Sulzbacher tanzten wie die Argentinier
Bei der zweiten Auflage der „Tango Milonga“im Salzbrunnenhaus kamen Gäste und Tänzer aus der ganzen Großregion.
Schummerlicht, Tanzmusik, der große Theatersaal nur am Rande bestuhlt, viele Paare auf dem Parkett, Lichterketten als Dekoration – ein Hauch von Buenos Aires wehte am Samstag durch das Salzbrunnenhaus.
Zum zweiten Mal hatte das Kulturamt der Stadt zu einer „Tango Milonga“eingeladen. Auf die Beine gestellt hat sie die Saarbrücker Künstlerin und begeisterte Tangotänzerin Esther Bach gemeinsam mit ihrem Mann Günter. Neben ihrer künstlerischen Tätigkeit beschäftigt sie sich seit mehr als 20 Jahren mit dem argentinischen Tango in all seinen Facetten. Sie tanzt ihn und hört und sammelt mit Leidenschaft die Musik der verschiedenen Tango-Orchester aller Epochen. Seit einigen Jahren organisieren sie Tango-Veranstaltungen, sogenannte „Milongas“.
Pünktlich ab 20 Uhr strömen die Gäste in das alte Gebäude in Sulzbach. Sie kommen aus der ganzen Großregion von Kaiserslautern bis Trier, auch aus Luxemburg oder Frankreich. Man spricht Deutsch, Französisch, Englisch und Luxemburgisch. Die Begrüßung ist herzlich. Man kennt sich in der Tangoszene, es sind Freundschaften entstanden. Während im Saal aus Lautsprechern die Musik von Tango-Orchestern aus den 1930er- und 1940er-Jahren erklingt, werden im Vorraum rasch die Jacken an die Garderobe gehängt und die Straßenschuhe gegen Tanzschuhe getauscht.
Das Publikum ist sehr gemischt. Paare, Einzelpersonen, junge Menschen etwa Mitte zwanzig bis hin zu älteren Herrschaften vielleicht anfang siebzig – sie alle vereint die Leidenschaft für den Tango.
Sind beim ersten Musikstück erst sechs Tanzpaare auf der Tanzfläche, zählt man beim zweiten Stück bereits doppelt so viele. Spätestens beim dritten Stück ist die Tanzfläche voll von Tanzenden. Bis zu dreißig
Paare bewegen sich eng umarmt zur Musik. Getanzt wird hier in der Tradition der Portenos, der Einwohner von Buenos Aires, auf die Orchestermusik der Epóca D`Oro, dem goldenen Zeitalter des Tangos. Die Musikauswahl hat Esther Bach zusammengestellt. Sie sitzt auf der Bühne und wählt an ihrem Computer die einzelnen Stücke aus und trägt so zur Tanzstimmung bei. Die Titel, Namen der Interpreten sowie den Stil projiziert sie gleichzeitig an eine Leinwand. Die Milonga im Salzbrunnenhaus ist traditionell ausgerichtet. Der Abend ist in Tanzrunden, sogenannte Tandas, mit je drei bis vier Musikstücken im gleichen
Rhythmus und Stil ( Tango, Milonga, Vals) gegliedert. Danach wechseln die Tanzpartner. Dies wird durch eine kurze Musikeinspielung, eine Cortina, angezeigt, bei der alle die Tanzfläche verlassen und sich mit neuen Partnern verabreden. Wer tanzen will, muss auffordern. Dies erfolgt äußerst diskret nur durch Augenkontakt und Zunicken.
Der Tango ist Ausdruck von Leidenschaft, Gefühl, Melancholie und Schmerz und lebt vom Tanzen mit vielen unterschiedlichen Partnern. Der Tango Argentino ist ein sozialer, improvisierter Tanz, der meist in enger, beinahe inniger Umarmung getanzt wird. Er besteht nicht aus festgelegten, auswendig gelernten Schrittfolgen, die Interpretation der Musik im Tanz bleibt den Tänzern überlassen. Dabei gibt es einen führenden und einen folgenden Part. Meist übernehmen die Herren die Führung, aber das ist kein Muss. Nicht selten hat die Dame die Augen geschlossen, um sich ganz auf die Führung des Herrn einzulassen. So ziehen sie in großer Harmonie ihre Kreise durch den Raum, mit streng kalkulierten Bewegungen, Drehen der
Beine und Füße, verbunden mit fließenden und akzentuierten Figuren, Pausen und Posen. Um sie herum sitzen die restlichen Besucher, die sich zwischen den Tänzen ausruhen und sich bei einem Glas Wein oder Wasser unterhalten.
Was genau ist das Besondere an diesem Tango? „Es ist ein Lebensgefühl, ein Kontrakt zwischen zwei Personen, eine Stimmung, ein Miteinander und Kommunikation ohne Worte. Tango ist ein sozialer Tanz. Man muss achtsam sein und sich ganz auf sein Gegenüber einlassen“, erklärt Eliette W., eine der rund 80 Teilnehmenden. Sie ist aus Luxemburg angereist. „Ich besuche gerne Milongas, manchmal mehrmals im Monat und fahre bis zu 200 Kilometer. Manche Tänzer planen sogar ihre Urlaubsreisen entsprechend.“Sie selbst tanzt seit sechs Jahren. „Ich wusste nicht, wie schwierig es ist, Tango zu tanzen. Man lernt immer dazu und irgendwann kann man nicht mehr aufhören“, sagt sie augenzwinkernd.
„Tango ist ein sozialer Tanz. Man muss achtsam sein und sich ganz auf sein Gegenüber einlassen.“Eine Tangotänzerin aus Luxemburg