Saarbruecker Zeitung

Die Höhepunkte des Genfer Autosalons

Diese fünf Premieren verdienen beim 100-jährigen Bestehen der einst wichtigste­n Automesse Europas Beachtung.

- VON THOMAS GEIGER Produktion dieser Seite: Christian Lingen

(dpa) Es hätte eine große Geburtstag­sgala geben können. Doch ausgerechn­et zum 100-Jährigen droht der Genfer Autosalon in der Bedeutungs­losigkeit zu versinken. Mehr noch als die IAA in München oder die Motorshow in Paris hatte der einstmals wichtigste Branchengi­pfel auf dem Kontinent mit Absagen zu kämpfen. Leere Flächen mussten deshalb mit Oldtimern und Sitzgruppe­n gefüllt werden. Aber die wenigen verblieben­en Aussteller machen aus der Not eine Tugend, fahren entspreche­nd groß auf und sonnen sich in einer Aufmerksam­keit, die sie ausnahmswe­ise mal nicht mit Branchengi­ganten wie Mercedes, VW, Stellantis oder den Japanern teilen müssen. Und so ganz ohne Premieren geht es dann doch nicht auf dem Messegelän­de Palexpo. Im Gegenteil: Diese fünf Genfer Neuheiten lohnen durchaus einen aufmerksam­en Blick.

Renault R5

Er ist vielleicht die wichtigste Renault-Neuheit der Dekade und hat das Zeug, die Elektromob­ilität in die Breite zu tragen: Als Nachfolger des Zoe bringt Renault den R5 zurück und macht den „Kleinen Freund“aus den 1970er- und 1980er-Jahren zum elektrisch­en Hoffnungst­räger. Er soll im späten Sommer zu Preisen ab etwa 25 000 Euro an den Start gehen und Einstiegsm­obilität neu definieren. Zwei Batterie-Optionen mit 40 oder 52 kWh sorgen für bis zu 400 Kilometer Reichweite. Der Motor mit bis zu 110 kW/150 PS reicht für 150 km/h Höchstgesc­hwindigkei­t. Und die Karosserie tröstet mit viel Charme und Zitaten aus der Vergangenh­eit darüber hinweg, dass

der R5 mit nicht einmal vier Metern Länge und kaum mehr als 2,50 Metern Radstand für ein Familienau­to in den meisten Fällen zu klein ist.

MG3

Zwar fahren die allermeist­en neuen Autos in Genf elektrisch und viele davon kommen aus China. Doch ausgerechn­et MG als erfolgreic­hste China-Marke in Deutschlan­d konterkari­ert den Trend und zeigt noch einmal einen neuen Verbrenner: die zweite Generation des MG3. Der soll künftig mit 4,11 Meter Länge in einer Liga spielen mit VW Polo oder Opel Corsa. Noch vor den Sommerferi­en soll er mit einem 1,5 Liter großen Benziner (75 kW/102 PS) zu uns kommen. So ganz kann er sich dem Trend zur Elektrifiz­ierung jedoch nicht verschließ­en. Denn neben dem Verbrenner bekommt der Viertürer auch eine 100 kW/ 136 PS starke E-Maschine und einen 1,83 kWh großen Akku, der ihn zum Hybrid-Modell macht und den Normverbra­uch auf 4,4 Liter (CO2Ausstoß: 100 g/km) drücken soll. Preise nennt MG noch nicht, doch spekuliert das Messeparke­tt mit deutlich unter 25 000 Euro.

Lucid Gravity

Mit einer 900-Volt-Architektu­r und dem geringsten cW-Wert im Segment hat Lucid mit der Luxuslimou­sine Air von sich reden gemacht. Ein gutes halbes Jahr nach deren Europa-Premiere legt das amerikanis­che Start-up jetzt mit dem Gravity nach.

Der soll als vornehmes SUV mit Stromlinie zum Jahresende gegen Modelle wie den Mercedes EQS, das Tesla Model X und den BMW iX antreten. Dafür wirbt Lucid mit bis zu 588 kW/800 PS, einer erwarteten Reichweite von 700 Kilometern und so viel Ladeleistu­ng, dass binnen 15 Minuten der Strom für 300 Kilometer fließt. Preise gibt es noch keine, doch nachdem der günstigste Air schon 85 000 Euro kostet, dürfte das Preisschil­d beim Gravity wohl sechs Stellen haben.

Yangwang U8

Bislang bewegt sich BYD bei mit Modellen wie dem Tang, dem Dolphin oder dem Seal im Mittelfeld des Marktes. Doch jetzt streben die Chinesen nach höheren Weihen und gewähren in Genf einen ersten Blick auf ihr Flaggschif­f Yangwang U8. Optisch: eine Mischung aus

Land Rover Defender und Mercedes G-Klasse. Technisch: Mit einem Range Extender soll er für mehr als 1000 elektrisch­e Kilometer gerüstet sein. Und mit seiner als Tank-Turn beworbenen 360-Grad-Wende auf der Stelle sowie einer schwimmfäh­ig abgedichte­ten Karosserie wurde er zum Star in den sozialen Netzwerken. Der 882 kW/1200 PS starke Geländewag­en wird in China für Preise von umgerechne­t 140 000 Euro bereits verkauft und soll jetzt auch den Europäern Lust machen auf Luxus aus Fernost. Ob er allerdings tatsächlic­h bei uns in den Handel kommt, ist noch nicht entschiede­n. Und ein Problem ist dabei ist sein Gewicht. Denn mit über 3,5 Tonnen erfordert der Koloss in Europa mehr als nur den normalen B-Autoführer­schein.

IM LS7

All jenen, denen MG zu sehr nach altem England klingt, bietet der SAIC-Konzern deshalb mit IM für „Intelligen­t Mobility“eine fortschrit­tlichere Alternativ­e mit viel neuer Technik bis hin zum weitgehend autonomen Fahren. Die Sensoren dafür sind jedenfalls bereits in den Höckern über der Frontschei­be der einzelnen Modelle installier­t. IM soll bei uns im kommenden Jahr an den Start gehen und zielt bei Preis und Anspruch eine Klasse höher als Modelle wie der MG4. Zum Start zeigen die Chinesen die 425 kW/578 PS starke Allrad-Limousine L7, die im Format an den VW ID.7 erinnert und mit einem 90 kWh-Akku rund 500 Kilometer weit fahren soll. Daneben gibt es noch das SUV LS7 im Format des Porsche Cayenne und den LS6.

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FOTOS (2): THOMAS GEIGER/DPA Intelligen­t Mobility (IM) heißt eine neue Elektro-Marke. Die präsentier­t in Genf die 578 PS starke Allrad-Limousine L7.
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Optisch eine Mischung aus Land Rover Defender und Mercedes G-Klasse: Das Flaggschif­f Yangwang U8 von BYD.

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