Was wird aus den Proficampus-Plänen?
Stadt Saarbrücken äußert sich zu Vorstoß von FCS-Vizepräsident Pitino. Noch kein Termin vor dem Rechtsausschuss.
Die Sonne hat es noch schwer, sich durch den dichten Nebel über dem Naherholungsgebiet Galgendell zu kämpfen. Während man an Brombeerhecken vereinzelt erste Knospen erkennen kann, ist an den Mirabellenbäumen nichts vom nahenden Frühling zu erkennen, den das laute Vogelgezwitscher verspricht. Genauso wenig deutet darauf hin, dass die alten Tennisplätze demnächst dem Proficampus des Fußball-Drittligisten 1. FC Saarbrücken weichen. Ziemlich genau ein Jahr seit dem Bekanntwerden der Pläne ist nichts passiert, bis FCS-Vizepräsident Salvo Pitino im Interview mit der Saarbrücker Zeitung das Thema wieder auf die Agenda setzte und sie zur Chefsache des Präsidiums des größten Sportvereins des Landes machte.
„Keiner kann verstehen, warum das nicht möglich sein soll“, sagte Pitino und berichtete von zahlreichen Gesprächen mit Lokalpolitikern quer durch alle Parteien. Die Landeshauptstadt gibt sich auf SZ-Anfrage allerdings zurückhaltend. „Zu dem sogenannten Proficampus ist uns kein neuer Sachstand bekannt. Die Ablehnung des Bauantrages für einen Rasenplatz ist bekanntermaßen bereits seit Monaten raus“, sagt Stadtpressesprecher Thomas Blug: „Nachdem die Antragstellerin, die Maxi Sports GmbH, Widerspruch gegen die Ablehnung eingelegt hat, muss die Angelegenheit vor dem Rechtsausschuss behandelt werden. Ein Termin steht noch nicht fest.“
Rückblick: Schon im September 2021 hatte es auf Einladung von Pitino, der damals noch nicht Vizepräsident des FCS war, ein erstes Treffen zum Thema Proficampus gegeben. Mit dabei: FCS-Präsident Hartmut Ostermann und Oberbürgermeister Uwe Conradt. Damals wurde dem Vernehmen nach abgemacht, dass es zunächst eine verbindliche Vereinbarung zwischen Investor – der Maxi Sports GmbH, deren Geschäftsführerin Pitinos Schwester ist – und dem Verein geben muss, um auf dieser Basis das Bebauungsplan-Verfahren, in dem auch Fragen des Natur- und Lärmschutzes sowie Belange der Anwohner berücksichtigt werden, auf den Weg zu bringen.
Diese Vereinbarung liegt der Landeshauptstadt eigener Aussage zufolge bis heute nicht vor. In der Zwischenzeit hatte die Maxi Sports GmbH fast 400 Lkw-Ladungen Erde auf das Grundstück gebracht und planiert, um den Bau des Rasenplatzes vorzubereiten – ohne Baugenehmigung. „Eine Beseitigungs-Anordnung für die ohne Genehmigung
aufgebrachten Erdmassen auf städtischem Gelände kann erst erfolgen, wenn über den Bauantrag abschließend entschieden ist“, sagt Blug.
Die Erdmassen müssen weg, auch wenn das Unternehmen seinen Bauantrag zurückziehen würde, was für das Gesamtprojekt vielleicht sogar ein Vorteil wäre. „Eine Infrastrukturmaßnahme für den 1. FC Saarbrücken als größter Verein des Saarlandes und Aushängeschild der Landeshauptstadt hat ein höheres Gewicht als das Vorhaben einer Privatperson, deren Rolle in der Maxi Sports GmbH uns im Detail nicht bekannt ist“, heißt es aus dem Rathaus: „Der Weg wurde seitens der
Stadt klar aufgezeigt. Grundsätzlich gilt, dass die geltenden bau- und verfahrensrechtlichen Regeln immer und von jedem einzuhalten sind. Einen Willen zur konstruktiven Zusammenarbeit oder die Bereitschaft, in ein geordnetes Verfahren einzusteigen, können wir weder von Seiten der Maxi Sports GmbH noch von Herrn Pitino erkennen.“
Darum will jetzt wohl auch der Verein selbst als Mieter der Fläche auftreten, die für den Rasenplatz neben der Soccer-Halle (als Funktionsgebäude und möglicherweise künftige Geschäftsstelle vorgesehen) gebraucht wird. Während der FCS, Pitino und auch Vereins-Chef Ostermann vor einem Jahr zunächst von „20 bis 25 Metern Brombeerhecken und Mirabellenbäumen“gesprochen hatten, stellte sich nach SZ-Informationen heraus, dass es um eine städtische Fläche von 6825 Quadratmetern geht.
Pitino nannte in der SZ in dieser Woche auch weitere Flächen rund um die Soccer-Halle, die der FCS in Rasenplätze umwandeln könnte, wenn er sie bekommen würde. „Direkt gegenüber gibt es ein Gelände, das als Pferdekoppel genutzt wird“, sagte der Vizepräsident: „Auch das gehört der Stadt. Dort könnte man drei Spielfelder darauf errichten.“
Der Stadt sei bislang dazu nichts bekannt, sagt sie. Zu Spekulationen äußere man sich nicht.
Was das Funktionsgebäude des Profi-Campus angeht, wäre der FCS Untermieter. Die Maxi Sports GmbH ist der Eigentümer und hat es an die Soccerstar Group mit Geschäftsführer Rudi Schutz vermietet, der zum Umfeld von Pitino zählt und 2022 erfolglos für den Aufsichtsrat des FCS kandidiert hatte. Das Konstrukt kommt nicht von ungefähr. FCS-Auf
sichtsrats-Chef Aron Zimmer hatte klar kommuniziert, er würde einem Mietvertrag mit einer AfD-Politikerin nicht zustimmen. Pitinos Schwester Alexandra, die Geschäftsführerin der Maxi Sports GmbH, war Mitarbeiterin und Kandidatin der AfD. Daher wäre die Soccerstar Group sozusagen dazwischengeschaltet.
Von den Anwohnern der Galgendell ist Gegenwind zu erwarten – auch für die Pläne der Stadt. Die beabsichtigt „die Erschließung eines neuen stadtnahen Wohn- und Gewerbegebietes ‚Westlich Metzer Straße` im Stadtteil Alt-Saarbrücken, in unmittelbarer Nachbarschaft zum vollständig vermarkteten Gewerbegebiet Süd und dem Wohngebiet Folsterhöhe“, sagt Blug: „Es handelt sich bei diesem Projekt mit einer Fläche von mehr als 20 Hektar um eines der wichtigsten städtischen Entwicklungsvorhaben der kommenden Jahre.“
Die letzte Entscheidung, was im Naherholungsgebiet Galgendell passiert, fällt ohnehin der Saarbrücker Stadtrat – und nicht die Verwaltung. Es scheint also, als würden Brombeerhecken und Mirabellenbäume noch öfter blühen und Früchte tragen, statt dass die Profi-Mannschaft des FCS hier ihre Trainingseinheiten absolviert.
„Einen Willen zur konstruktiven Zusammenarbeit oder die Bereitschaft, in ein geordnetes Verfahren einzusteigen, können wir weder von Seiten der Maxi Sports GmbH noch von Herrn Pitino erkennen.“Landeshauptstadt Saarbrücken zum aktuellen Stand beim FCS-Proficampus