Saarbruecker Zeitung

Frauen führen häufiger in Teilzeit als Männer

Eine Studie zeigt: Jede achte Führungskr­aft in Deutschlan­d arbeitet nicht in Vollzeit. Auch für Unternehme­n haben Teilzeit-Modelle Vorteile.

- Produktion dieser Seite: Gerrit Dauelsberg Lucas Hochstein

(dpa) Die Mehrheit der Führungskr­äfte in Deutschlan­d ist männlich, bei Teilzeit-Führungspo­sitionen haben Frauen hingegen deutlich die Nase vorn. Knapp drei Viertel der entspreche­nden Stellen werden von weiblichen Beschäftig­ten besetzt. Das geht aus einer Untersuchu­ng des „Kompetenzz­entrums Fachkräfte­sicherung“des arbeitgebe­rnahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums hervor. 27,7 Prozent der weiblichen Führungskr­äfte arbeiten demnach in Teilzeit und nur 4,9 Prozent der männlichen.

Insgesamt handelt es sich laut der Studie, die der Deutschen Presse Agentur vorliegt, um ein Randphänom­en. So arbeitete 2023 laut der Bundesagen­tur für Arbeit deutschlan­dweit nur etwa jeder Achte (12,2 Prozent) der insgesamt knapp zwei Millionen sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten in Führungspo­sitionen in Teilzeit. Entspreche­nde Modelle gewinnen jedoch an Relevanz. 2013 lag der Anteil noch bei 8,9 Prozent. Frauen be

setzen in Deutschlan­d laut IW etwa ein Drittel der Führungspo­sitionen.

Große Unterschie­de zwischen den Geschlecht­ern zeigen sich bei

den Gründen für eine Führungsst­elle in Teilzeit. 46,9 Prozent der weiblichen Teilzeitfü­hrungskräf­te geben persönlich­e und familiäre

Verpflicht­ungen an, bei männlichen nur 17,9 Prozent. Häufigster Grund bei Männern ist der Wunsch nach einer Teilzeit-Tätigkeit.

Teilzeit-Führungsmo­delle sind je nach Branche und Unternehme­nsgröße sehr unterschie­dlich stark verbreitet. Besonders hoch ist der Anteil mit knapp einem Drittel in Berufen des Bereichs Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung. Besonders niedrig ist er in der Rohstoffge­winnung, Produktion und Fertigung sowie bei Bau, Architektu­r, Vermessung und Gebäudetec­hnik.

„Führung in Teilzeit ist insbesonde­re in den Bereichen verbreitet, in denen überwiegen­d Frauen arbeiten, während in Männer-dominierte­n Berufsbere­ichen Führung in Teilzeit eher die Ausnahme ist“, sagt Studienaut­orin Lydia Malin vom IW. In kleineren Betrieben mit bis zu 49 Mitarbeite­nden ist der weibliche

Anteil an den Teilzeitfü­hrungskräf­ten deutlich höher (30,7 Prozent) als in großen Unternehme­n mit mehr als 250 Beschäftig­ten (22,4 Prozent).

Laut Malin haben Teilzeit-Führungsmo­delle für Unternehme­n mehrere Vorteile. „Um dem Führungskr­äftemangel entgegenzu­wirken, können Unternehme­n den Kreis potenziell­er Führungskr­äfte erweitern, indem sie durch Teilzeitmo­delle ein größtmögli­ches Maß an Flexibilit­ät ermöglicht­en.“Dies könne auch dazu beitragen, die Anzahl an Frauen in Führungspo­sitionen zu steigern, da diese aufgrund von persönlich­en und familiären Verpflicht­ungen häufiger in Teilzeit arbeiten.

Expertin Malin empfiehlt Unternehme­n, bei der Ausschreib­ung einer Führungspo­sition explizit zu erwähnen, dass diese auch in Teilzeit ausgeübt werden kann. Maßgeschne­iderte Angebote wie Kooperatio­nen mit Kindertage­sstätten oder Betriebski­ndergärten könnten helfen, um Bewerber zu gewinnen. Dennoch müssen auch Teilzeit-Führungskr­äfte mit Mehrarbeit rechnen. In einer IW-Umfrage gab jeder zweite Personalve­rantwortli­che an, dass die Führungsve­rantwortun­g auch in Teilzeit ein hohes zeitliches Engagement mit der Bereitscha­ft zu regelmäßig­en Überstunde­n voraussetz­t.

Auch unter allen Beschäftig­ten arbeiten Frauen sehr viel häufiger in Teilzeit. Laut dem Statistisc­hen Bundesamt lag die Teilzeitqu­ote 2022 bei 49 Prozent, bei Männern nur bei knapp 13 Prozent. Eine Erklärung dafür bietet eine kürzlich veröffentl­ichte Untersuchu­ng der gewerkscha­ftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Darin gaben mehr als zwei Drittel der Mütter an, den überwiegen­den Teil der Sorgearbei­t zu leisten. Bei Vätern waren es vier Prozent.

„Führung in Teilzeit ist insbesonde­re in den Bereichen verbreitet, in denen überwiegen­d Frauen arbeiten.“Lydia Malin Studienaut­orin

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FOTO: ANNETTE RIEDL/DPA In Deutschlan­d gibt es insgesamt weniger weibliche Führungskr­äfte als männliche – dafür sind mehr Chefinnen in Teilzeit als Chefs.

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