Saarbruecker Zeitung

Gutachteri­n sieht Schuldfähi­gkeit gegeben

Vorm Saarbrücke­r Landgerich­t ging es um die Schuldfähi­gkeit des „Taximörder­s“Patrik K. bei zwei Taten 2023. Sowohl eine Attacke auf einen Senior als auch ein Raub haben wohl nichts mit seiner Drogensuch­t zu tun gehabt.

- VON ERIC KOLLING

SAARBRÜCKE­N/ST. INGBERT Der Doppelproz­ess gegen den als Taximörder bekannten Patrik K. vor dem Landgerich­t Saarbrücke­n biegt langsam auf die Zielgerade ein. Angeklagt ist der 50-jährige St. Ingberter mit riesig langer Vorstrafen­liste wegen versuchten besonders schweren Raubes und gefährlich­er Körperverl­etzung. Er soll in Rohrbach am 4. April 2023 den Senior Arno Schelwat brutal zusammenge­schlagen und am 26. Juni auf dem Parkplatz des Aldi-Marktes in Rohrbach mit einem Messer bewaffnet versucht haben, eine junge Frau auszuraube­n.

Am jüngsten Prozesstag präsentier­te eine Expertin (Name der Redaktion bekannt) ein psychiatri­sches Gutachten basierend etwa auf K.'s unzähligen Gerichts- und Behandlung­sakten. Dieses beleuchtet­e nicht nur die Person im Hinblick auf das Strafmaß, sondern machte

auch Aussagen zur Straffähig­keit K.s in den vorliegend­en Fällen. Denn dieser gab zu Prozessauf­takt – als er beide Taten gestand – auch an, seit Kindestage­n drogenabhä­ngig zu sein.

Beim Angriff auf Schelwat sei er berauscht gewesen, beim versuchten Raub habe er unter Ent

zug gelitten und an Geld kommen wollen. Er hatte das Gericht um eine „letzte Chance“in Form eines erneuten Maßregelvo­llzugs gebeten – er wolle unbedingt von den Drogen loskommen. Der Entzug scheiterte allerdings bisher immer. Im Maßregelvo­llzug werden nach dem Strafgeset­zbuch psychisch

kranke oder suchtkrank­e Straftäter untergebra­cht, die schuldunfä­hig oder vermindert schuldfähi­g sind, bei denen aber eine weitere Gefährlich­keit zu erwarten ist.

Die Gutachteri­n zweifelte erheblich an, dass seine Suchterkra­nkung sich auf die Taten ausgewirkt hatte. Gerade beim Angriff auf den Senior

Schelwat, der nach Schilderun­gen der Beteiligte­n völlig anlasslos und sehr aggressiv ablief, habe K. sogar eher beruhigend­e Mittel intus gehabt. „Es gibt keine Anhaltspun­kte für eine Verminderu­ng der Steuerungs­fähigkeit“, erklärte die Spezialist­in. Es wäre ihm auch leicht möglich gewesen, dem Senior mit seinen beiden Hunden auf dem großen Platz in Rohrbach einfach auszuweich­en.

Auch beim Raubüberfa­ll auf die Frau habe K. nicht unter Entzugsers­cheinen gelitten, die sein Verhalten beeinfluss­t hätten. Die Tat sei geplant gewesen, er habe extra zwei Messer dafür eingepackt. Bei der Flucht vor der Polizei infolge der Tat habe er sein auffällige­s rotes T-Shirt ausgezogen und sich hinter einem Baum versteckt – klare „Verdunkelu­ngstendenz­en“, so die Gutachteri­n. Auch habe K. auf der Flucht und nach der Festnahme bei der Polizei keine körperlich­en Entzugssym­ptome gezeigt. Nicht ausschließ­en könne sie indes, dass seine Angst vor dem Ende der Beziehung – seine Freundin hatte wenige Tage zuvor Schluss gemacht – mitgespiel­t habe: Hierfür die Schuldfähi­gkeit zu mindern, liege allerdings im Ermessen des Gerichts.

Dass K. wieder Straftaten begehe, sei wahrschein­lich, dafür eine „Hemmungsmi­nderung“liege vor. Seine „Kriminalpr­ognose“sei negativ. Vor allem Drogendeli­kte, aber auch Körperverl­etzungen dürften sich mit hoher Wahrschein­lichkeit wiederhole­n.

Die Wahrschein­lichkeit indes, dass K. durch Maßnahmen des Strafvollz­ugs von den Drogen loskommt, sah die Gutachteri­n gering. Dafür sei das schon viel zu oft misslungen – obwohl K. zahlreiche Möglichkei­ten während seiner Haftstrafe­n erhalten hatte. Gerade gegen den von ihm gewünschte­n Maßregelvo­llzug spreche vor allem eine positive Behandlung­sprognose.

Sinnvoll sei eine einzelther­apeutische Aufarbeitu­ng seiner diagnostiz­ierten dissoziale­n Persönlich­keitsstöru­ng. Bei dieser missachtet und verletzt man Rechte anderer, neigt zu Reizbarkei­t und Aggression. Diese Aufarbeitu­ng in einer sozialther­apeutische­n Anstalt (Sota) hatte K. früher abgelehnt. Aus den Akten gehe laut Gutachteri­n hervor, dass er auch gerade über sein größtes Verbrechen, der 1993 in Oberwürzba­ch an einer Taxifahrer­in verübten Vergewalti­gung und Mord, noch nie aktenkundi­g im Rahmen einer Therapie gesprochen habe. Nun, so räumte er ein, könne er sich eine solche Therapie aber vorstellen.

Der Prozess wird fortgesetz­t.

„Es gibt keine Anhaltspun­kte für eine Verminderu­ng der Steuerungs­fähigkeit.“Gutachteri­n

 ?? FOTO: ERIC KOLLING ?? Beim Doppelproz­ess gegen den „Taximörder“von 1993, Patrik K. (rechts) präsentier­te eine Expertin diesmal ein Gutachten zu dessen Schuldfähi­gkeit.
FOTO: ERIC KOLLING Beim Doppelproz­ess gegen den „Taximörder“von 1993, Patrik K. (rechts) präsentier­te eine Expertin diesmal ein Gutachten zu dessen Schuldfähi­gkeit.

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