Saarbruecker Zeitung

Uschi Glas wird 80 – und stellt ihre Biografie vor

Als Schätzchen der Nation wurde sie bekannt, zu ihrem 80. Geburtstag sagt Uschi Glas nun: „Ein Schätzchen war ich nie“– und liefert in ihrer Biografie überzeugen­de Belege dafür.

- VON BRITTA SCHULTEJAN­S Produktion dieser Seite: L. Hochstein, M. Wittenmeie­r Foto: Imago

(dpa) Ein Beinahe-Striptease vor Polizisten im Filmklassi­ker „Zur Sache, Schätzchen“machte sie berühmt, fortan war Uschi Glas so etwas wie das Schätzchen der Nation. Jetzt wird sie 80 und sagt: „Ein Schätzchen war ich nie“. So lautet der Titel ihrer Biografie, die am Mittwoch erschienen ist, kurz vor ihrem Ehrentag an diesem Samstag.

Und in dem Buch liefert sie überzeugen­de Belege für ihre Behauptung: „Ich wollte niemandem gehören, keinem Land, keiner Bewegung und auch keinem Mann“, schreibt sie. „Ich wollte niemals im Gleichschr­itt gehen, nur weil alle anderen etwas auf dieselbe Art machten.“Ihr Buch ist getragen von einem unbedingte­n Streben nach Eigenständ­igkeit und Freiheit. „In meinem Buch geht es viel um Widerspruc­h, Respekt und Unabhängig­keit. Wenn ich zurückblic­ke, waren und sind diese drei – ich nenne sie mal – Werte ganz zentral in meinem Leben“, sagt sie im Interview.

Dass ihre Mutter kein eigenes Geld hatte und finanziell von ihrem Ehemann abhängig war, war Uschi Glas schon als Mädchen ein Graus. „Für mich stand fest: Das will ich nicht“, sagt sie. „Natürlich war es bei uns auch so, dass mein Vater gesagt hat: „Warum willst Du denn überhaupt was lernen? Du heiratest doch mit 24, Du bist doch hübsch.“Oh, Hilfe! Nein, nein!“

Als viele ihrer Kolleginne­n sich in den 1960er und 1970er Jahren vor der Kamera auszogen, blieb Glas bei ihrem strikten Nein dazu, als alle Künstler für Willy Brandt trommelten, tat sie das demonstrat­iv nicht. Und ihren ersten Mann wollte sie – in einer Zeit, in der das alles andere als alltäglich war – zuerst gar nicht heiraten, auch nicht, als der gemeinsame Sohn auf die Welt gekommen war.

Glas` Karriere hatte eigentlich ganz anders gestartet – als Anwaltssek­retärin in München, wohin die gebürtige Niederbaye­rin mit 20 gezogen war. Auf einer Premierenf­eier empfahl sie sich dann dem Produzente­n Horst Wendtland als Schauspiel­anwärterin – und bekam die erste Rolle in dem Edgar-Wallace-Film „Der unheimlich­e Mönch“. 1966 war sie „das Halbblut Apanatschi“an der Seite von Pierre Brice als Winnetou.

Sie nahm Schauspiel­unterricht, biss sich durch – und dann kam die legendäre Szene als Barbara auf der Polizeiwac­he. Mit „Zur Sache, Schätzchen“schrieb sie Filmgeschi­chte – in Schwarz-Weiß, weil damals das Budget nicht für einen Film in Farbe reichte.

Mit Filmen wie der „Lümmel von der ersten Bank“-Reihe war es danach eher die leichtere Muse, ab Mitte der 1970er Jahre war Glas dann häufiger im Fernsehen zu sehen als auf der Kinoleinwa­nd, spielte in verschiede­nen Krimis oder RosamundeP­ilcher-Folgen mit. Einmal fuhr sie mit dem ZDF-„Traumschif­f“nach Thailand. Ihrem Buch hat sie ein Zitat ihres engen Freundes und Kollegen Elmar Wepper vorangeste­llt, der im Oktober vergangene­n Jahres gestorben war und mit dem Glas jahrelang ein Ehepaar gespielt hat in der Serie „Zwei Münchner in Hamburg“. Es lautet: „Entscheide­nd ist doch, was

man aus seinem Leben macht. Und die Liebe, mein Freund, sie ist das Wichtigste.“

Glas` großes Kunststück: Sie schaffte alles ohne große Skandale, ohne Allüren, ohne dass jemand öffentlich ein allzu böses Wort über die bodenständ­ige Bayerin verliert. Kurz vor ihrem Ehrentag wurde Helga-Ursula

Glas-Hermann, wie die Schauspiel­erin mit vollem Namen heißt, mit dem Bayerische­n Verfassung­sorden 2023 ausgezeich­net – „für ihr langjährig­es soziales Engagement, insbesonde­re für Kinder“, wie der Landtag mitteilte.

Denn ihr großes Engagement gilt auch ihrem Verein „brotZeit“, der kostenlose­s Schulfrühs­tück anbietet.

Und seit sie ihr großes Kino-Comeback als Burnout-geplagte Lehrerin Leimbach-Knorr in der „Fack ju Göhte“-Trilogie von Bora Dagtekin hatte, erkennen sie die Schüler sogar als Berühmthei­t – und nicht nur als Oma, die das Essen bringt, wie Glas sagt.

Insgesamt ist es eine Bilderbuch­karriere, die die Mutter von drei Kindern hingelegt hat, keine Frage – auch wenn privat der ein oder andere Stolperste­in lauerte. Ihr Sohn Ben Tewaag machte eine Zeit lang regelmäßig Schlagzeil­en, wie sie eine Mutter wohl ungern lesen möchte. Gerade erst wurde bekannt, dass er in diesem Jahr beim „Kampf der Realitysta­rs“auf RTL II mitmacht.

Und Uschi Glas` erster Ehemann betrog sie mit einer Jüngeren. Es war das erste und einzige Mal, dass Glas öffentlich so richtig vom Leder zog und zeigte, welches Temperamen­t in der adretten, freundlich­en Dame steckt: „Ich steh` doch nicht daheim wie ein Möbelstück rum, und er geht abends schnacksel­n.“Und dann war da ja noch die Sache mit ihrer Hautcreme, die der Stiftung Warentest nicht gefiel. Inzwischen ist all das Schnee von gestern.

„Ich bin glücklich und dankbar dafür, mein Alter – gesund – erreicht zu haben. Ich sehe keinen Grund, die 80 zu verheimlic­hen“, schreibt Glas in ihrem Buch. Ihre Standardan­twort an diejenigen, die ein Problem haben mit dem Älterwerde­n, lautet: „Dann musst Du halt vorher sterben.“

 ?? FOTO: BRIX/DPA ?? Uschi Glas (rechts) mit Hauptdarst­eller Werner Enke (links) und Regisseuri­n May Spils bei Dreharbeit­en zu einer Szene für den Film „Zur Sache Schätzchen“.
FOTO: BRIX/DPA Uschi Glas (rechts) mit Hauptdarst­eller Werner Enke (links) und Regisseuri­n May Spils bei Dreharbeit­en zu einer Szene für den Film „Zur Sache Schätzchen“.
 ?? FOTO: SVEN HOPPE/DPA ?? Sie prägte die deutsche Kino- und Fernsehlan­dschaft: Schauspiel­erin Uschi Glas blickt in ihrer Biografie auf ein bewegtes Leben zurück.
FOTO: SVEN HOPPE/DPA Sie prägte die deutsche Kino- und Fernsehlan­dschaft: Schauspiel­erin Uschi Glas blickt in ihrer Biografie auf ein bewegtes Leben zurück.

Newspapers in German

Newspapers from Germany