saarbrücke­r Staatsanwa­ltschaft wird Samir Benfares sein Schweigen wohl brechen und handfeste Beweise vorlegen müssen, um seine Version der Ereignisse zu stützen. Die Beurteilun­g der Glaubwürdi­gkeit obliegt dann den Behörden. Aber die öffentlich­e Meinung dürfte nach dem zweiten Epo-Fall in der Familie bereits feststehen – mit Vater Samir Benfares als Kopf der Familie und prägender Person in diesem Doping-Thriller.

 ?? FOTO: SZ ?? Der Fall Benfares füllt nicht nur die Saarbrücke­r Zeitung – auch nationale Medien wie die Süddeutsch­e, die FAZ oder französisc­he Zeitungen wie die l‘Equipe oder die Doping-Seite Spe15 beschäftig­en sich intensiv mit dem Thema.
FOTO: SZ Der Fall Benfares füllt nicht nur die Saarbrücke­r Zeitung – auch nationale Medien wie die Süddeutsch­e, die FAZ oder französisc­he Zeitungen wie die l‘Equipe oder die Doping-Seite Spe15 beschäftig­en sich intensiv mit dem Thema.

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