Saarbruecker Zeitung

Wenn der Chef weniger Homeoffice will

Viele Arbeitgebe­r wünschen sich wieder mehr Präsenzarb­eit im Büro. Doch es lassen sich gute Kompromiss­e finden.

- VON AMELIE BREITENHUB­ER

(dpa) Im Homeoffice arbeiten, wann und wie man will, ist für viele Beschäftig­te die Wunschvors­tellung. Einige Arbeitgebe­r hingegen sehen ihre Mitarbeite­r lieber im Büro – und verpflicht­en ihre Belegschaf­t vermehrt zu Präsenzarb­eit. Hannes Zacher, Professor für Arbeits- und Organisati­onspsychol­ogie an der Universitä­t Leipzig, überrascht das nicht. Das Management verbringe häufig deutlich mehr Zeit im Büro und könne Führungsau­fgaben in Präsenz besser nachkommen. „Führungskr­äfte haben zudem häufig mehr Privilegie­n, etwa größere Büros oder eine tolle Kaffeemasc­hine, und gehen deshalb davon aus, dass alle das Büro so lieben wie sie“, sagt er.

Der Trend zu mehr Präsenzarb­eit werde wohl unter anderem aus diesen Gründen immer wieder aufploppen, so Zacher. Er gibt vier Tipps, wie Beschäftig­te – und Arbeitgebe­r – mit solchen Entscheidu­ngen gut umgehen können.

1. Mit Job-Crafting zu mehr Zufriedenh­eit

Wo wieder verstärkt Präsenzarb­eit angesagt ist, müssen sich Beschäftig­te mit den neuen Regeln anfreunden. Hier hilft es, sich selbst zu fragen: Warum arbeite ich eigentlich so gerne im Homeoffice? Welche Merkmale machen es so angenehm für mich? Das kann etwa die flexible Zeiteintei­lung oder das Gefühl der Unabhängig­keit sein.

„Dann kann ich darüber nachdenken, wie sich das auf meine Ar

beit im Büro übertragen lässt“, sagt Zacher. Häufig könne man selbst an kleinen Stellschra­uben drehen, sodass die Arbeit im Büro besser zu den eigenen Fähigkeite­n und Bedürfniss­en passt. „Diesen Prozess nennen wir Job-Crafting“, erklärt der Arbeitspsy­chologe. Die Auseinande­rsetzung trägt auch dazu bei, das eigene Mindset zur Präsenzarb­eit zu verändern.

2. Remote- und Präsenzarb­eit gut organisier­en

Aus Sicht der Forschung sei es empfehlens­wert, im moderaten Ausmaß im Homeoffice zu arbeiten, sagt Za

cher. Bei zwei Tagen Homeoffice pro Woche würden sich positive Effekte auf Zufriedenh­eit und Produktivi­tät zeigen.

Welche Wochentage sich für die Arbeit zu Hause anbieten, ist dem Professor für Arbeits- und Organisati­onspsychol­ogie zufolge hingegen

wenig erforscht. Montag und Freitag seien es aber in der Regel nicht. „Sie geben das Gefühl eines verlängert­en Wochenende­s, für die Arbeit ist das aber nicht motivieren­d“, sagt Hannes Zacher. Grundsätzl­ich sei es wichtig, eine gute Mischung zu finden – aus persönlich­en Präferenze­n und dem, was im Team am besten passt.

Die eigenen Aufgaben organisier­t man am besten so, dass sie zur Umgebung passen. Interaktio­n findet nach Möglichkei­t in Präsenz statt, „an Tagen, an denen man auch vor Ort ist“. Stillarbei­t dagegen klappt oft besser zu Hause.

3. Flex-Desks attraktive­r machen

In vielen Büros sind feste Arbeitsplä­tze passé, Beschäftig­te müssen für Präsenztag­e einen Tisch buchen. „Die Forschung zeigt, dass solche Flex-Desk-Modelle nicht besonders beliebt sind“, sagt Zacher.

Hier sollten sich Unternehme­n bemühen, die Identifika­tion ihrer Mitarbeite­r mit dem Arbeitsort zu verstärken. Etwa, indem sie einen Spind mit Platz für persönlich­e Dinge bekommen, die sie auf ihrem Tisch platzieren können. „Viele Menschen wollen Routine“, sagt der Psychologe. „Gut ist, wenn Beschäftig­te den gleichen Tisch an mehreren Tagen hintereina­nder buchen können.“Zudem motiviere es, an Präsenztag­en die Menschen in der Nähe zu haben, mit denen man tatsächlic­h zusammenar­beitet.

4. Mit guten Argumenten überzeugen

Wer die Führungskr­aft doch wieder von mehr Homeoffice-Tagen überzeugen will, sollte sich seine Argumente gut überlegen. Hannes Zacher rät, auf Aufgabeneb­ene zu argumentie­ren, also zum Beispiel, indem Beschäftig­te hervorhebe­n, dass sie zu Hause konzentrie­rter an einem Bericht arbeiten können.

Ungünstig sind dagegen soziale Argumente im Sinne von „Die Kolleginne­n und Kollegen stören mich“. Auch die Begründung, im Homeoffice ließen sich Privatlebe­n und Beruf besser vereinbare­n, ist dem Arbeitspsy­chologen zufolge nicht hilfreich. Die Work-Life-Balance sei beim hybriden Arbeiten eine Frage der Selbstorga­nisation.

„Die Forschung zeigt, dass Flex-Desk-Modelle nicht besonders beliebt sind.“Hannes Zacher Arbeitspsy­chologe

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Im direkten Gespräch vor Ort wird deutlich, wie wichtig persönlich­e Interaktio­n an Präsenztag­en ist.

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