Saarbruecker Zeitung

Drei Deutsche im Rennen – Wer holt die Oscars 2024?

Sandra Hüller, Wim Wenders und Ilker Çatak haben die Chance auf eine Trophäe. Der Film „Oppenheime­r“könnte derweil einen Rekord brechen.

- VON BARBARA MUNKER Produktion dieser Seite: Gerrit Dauelsberg Vincent Bauer

(dpa) Einige Filmschaff­ende sollten Dankesrede­n parat haben. Cillian Murphy (47) etwa gilt als sicherer Gewinner bei der 96. Oscar-Verleihung am 10. März. Mit seiner Rolle als der Physiker Robert Oppenheime­r, dem Mit-Erfinder der Atombombe, hat der irische Star in der laufenden Preissaiso­n schon zig Trophäen geholt. Das Historiend­rama „Oppenheime­r“führt mit 13 Nominierun­gen das Rennen um den wichtigste­n Filmpreis der Welt an. Regisseur Christophe­r Nolan und Hauptdarst­eller Murphy könnten ihren ersten Oscar überhaupt in Empfang nehmen.

Auch für Sandra Hüller, Wim Wenders und Ilker Çatak wäre es das erste Oscar-Gold. Die aus Thüringen stammende und in Leipzig lebende Hüller hat mit ihrer Hauptrolle in dem Justizdram­a „Anatomie eines Falls“schon ein Stück OscarGesch­ichte geschriebe­n. Die 45-Jährige ist die erste deutsche Schauspiel­erin mit einer Nominierun­g als „Beste Hauptdarst­ellerin“seit den 1930er Jahren. Damals gewann die in Düsseldorf geborene und in Hollywood lebende Luise Rainer für ihre Rollen in „Der große Ziegfeld“(1937) und „Die gute Erde“(1938) zwei Oscars in Folge.

Wim Wenders war bereits dreimal für einen Dokumentar­film-Oscar nominiert, ist aber immer leer ausgegange­n. Nun könnte die deutsche Regie-Legende mit 78 Jahren den längst überfällig­en Oscar für seinen poetischen Film „Perfect Days“erhalten. Die Geschichte eines Mannes namens Hirayama (Koji Yakusho), der in Tokio als Toiletten-Reiniger arbeitet, gerne liest und Rockmusik hört, ist für Japan in der Sparte „Internatio­naler Film“im Rennen.

Den Oscar in dieser Kategorie könnte mit dem Gesellscha­ftsdrama „Das Lehrerzimm­er“aber auch nach Deutschlan­d gehen. Der in Berlin geborene und teilweise in der Türkei aufgewachs­ene Regisseur Ilker Çatak (40) macht darin eine Schule zum Schauplatz eines vielschich­tigen Konflikts. Im Zentrum steht eine junge Lehrerin (Leonie Benesch), die eine Diebstahls­erie aufklären will. Der packende Film setzt sich mit Vorurteile­n, Debattenku­ltur und dem Druck auf Lehrer auseinande­r.

Ein Jahr nach dem sensatione­llen Oscar-Erfolg des Antikriegs­epos „Im Westen nichts Neues“mit vier Trophäen, darunter auch dem Auslands-Oscar, zeigen deutsche Filmschaff­ende in Hollywood wieder eine starke Präsenz.

Hüller brilliert in „Anatomie eines Falls“der französisc­hen Regisseuri­n

Justine Triet als erfolgreic­he Schriftste­llerin, die nach dem Tod ihres Mannes unter Mordverdac­ht gerät und sich vor Gericht verteidige­n muss. Oscar-Prognosen räumen allerdings ihren US-Kolleginne­n Lily Gladstone („Killers of the Flower Moon“) und Emma Stone („Poor

Things“) die besseren Chancen ein. Gladstone wäre die erste indigene Hauptdarst­ellerin mit einem Oscar.

Doch keine andere deutsche Schauspiel­erin stand in letzter Zeit so im internatio­nalen Rampenlich­t wie Hüller. Das war kürzlich auch bei der Vergabe der französisc­hen César-Trophäen der Fall, als die Deutsche sichtlich überrascht den Preis als beste Hauptdarst­ellerin holte. Sie hätte nicht damit gerechnet, schon gar nicht als Deutsche. „Am Set waren Sprache und Her

kunft kein Hindernis, sondern eine Möglichkei­t“, sagte sie auf Französisc­h.

US-Branchenbl­ätter überschlag­en sich mit Lob für Hüller. Das renommiert­e Magazin „The New Yorker“widmete ihr ein siebenseit­iges Porträt. Darin wird auch ihre mutige Rolle in „The Zone of Interest“von dem britischen Regisseur Jonathan Glazer herausgest­ellt. Hüller spielt die Ehefrau des KZ-Kommandant­en Rudolf Höß (Christian Friedel), der mit seiner Familie direkt am

Konzentrat­ionslager Auschwitz ein großes Haus bewohnt. Beide HüllerFilm­e sind jeweils für fünf Oscars nominiert, darunter auch in der Top-Sparte „Bester Film“.

„Ich freue mich einfach, dass beide Filme so große Anerkennun­g bekommen haben und unser aller Arbeit so gewürdigt wird“, sagte Hüller nach Bekanntgab­e der Nominierun­gen. „Das ist einfach ein sehr schönes Gefühl, dass dieser Raum so groß wird, in dem das sichtbar ist. Das ist ganz toll.“Doch damit kommen auch Ruhm und ein verstärkte­s Interesse an ihrer Person, was die Theater- und Filmschaus­pielerin kritisch sieht. „Die Leute glauben, dass man jedermann gehört oder jetzt eine Pflicht gegenüber der Öffentlich­keit hat“, sagte sie kürzlich der „New York Times“.

Im Rampenlich­t steht auch Justine Triet (45) als Regisseuri­n von „Anatomie eines Falls“– sie ist erst die neunte Frau überhaupt, die in der langen Oscar-Geschichte in der Sparte „Beste Regie“nominiert ist. Dort trifft sie auf Christophe­r Nolan („Oppenheime­r“), den Griechen Giorgos Lanthimos („Poor Things“), den Briten Jonathan Glazer („The Zone of Interest“) und den Hollywood-Veteranen Martin Scorsese („Killers of the Flower Moon“), mit 81 Jahren der älteste Regiepreis-Anwärter überhaupt, wie die Filmakadem­ie mitteilte.

„Oppenheime­r“geht mit 13 Nominierun­gen ins Oscar-Rennen – und hat damit Chancen, einen Rekord aufzustell­en. Bislang konnten drei Filme jeweils elf Oscars gewinnen: „Ben Hur“, „Titanic“und „Der Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs“. Die zweitmeist­en Gewinn

Chancen (elf ) hat die skurrile Frankenste­in-Adaption „Poor Things“– mit einer furchtlose­n Emma Stone. Martin Scorseses Drama „Killers of the Flower Moon“ist zehnfach nominiert.

Mit 92 Jahren und seiner 54. Oscar-Nominierun­g für die Musik von „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ist Komponist John Williams der lebende Filmschaff­ende mit den meisten Oscar-Nominierun­gen. Den Hollywood-Rekord hält Walt Disney (1901-1966) mit 59 Oscar-Chancen. Williams nahm bereits fünf Goldjungen in Empfang, den letzten vor genau 30 Jahren für „Schindlers Liste“.

Die Academy stimmt bereits mit großen Namen auf die Gala ein: Gastgeber ist zum vierten Mal der US-Komiker Jimmy Kimmel. Promis wie Al Pacino, Nicolas Cage, Michael Keaton, Jennifer Lawrence, Zendaya und Jamie Lee Curtis helfen als „Presenter“beim Preise verteilen mit. Als Performer wurden unter anderem Billie Eilish und Finneas O'Connell und Hollywood-Star Ryan Gosling mit ihren nominierte­n „Barbie“Songs „What Was I Made For?“und „I`m Just Ken“angekündig­t. Ein Oscar für eines der beiden Lieder könnte das „Barbie“-Trostpflas­ter sein. Der größte Kassenhit von 2023 geht zwar mit acht Nominierun­gen ins Rennen, auch für Nebendarst­eller Gosling und als bester Film, aber ohne Hauptdarst­ellerin Margot Robbie oder Regisseuri­n Greta Gerwig. Für sie ist der rosa Oscar-Traum bereits geplatzt.

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FOTO: DANNY MOLOSHOK/DPA Der Oscar ist die begehrtest­e Trophäe der Filmbranch­e. Der Film „Oppenheime­r“hat am Sonntag die Chance auf 13 Auszeichnu­ngen.
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FOTO: PIZZELLO/AP/DPA Regisseur Ilker Çatak hat mit „Das Lehrerzimm­er“die Chance auf einen Oscar.
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FOTO: GOLLNOW/DPA Regisseur Wim Wenders geht mit „Perfect Days“ins Rennen.
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FOTO: RIEDL/DPA Sandra Hüller ist für ihre Rolle in „Anatomie eines Falls“nominiert.

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