Frauen links, Männer rechts
Eine Meldung der „Financial Times“schreckte vor einigen Wochen die Medien auf: Bei jungen Wählern zeigt sich seit 2017, als die „Me Too“-Bewegung Fahrt aufnahm, weltweit erstmals ein deutlicher Geschlechterunterschied in der politischen Orientierung. Junge Frauen tendieren eher nach links, junge Männer nach rechts. In Deutschland gilt nicht der weibliche Linksdrall als erklärungsbedürftig, sondern der männliche Rechtsdrall. Man erkennt darin fortschreitenden moralischen Verfall, den man sich nur mit der Angst vor dem Statusverlust erklären kann. Ein deutscher Demokratieforscher erinnert sorgenvoll an Yoda: „Angst ist der Weg zur dunklen Seite.“
Aber sind wirklich die jungen Männer das Problem oder nicht vielmehr diejenigen, die sich nichtlinke Meinungen nur mit psychischen und moralischen Defiziten erklären können? Der demokratische Meinungsbildungsprozess benötigt progressive und konservative Stimmen. Ich möchte eine ganz banale Erklärung anbieten: Menschen haben schon immer das gewählt, was ihre Interessen am besten fördert. Die Frauenförderprogramme, die vor allem von den linken Parteien vorangetrieben wurden, und die „Me Too“-Bewegung haben die Gesellschaft vor allem für Frauen verbessert. Sie haben mehr Möglichkeiten, beruflich aufzusteigen, während es für männliche Vorgesetzte viel schwieriger ist, Abhängigkeitsverhältnisse sexuell auszunutzen. Das begrüßen auch die meisten Männer, vor allem die jungen. „Me Too“hat jedoch unvermeidlich auch Anreize für falsche oder übertriebene Anschuldigungen geschaffen, von denen Männer viel häufiger betroffen sind als Frauen. Auch durch ehrgeizige Gleichstellungsprogramme (nicht zu verwechseln mit Chancengleichheit), die in manchen Kontexten wichtig sein können, werden Männer zwangsläufig benachteiligt. Und sofern Männer nicht altruistischer sind als Frauen, ergeben sich daraus vollkommen rationale Gründe, Parteien mit einer schwächeren Frauenförderungspolitik zu wählen.