Was die Länder bei der Migration fordern
Wenn sich die Ministerpräsidenten und der Kanzler heute zu Beratungen treffen, wird das Thema Migration im Mittelpunkt stehen. Die Länder fordern eine klare Begrenzung der Flüchtlingszahlen.
Schon beim Bund-LänderTreffen im November 2023 haben die Bundesländer eine klare Begrenzung der irregulären Migration gefordert und den Druck auf den Bund erhöht. An diesem Mittwoch findet die nächste Ministerpräsidentenkonferenz statt, auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird dabei sein. Das Thema Migration wird die Debatte beherrschen – und es dürfte ein schwieriges
Treffen werden.
Bezahlkarte:
Die bundesweite, guthabenbasierte Karte für Asylbewerber wird kommen – so viel steht schon jetzt fest. Sie soll künftig einen Teil der Bargeldleistungen für Asylbewerber ersetzen. Die konkrete Ausgestaltung, etwa die Höhe des Guthabens und der verbleibenden Bargeldzahlung, sollen die Länder aber individuell festlegen. Fest steht inzwischen auch, dass es eine Gesetzesänderung auf Bundesebene geben wird. Künftig soll die Bezahlkarte explizit als Option in das Asylbewerbergesetz aufgenommen werden. Was ist also noch strittig? Die Länder machen Druck, dass die Gesetzesänderung schnell beschlossen wird. Denn die Bezahlkarte soll noch in diesem Jahr eingeführt werden. Nun ist der Bundestag gefragt, der über das Gesetz beraten und abstimmen muss.
Asylverfahren in Drittstaaten:
Um die Migration zu begrenzen, befürworten die Länder, dass Asylverfahren künftig außerhalb der Europäischen Union stattfinden sollen. Zumindest hatten sie den Bund im November aufgefordert, eine solche Drittstaatenlösung zu prüfen und „mit hohem Nachdruck“Verhandlungen auf europäischer und internationaler Ebene „unverzüglich“aufzunehmen. Im Bundesinnenministerium fand dazu kürzlich ein Austausch mit Sachverständigen statt. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) will bei der MPK über den Stand der internen Prüfung berichten. Die Umsetzung der Drittstaatenregelung liegt aber in weiter Ferne. Dazu gibt es zu viele offene Fragen, etwa ob es auch Geflüchtete betreffen soll, die schon in Deutschland angekommen sind, wer die Asylverfahren durchführt oder wessen Recht gilt. Bisherige Ansätze haben jedenfalls nicht funktioniert, wie das viel diskutierte Ruanda-Modell Großbritanniens zeigt.
Abschiebungen:
Gefordert werden schnellere Abschiebungen von Per
sonen, die kein Bleiberecht haben. Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge waren Ende Januar zwar fast 240 000 Menschen ausreisepflichtig. Davon hatten aber mehr als 190 000 Personen eine Duldung und können aus bestimmten Gründen vorübergehend nicht abgeschoben werden. Es geht also um etwa 50 000 Personen, die abgeschoben werden könnten. Vor einer Woche trat das sogenannte Rückführungsverbesserungsgesetz in Kraft, das Abschiebungen beschleunigen soll. Das Ziel
ist, dadurch insbesondere Straftäter, Schleuser oder Gefährder wie mutmaßliche Terroristen schneller loszuwerden. Behörden haben damit mehr Möglichkeiten, Menschen die ausreisepflichtig sind, zu finden und am Untertauchen zu hindern.
Arbeit: Immer mehr Kommunen wollen eine Arbeitspflicht für Asylbewerber einführen. Dahinter steckt eine Regelung, die es seit Jahren gibt, von der aber bislang offenbar kaum Gebrauch gemacht wurde.
Sie ist in Paragraf 5 des Asylbewerberleistungsgesetzes enthalten: Demnach soll Asylbewerbern in Gemeinschaftsunterkünften soweit wie möglich gemeinnützige Arbeit angeboten werden. Dafür ist eine Aufwandsentschädigung von 80 Cent pro Stunde vorgesehen. Lehnen sie ohne triftigen Grund ab, können die Sozialleistungen gekürzt werden. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sprach von einer „seltsamen Debatte zur Arbeitspflicht für Flüchtlinge“. Er sagte unserer Redaktion: „Wer das sozialversicherungspflichtige Arbeiten verbietet, kann doch nicht gleichzeitig von einer Arbeitspflicht mit 80 Cent Stundenlohn reden. Das passt überhaupt nicht zusammen.“Auch sei es schon lange möglich, Flüchtlingen in den Kommunen gemeinnützige Arbeit zu geben. „Von Arbeitspflicht zu reden ist vielleicht verbal radikal, aber es läuft dem hinterher, was längst gemacht werden kann“, so Ramelow.
Eine weitere Maßnahme ist der „Job-Turbo“für ukrainische Flüchtlinge: Jobcenter sollen sich stärker bemühen, etwa 500 000 Ukrainerinnen und Ukrainer aus dem Bürgergeldbezug und in einen Job zu holen. Allerdings hat dieses Instrument in den ersten Monaten noch keine sichtbaren Erfolge gezeigt.
Grenzkontrollen:
Am 16. Oktober 2023 hatte Innenministerin Faeser feste Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz eingeführt. Sie argumentierte, damit kriminellen Schleusern das Handwerk legen zu wollen. Die Kontrollen wurden bereits zwei Mal verlängert und gelten nun vorerst bis Mitte Juni. Seit der Einführung gehen die Zahlen unerlaubter Einreisen tatsächlich deutlich zurück: von mehr als 21 300 im September 2023 auf unter 7000 im Januar (Zahlen der Bundespolizei, für Februar liegt noch nichts vor). Faeser sieht sich dadurch in ihrem Kurs bestätigt. Vor allem die unionsgeführten Länder dringen nun auf eine Verlängerung der Grenzkontrollen. Solange, bis das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) funktioniert. Bis die GEAS-Reform umgesetzt ist, kann es noch einige Jahre dauern.