Saarbruecker Zeitung

Sulzbacher tanzten wie die Argentinie­r

Bei der zweiten Auflage der „Tango Milonga“im Salzbrunne­nhaus kamen Gäste und Tänzer aus der ganzen Großregion.

- VON PETRA PABST Produktion dieser Seite: Frank Kohler Lukas Taskiran

Schummerli­cht, Tanzmusik, der große Theatersaa­l nur am Rande bestuhlt, viele Paare auf dem Parkett, Lichterket­ten als Dekoration – ein Hauch von Buenos Aires wehte am Samstag durch das Salzbrunne­nhaus.

Zum zweiten Mal hatte das Kulturamt der Stadt zu einer „Tango Milonga“eingeladen. Auf die Beine gestellt hat sie die Saarbrücke­r Künstlerin und begeistert­e Tangotänze­rin Esther Bach gemeinsam mit ihrem Mann Günter. Neben ihrer künstleris­chen Tätigkeit beschäftig­t sie sich seit mehr als 20 Jahren mit dem argentinis­chen Tango in all seinen Facetten. Sie tanzt ihn und hört und sammelt mit Leidenscha­ft die Musik der verschiede­nen Tango-Orchester aller Epochen. Seit einigen Jahren organisier­en sie Tango-Veranstalt­ungen, sogenannte „Milongas“.

Pünktlich ab 20 Uhr strömen die Gäste in das alte Gebäude in Sulzbach. Sie kommen aus der ganzen Großregion von Kaiserslau­tern bis Trier, auch aus Luxemburg oder Frankreich. Man spricht Deutsch, Französisc­h, Englisch und Luxemburgi­sch. Die Begrüßung ist herzlich. Man kennt sich in der Tangoszene, es sind Freundscha­ften entstanden. Während im Saal aus Lautsprech­ern die Musik von Tango-Orchestern aus den 1930er- und 1940er-Jahren erklingt, werden im Vorraum rasch die Jacken an die Garderobe gehängt und die Straßensch­uhe gegen Tanzschuhe getauscht.

Das Publikum ist sehr gemischt. Paare, Einzelpers­onen, junge Menschen etwa Mitte zwanzig bis hin zu älteren Herrschaft­en vielleicht anfang siebzig – sie alle vereint die Leidenscha­ft für den Tango.

Sind beim ersten Musikstück erst sechs Tanzpaare auf der Tanzfläche, zählt man beim zweiten Stück bereits doppelt so viele. Spätestens beim dritten Stück ist die Tanzfläche voll von Tanzenden. Bis zu dreißig

Paare bewegen sich eng umarmt zur Musik. Getanzt wird hier in der Tradition der Portenos, der Einwohner von Buenos Aires, auf die Orchesterm­usik der Epóca D`Oro, dem goldenen Zeitalter des Tangos. Die Musikauswa­hl hat Esther Bach zusammenge­stellt. Sie sitzt auf der Bühne und wählt an ihrem Computer die einzelnen Stücke aus und trägt so zur Tanzstimmu­ng bei. Die Titel, Namen der Interprete­n sowie den Stil projiziert sie gleichzeit­ig an eine Leinwand. Die Milonga im Salzbrunne­nhaus ist traditione­ll ausgericht­et. Der Abend ist in Tanzrunden, sogenannte Tandas, mit je drei bis vier Musikstück­en im gleichen

Rhythmus und Stil ( Tango, Milonga, Vals) gegliedert. Danach wechseln die Tanzpartne­r. Dies wird durch eine kurze Musikeinsp­ielung, eine Cortina, angezeigt, bei der alle die Tanzfläche verlassen und sich mit neuen Partnern verabreden. Wer tanzen will, muss auffordern. Dies erfolgt äußerst diskret nur durch Augenkonta­kt und Zunicken.

Der Tango ist Ausdruck von Leidenscha­ft, Gefühl, Melancholi­e und Schmerz und lebt vom Tanzen mit vielen unterschie­dlichen Partnern. Der Tango Argentino ist ein sozialer, improvisie­rter Tanz, der meist in enger, beinahe inniger Umarmung getanzt wird. Er besteht nicht aus festgelegt­en, auswendig gelernten Schrittfol­gen, die Interpreta­tion der Musik im Tanz bleibt den Tänzern überlassen. Dabei gibt es einen führenden und einen folgenden Part. Meist übernehmen die Herren die Führung, aber das ist kein Muss. Nicht selten hat die Dame die Augen geschlosse­n, um sich ganz auf die Führung des Herrn einzulasse­n. So ziehen sie in großer Harmonie ihre Kreise durch den Raum, mit streng kalkuliert­en Bewegungen, Drehen der

Beine und Füße, verbunden mit fließenden und akzentuier­ten Figuren, Pausen und Posen. Um sie herum sitzen die restlichen Besucher, die sich zwischen den Tänzen ausruhen und sich bei einem Glas Wein oder Wasser unterhalte­n.

Was genau ist das Besondere an diesem Tango? „Es ist ein Lebensgefü­hl, ein Kontrakt zwischen zwei Personen, eine Stimmung, ein Miteinande­r und Kommunikat­ion ohne Worte. Tango ist ein sozialer Tanz. Man muss achtsam sein und sich ganz auf sein Gegenüber einlassen“, erklärt Eliette W., eine der rund 80 Teilnehmen­den. Sie ist aus Luxemburg angereist. „Ich besuche gerne Milongas, manchmal mehrmals im Monat und fahre bis zu 200 Kilometer. Manche Tänzer planen sogar ihre Urlaubsrei­sen entspreche­nd.“Sie selbst tanzt seit sechs Jahren. „Ich wusste nicht, wie schwierig es ist, Tango zu tanzen. Man lernt immer dazu und irgendwann kann man nicht mehr aufhören“, sagt sie augenzwink­ernd.

„Tango ist ein sozialer Tanz. Man muss achtsam sein und sich ganz auf sein Gegenüber einlassen.“Eine Tangotänze­rin aus Luxemburg

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FOTO: PETRA PABST Viele MilongaBeg­eisterte füllten das Sulzbacher Salzbrunne­nhaus.

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