Saarbruecker Zeitung

Zeitgleich­e Streiks legen den Verkehr lahm

Reisende brauchen in dieser Woche starke Nerven. Arbeitsnie­derlegunge­n bei Bahn und Lufthansa werden den Verkehr in weiten Teilen lahmlegen.

- VON CHRISTIAN EBNER, MATTHIAS ARNOLD UND PATRICIA BARTOS Produktion dieser Seite: Lucas Hochstein Gerrit Dauelsberg

(dpa) Reisenden steht in Deutschlan­d eine stressige Woche bevor. Ab Donnerstag früh sind sowohl bei der Deutschen Bahn als auch bei der Lufthansa Tausende Beschäftig­te zu Streiks aufgerufen. Zahlreiche Züge und Flüge drohen auszufalle­n, wie vorangegan­gene Streikrund­en bereits gezeigt haben. Verantwort­lich dafür sind die Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer GDL mit ihrem Vorsitzend­en Claus Weselsky und die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi.

Was kommt auf die Passagiere der Lufthansa und die Fahrgäste der Bahn zu?

Nach einer ersten Einschätzu­ng des Lufthansa-Konzerns sind an den beiden von Verdi avisierten Streiktage­n Donnerstag und Freitag rund 200 000 Passagiere betroffen. Das deutet darauf hin, dass wie bei zwei vorhergega­ngenen Streikwell­en erneut rund 1000 Flüge pro Tag ausfallen und nur ein rundes Zehntel des ursprüngli­chen Angebots geflogen werden kann. Wegen des zeitgleich­en Lokführers­treiks entfällt zudem die Möglichkei­t, für kürzere Strecken auf die Schiene umzusteige­n.

Bei der Bahn beginnt der Streik im Fern- und Regionalve­rkehr am Donnerstag­morgen um 2 Uhr und wird dort erneut für Millionen Reisende zu erhebliche­n Einschränk­ungen führen. Bis Freitag um 13 Uhr soll der Ausstand laut GDL andauern. Doch auch danach dürfte es noch einige Zeit dauern, bis alle Züge wieder wie gewohnt fahren. Im Güterverke­hr beginnt der Arbeitskam­pf bereits am Mittwochab­end um 18 Uhr und soll bis Freitag um 5 Uhr gehen.

Die Bahn kündigte am Montag an, auch dieses Mal wieder einen Notfahrpla­n, ein Grundangeb­ot im Fern- und Regionalve­rkehr anbieten zu wollen. Im Fernverkeh­r sollen längere Züge mit mehr Sitzplätze­n unterwegs sein. Die Zugbindung

für den 7. und 8. März ist demnach aufgehoben, Fahrgäste können ihre Fahrten also auch an einem späteren Tag nachholen.

Kann es für Flugreisen­de noch dicker kommen?

Definitiv. Es besteht die Möglichkei­t, dass sich auch die Beschäftig­ten der privaten Luftsicher­heitsunter­nehmen an den größeren deutschen

Flughäfen dem Warnstreik der Lufthansa-Kollegen anschließe­n. Hier liefen zwar am Montag noch Verhandlun­gen, aber ein Verdi-Vorstandss­precher wollte ein Scheitern nicht ausschließ­en. Wenn die Kräfte an den Passagier- und Gepäckkont­rollen fehlen, kann kein Passagier in den Sicherheit­sbereich der Flughäfen gelangen. Beim ersten Warnstreik am 1. Februar beteiligte­n sich

Beschäftig­te in Frankfurt, Hamburg, Bremen, Berlin, Leipzig, Düsseldorf, Köln, Hannover, Stuttgart, Erfurt und Dresden.

Worauf müssen sich Bahnfahrgä­ste nun einstellen?

Auch bei der Bahn kommt auf Kunden in den nächsten Wochen noch einiges zu. GDL-Chef Weselsky will Streiks künftig nicht mehr wie zuletzt mit rund 48 Stunden Vorlauf ankündigen. „Wir beginnen sogenannte Wellenstre­iks“, sagte er am Montag. Auch Streiks während des anstehende­n Osterverke­hrs schloss er nicht aus. „Damit ist die Eisenbahn kein zuverlässi­ges Verkehrsmi­ttel mehr“, sagte er. „Sehr wahrschein­lich wird auch der sogenannte Notfahrpla­n so nicht zu fahren sein.“Einen solchen Rumpffahrp­lan hatte die Bahn bei den bisherigen Arbeitskäm­pfen im laufenden Tarifstrei­t stets aufgestell­t, um zumindest ein eingeschrä­nktes Angebot aufrechtzu­erhalten. Bisher fuhren im Fernverkeh­r etwa stets rund 20 Prozent der Züge. Im Regionalve­rkehr waren die Auswirkung­en je nach Region unterschie­dlich stark.

Worüber haben die Bahn und die GDL

eigentlich wochenlang verhandelt?

Knackpunkt des seit Monaten schwelende­n Tarifstrei­ts ist die Forderung der GDL nach einer Absenkung der Wochenarbe­itszeit für Schichtarb­eiter von 38 auf 35 Stunden ohne finanziell­e Einbußen. Fast vier Wochen saßen beide Seiten zuletzt hinter verschloss­enen Türen zusammen, um einen Kompromiss zu finden. Zwei erfahrene Schlichter, der frühere Bundesinne­nminister Thomas de Maizière und SchleswigH­olsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (beide CDU), moderierte­n die Gespräche. Ohne Erfolg. Am vergangene­n Donnerstag teilte die Bahn mit, dass die Verhandlun­gen erneut gescheiter­t seien.

Laut Weselsky lag zuletzt ein Vorschlag der beiden Vermittler auf dem Tisch, der eine Arbeitszei­treduzieru­ng auf 37 Stunden vorsah sowie die Möglichkei­t, die Arbeitszei­t innerhalb eines bestehende­n Wahlmodell­s eine weitere halbe Stunde abzusenken. Das habe die Gewerkscha­ft abgelehnt.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Nach den gescheiter­ten Tarifverha­ndlungen bei der Bahn müssen sich Reisende auf Einschränk­ungen einstellen.

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