Parlamentarierrat spricht über käuflichen Sex in Grenzregion
In Frankreich ist Prostitution seit mehreren Jahren illegal. Experten berichteten jetzt von Erfahrungen, die der Nachbar damit gemacht hat.
Während Frankreich seit ein paar Jahren schon die Freier von käuflichem Sex mit deftigen Strafen bedroht, ist Prostitution in Deutschland innerhalb eines strengen gesetzlichen Schutzrahmens für die betroffenen Frauen legalisiert. Die Folge davon: In der Grenzregion Saarland-Lothringen, wo in Saarbrücken auf großen Plakatwänden seit langem offen für Bordelle geworben wird, häufen sich die Probleme um Zwangsprostitution und Menschenhandel, sodass sich jetzt der Interregionale Parlamentarierrat (IPR) der Großregion auch in einer Expertenanhörung damit beschäftigt hat.
„Alleine in Saarbrücken arbeiten etwa 1000 Prostituierte, so viele wie in der Millionenstadt München – und wegen der Grenznähe hat sich das Problem hier noch verschärft“, beklagte Yvonne Veith, die Sprecherin des über den Deutsch-Französischen Bürgerfonds geförderten und sich aus Spenden finanzierenden ehrenamtlichen Vereins Hadassah. Er setzt sich für ein Prostitutionsverbot ein und hilft betroffenen Frauen beim Ausstieg aus der Szene. Jede zweite Prostituierte, so eine Studie, habe bereits Gewalt erfahren, betonte Veith: „Die jetzige Gesetzgebung bei uns ist ein offenes Tor für Menschenhandel“. Die Sprecherin verlangte ein Verbot von käuflichem Sex und eine Bestrafung für Freier auch bei uns in Deutschland, nach dem sogenannten „Nordischen Modell“, das Frankreich praktiziere und neuerdings auch Spanien überlege.
Der ehemalige Kriminaldirektor und Buchautor Manfred Paulus (Ulm) sagte, da in Deutschland mindestens 400 000 Prostituierte arbeiteten, aber nur 28 000 davon angemeldet seien, wie es das Gesetz vorschreibt, gebe es praktisch überhaupt keine legale Prostitution. „Das Prostitutionsgewerbe ist eigentlich nichts anderes als ein Geschäftsfeld der organisierten Kriminalität.“
Mehr als 90 Prozent der Prostituierten bei uns kämen aus armen Ländern in Osteuropa, Südostasien, Afrika oder Südamerika, würden dort mit Versprechungen angeworben, über Transitländer eingeschleust und dann von der Schuldenfalle bis zu Drogen und Gewaltanwendungen gefügig und abhängig gemacht: „Eine Frau kann dann nirgendwo hilfloser sein als in einem deutschen Bordell“, sagte Paulus.
Er plädierte für ein Prostituiertenverbot für unter 21-Jährige, was schon fast 70 Prozent des Menschenhandels mit der Ware Frau und Kind beseitige, sowie eine polizeiliche An- und Abmeldepflicht der als Sexarbeiterinnen sprachlich verharmlosten Opfer.
Frédéric Boisard, Leiter von Sensibilisierungsworkshops für bestrafte Sexkäufer in Frankreich, sagte: „Prostitution ist immer auch mit Gewalt verbunden“. Oftmals seien Opfer schon in der Jugend sexuell missbraucht worden. Das in Frankreich verhängte Sexkaufverbot werde in den verschiedenen Départments des Landes sehr unterschiedlich, streng oder lax, gehandhabt.
Bislang seien 8000 Freier als Nutzer sexueller Dienstleistungen bestraft worden, mit Geldbußen bis zu 1500 Euro oder auch Strafen bis 100 000 Euro und bis zu drei Jahren Gefängnis in schwerwiegenden Wiederholungsfällen sowie bei Sex mit Kindern, was als Vergewaltigung gewertet werde. Boisards Fazit: 78 Prozent der befragten Franzosen nennen in einer Studie das Gesetz eine gute Sache zur Vorbeugung und Bekämpfung von Kriminalität. Dazu funktionierten die Ausstiegsprogramme für die noch 40 000 Prostituierten in Frankreich immer besser. „Und es gibt immer Bestrafungen von Freiern, aber auch Gegner dieser Regelung“.
Ein Fazit zog auch Roland Theis (CDU), Vorsitzender der Kommission für Sicherheit und Katastrophenschutz des IPR, er sprach sich für die Einführung des Nordischen Modells und damit für ein Sexkaufverbot aus.