IG Metall nimmt Arbeitgeber in die Pflicht
Bei der Delegiertenversammlung der IG MetallVerwaltungsstelle Saarbrücken stand das Thema Transformation im Vordergrund. Kritik gab es vor allem an der Schuldenbremse.
„Weg mit der Schuldenbremse.“Das forderte der 1. Bevollmächtigte der IG MetallVerwaltungsstelle Saarbrücken, Patrick Selzer, anlässlich der Delegiertenversammlung seiner Organisation am vergangenen Samstag in Kirkel. „Es reicht nicht, Vorgaben für eine klimaneutrale Industrie festzulegen. Damit diese Ziele erreicht werden können, müssen die Unternehmen bei der Transformation auch unterstützt werden“, rief er den Delegierten zu. „Daher sind staatliche Investitionen erforderlich, um Arbeitsplätze zu erhalten und eine weitere gesellschaftliche Spaltung zu vermeiden. Das stoische Festhalten an der Schuldenbremse ist das falsche Signal.“
Doch auch „die Arbeitgeber sind gefordert, ihrer Verantwortung gerecht zu werden“, sagte Selzer. Lange Zeit seien Gewinne abgeschöpft worden, „ohne für wirtschaftlich schwierige Zeiten und die Bewältigung der Transformation vorzusorgen“. „Doch anstelle nachhaltige Lösungen für die Fortentwicklung der Unternehmen – und damit der Arbeitsplätze – zu finden, wird sehr schnell mit Abwanderung und Personal-Abbau gedroht.“Dies jedoch „ist für die IG Metall inakzeptabel“.
Die vergangenen vier Jahre seit der letzten Delegiertenversammlung waren für die Verwaltungsstelle Saarbrücken „trotz der CoronaEinschränkungen sehr erfolgreich“so Selzer. Bei dem St. Ingberter Autozulieferer Voit, der sich Ende 2020 in einer „wirtschaftlich angespannten Situation“befand, habe die Gewerkschaft Tarifgeschichte geschrieben und einen bisher einmaligen Zukunftsfonds eingerichtet, Laufzeit drei Jahre. Dieser sollte – wenn nötig – aus Beiträgen der Belegschaft gespeist werden, um das Unternehmen vor einer Insolvenz zu bewahren. Über die Mittelverwendung sollte ein paritätisch besetzter Lenkungsausschuss
entscheiden. Im Gegenzug sollten die Mitglieder der IG Metall von einem Bonus profitieren. Am Ende floss der Bonus.
Der 2. Bevollmächtigte der Saarbrücker Verwaltungsstelle, Thorsten Dellmann, setzte sich dafür ein, „dass wir einen Industriestrompreis einführen müssen“. Günstiger
Strom sei für „viele produzierende Unternehmen unerlässlich, damit sie günstiger produzieren und sich für die Zukunft gut aufstellen können“, sagte er. „Auch andere EULänder halten ihre Strompreise niedrig. Das muss in Deutschland ebenfalls möglich sein.“
Wirtschaftsminister Jürgen Barke (SPD) forderte, „neue Industriegebiete rasch zu erschließen, um passende Flächen für Zukunftsinvestoren zu haben“. Dies gelte vor allem für die geplante Erweiterung des Areals am Lisdorfer Berg bei Saarlouis. Der Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Saar, Timo Ahr, verteidigte das neue Bildungsfreistellungs
gesetz. „Wer das ganze Jahr hart schuftet, hat die fünf Tage verdient, die er ohne Urlaub nehmen kann, um Neues zu lernen“, betonte er. „Damit wird kein Golfurlaub an der Algarve finanziert.“
Trotz Corona und Arbeitsverlusten – zum Beispiel durch die Schließung der Gusswerke Saarbrücken (vormals Halberg Guss) – konnte die Verwaltungsstelle die Zahl der Mitglieder bei rund 16 000 halten. Allein im vergangenen Jahr kamen 1100 Neuaufnahmen hinzu. Die beiden Bevollmächtigten wurden mit großer Mehrheit wiedergewählt: Patrick Selzer erhielt 94,87 Prozent der Stimmen, Thorsten Dellmann kam auf 98,7 Prozent.
„Das stoische Festhalten an der Schuldenbremse ist das falsche Signal.“Patrick Selzer 1. Bevollmächtigter der IG Metall-Verwaltungsstelle Saarbrücken