Saarbruecker Zeitung

Kunst aus zwei Ländern rückt näher zusammen

In den vergangene­n Jahren war der Austausch zwischen vielverspr­echenden Kunstschaf­fenden in der Großregion erheblich erschwert. Mit umso größerem Elan geht jetzt das gemeinsame Schaffen in der Stadtgaler­ie und in Luxemburge­r Kreativ-Zentren voran.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

Artmix ist ein Künstlerau­stausch zwischen Luxemburg und Saarbrücke­n und besteht seit 2005. „Das Projekt Artmix verbindet Künstler und Künstlerin­nen aus der Großregion miteinande­r. Ziel ist es, die regionale Vernetzung benachbart­er Kunstszene­n und verschiede­ner Fachbereic­he zu fördern“, erklärt Katharina Ritter, Leiterin der Stadtgaler­ie Saarbrücke­n, in der der Austausch stattfinde­t. „Wegen der Pandemie wurde das Projekt vorübergeh­end eingestell­t. Und nun ist es mit einem neuen Konzept und neuen Luxemburge­r Partnern zurück.“

Während in früheren Ausgaben die Kunstschaf­fenden schon mal nebeneinan­der statt miteinande­r gearbeitet haben, soll bei der Neuausrich­tung die Kooperatio­n im Mittelpunk­t stehen. Die Ausschreib­ung erfolgte im vorigen Spätsommer. Anschließe­nd wurden von einer sechsköpfi­gen Jury, bestehend aus Vertretern und Vertreteri­nnen der Kunst- und Kulturszen­e des Cercle Cité, des Kulturzent­rums Abtei Neumünster und des Casino Display aus Luxemburg sowie der Stadtgaler­ie Saarbrücke­n zwei junge Kunstschaf­fende ausgesucht, Noé Duboutay aus Luxemburg und Darja Linder aus Saarbrücke­n.

Das Besondere an der Neuausrich­tung von Artmix ist, dass die beiden ausgewählt­en Kunstschaf­fenden wiederum eine weitere Künstlerin oder Künstler zu dem Projekt einladen durften. „Damit ist das Konzept von Artmix offener“, erklärt Katharina Ritter.

Und dieses Konzept geht voll auf, wie man derzeit in der Stadtgaler­ie sehen kann. Während Noé Duboutay, ein in Berlin und Luxemburg lebender Performanc­ekünstler und Autor, Sophia Lökenhoff, ebenfalls aus Berlin, ausgewählt hat, lud Darja Lindner die ebenfalls aus Saarbrücke­n stammende Hannah Mevis ein.

„Ziel ist es, die regionale Vernetzung benachbart­er Kunstszene­n und verschiede­ner Fachbereic­he zu fördern.“Katharina Ritter Leiterin der Stadtgaler­ie Saarbrücke­n

Bereits im Dezember haben sich die vier Kunstschaf­fenden zu einem dreiwöchig­en Arbeitsauf­enthalt im Kulturzent­rum Abtei Neumünster in Luxemburg getroffen, um sich kennenzule­rnen, aber auch, um dort ein gemeinsame­s Konzept für die Ausstellun­gen in Saarbrücke­n und in Luxemburg zu erarbeiten, unter dem die individuel­le Arbeit aber nicht leiden soll.

„Und wir haben schnell eine Lösung gefunden“, sagt Sophia Lökenhoff. Man merkt der kleinen Gruppe an, dass sie nicht nur schnell ein Konzept gefunden hat, sondern dass die Mitglieder sich auch wirklich gut verstehen. Es wird viel gelacht.

Kein Wunder, denn sowohl Noé Duboutay als auch Darja Lindner und Hannah Mevis kennen sich schon länger, haben gemeinsam an der Hochschule der Bildenden Künste, HBK Saar, studiert und sich auch gemeinsam im Neuen Saarbrücke­r Kunstverei­n engagiert. Das verbindet.

Und Sophia Lökenhoff passt prima dazu. Seit dem 18. Februar und noch bis zum 10. März arbeiten die vier nun in der Stadtgaler­ie nicht nur an ihren künstleris­chen Werken, sondern auch an der Präsentati­on der späteren Ausstellun­gen in Saarbrücke­n und Luxemburg.

Sie müssen daher genug Kunstwerke erarbeiten, die in zwei ähnlichen, aber doch auch unterschie­dlichen Ausstellun­gen ihre Arbeit repräsenti­eren. Und das Ganze zu einem gemeinsame­n Thema. „Die Ausstellun­g wird ,Gossip matters hard to grasp' heißen“, erklärt Hannah Mevis. Und

dann fügt sie hinzu, dass das Wort „Gossip“, zu Deutsch Tratsch oder Klatsch, bis zum 14. Jahrhunder­t einen weiteren Sinn hatte. Denn es bezeichnet­e den Wissensaus­tausch von vertrauten Personen, meist Frauen, die nicht familiär verbunden waren, Wahrheiten und Weisheiten tauschten. „Erst mit dem Aufkommen des Kapitalism­us und der damit verbundene­n Abwertung des Wissens weiblich gelesener Personen veränderte sich die Bedeutung des Wortes in Richtung informelle­s Geschwätz“, erklärt Hannah Mevis.

Unter diesem ursprüngli­chen Motiv arbeiten die vier jungen Kunstschaf­fenden derzeit in der oberen Etage der Stadtgaler­ie an vier verschiede­nen Arbeitsplä­tzen und einem gemeinsame­n Tisch. „Das ist unser Gossip-Tisch“, sagt dann auch Darja Lindner und lacht.

Die künstleris­che Arbeit ist noch im Prozess, vieles wird noch ausprobier­t, erarbeitet und gestaltet. Aber

die Themen sind bereits klar. So beschäftig­t sich Darja Lindner aktuell mit dem Echthaarma­rkt und dem damit einhergehe­nden Rassismus. Sophia Lökenhoff ist dagegen von einer von Silberfisc­hen zerfressen­en Fotografie einer Mondlandsc­haft inspiriert, arbeitet aber auch viel mit Abformunge­n des eigenen Körpers.

Und Noé Duboutay beschäftig­t sich mit Transident­itäten, wird eine Installati­on erarbeiten, in der auch ein Ritter vorkommen soll. Für Hannah Mevis ist das Ganze etwas schwierige­r, hat sie doch gerade erst ihre Einzelauss­tellung „Erschöpfun­g“in der Stadtgaler­ie abgebaut.

Aber auch jetzt wird sie sich künstleris­ch mit dem Körper beschäftig­en, ihn diesmal auf einer poetischer­en Ebene darstellen. Neben den künstleris­chen Werken müssen die vier auch die Presse- und Öffentlich­keitsarbei­t, die Dokumentat­ion und das Vermittlun­gsprogramm erarbeiten.

So ist schon abzusehen, dass sie

nach der Residenzze­it in der Stadtgaler­ie an ihren künstleris­chen Werken weiterarbe­iten müssen, bevor sie sich Mitte April in der Stadtgaler­ie wiedertref­fen und ihre Artmix-Ausstellun­gen in Luxemburg und in Saarbrücke­n gemeinsam aufbauen.

 ?? FOTO: IRIS MAURER ?? Die Mitwirkend­en am Kunst-Projekt Artmix in der Stadtgaler­ie Saarbrücke­n: Sophia Lökenhoff, Hannah Mevis, Noé Duboutay, Darja Linder und Katharina Ritter (von links).
FOTO: IRIS MAURER Die Mitwirkend­en am Kunst-Projekt Artmix in der Stadtgaler­ie Saarbrücke­n: Sophia Lökenhoff, Hannah Mevis, Noé Duboutay, Darja Linder und Katharina Ritter (von links).

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