„Kalbsnierchen sind immer noch der Renner“
Der „ Adler“ist ein Wirtshaus mit langer Tradition und treuen Gästen. Wer französische Küche und ein gemütlich-rustikales Ambiente liebt, ist in dieser Gastwirtschaft in einem alten Stengel-Haus von 1750 in Alt-Saarbrücken richtig. Ein Gourmetmagazin hat
ALT-SAARBRÜCKEN Vegan ist hier schwierig. Und auch auf raffinierte Cocktails oder asiatisch-angehauchte Mode-Küche muss man verzichten, wenn man im Gasthaus „Zum Adler“in der Vorstadtstraße in AltSaarbrücken essen möchte.
Dafür gibt es leckere Weine aus der Region und aus dem Nachbarland und frisch gezapftes Bier. Sowie vieles, was das Herz begehrt, das kulinarisch eher französisch-elsässisch schlägt: klassische Flammkuchen oder Fleisch- und Fischgerichte mit leckeren Soßen, auch mal Austern oder Schnecken. Und gerne Innereien.
„Unsere Kalbsnierchen sind immer noch ein Renner!“, sagt Anja Pawlik und lacht. „Es gibt ja nicht mehr so viele Lokale mit so einer klassischen
Speisekarte“, merkt sie an. Kalbsleber „Berliner Art“mit Äpfeln, Zwiebeln und Kartoffelpüree zum Beispiel muss man tatsächlich suchen gehen. Genau dafür lieben die vielen Stammgäste „ihren“Adler. Man bekommt verlässlich immer wieder die gleichen Lieblingsgerichte.
„Unsere Karte wird immer noch hoch und runter gegessen“, sagt Pawlik. Kein Grund also, daran etwas zu ändern. Und so bleibt man der Tradition treu. Kulinarische Ex
perimente sind hier eher selten.
An Wochenenden ist der getäfelte Gastraum mit seinen 55 Plätzen meist ausgebucht. Im Sommer gibt es das gleiche kulinarische Angebot im urigen Biergarten hinter dem Haus. Dann hat das Team ordentlich was zu schleppen.
Denn der „Adler“steht unter Denkmalschutz und residiert in einem der ältesten Häuser der Stadt. Der Star-Architekt der Barockzeit, Friedrich Joachim Stengel, erbaute
das Haus um 1750 auf älteren Resten. Darauf weist eine Plakette an der Hauswand hin.
Ab 1764 war es eine Zeit lang Wohnsitz der Glockengießer der Barockresidenz Saarbrücken. Und auch mal Brauerei. Alte Stiche und Fotografien im liebevoll mit Sammler-Keramik und Fotos dekorierten Gastraum erzählen von der bewegten Geschichte des Wirtshauses.
Anja Pawlik führt das traditionsreiche Lokal seit 2017 zusammen mit ihrem Ehemann Uwe Junge. Der ist eigentlich schon in Rente. „Aber mit dem Adler haben wir uns noch mal einen Traum erfüllt“, erzählt der gelernte Bootsbauer und gebürtige Hamburger. Er lebt seit 37 Jahren in Saarbrücken. Und hat beruflich schon einiges ausprobiert. So wie seine Frau, die eigentlich gelernte Zahnarzthelferin ist und zwischendurch einen Bio-Laden auf dem Rodenhof führte. Mangels Arbeit an der Saar schulte Junge um vom Bootsbauer zum Zahntechniker. Doch wie seine Frau interessierte er sich mehr für Gastronomie und Ernährung. „Kochen und Backen, das waren schon immer meine Steckenpferde“, sagt die 58-Jährige.
Bevor die beiden das Wirtshaus „Zum Adler“übernahmen – die Vorbesitzerin war eine Nachbarin – hatten sie bereits Erfahrungen mit anderen gastronomischen Betrieben in Saarbrücken gemacht: Das TapasLokal „La cantina“in St. Arnual hatte das Paar 2005 eröffnet und zehn Jahre lang geführt. Nachdem Junge die St. Arnualer Räumlichkeiten eines Textilgeschäftes zuerst für seinen Imbiss („Ketchup“) umgebaut hatte. Der lief aber nicht so gut. Und so wagte man sich an die Tapas.
Im „Adler“scheint das Gastronomen-Paar jetzt so richtig angekommen zu sein. „Wir lieben die gemütliche Atmosphäre hier und die vielen Stammgäste“, sagt Junge. Denen haben die Wirtsleute es wohl auch zu verdanken, dass der Gastronomieguide „Falstaff“den „Adler“zu einem der besten Gasthäuser Deutschlands kürte und das gleichnamige Lifestyle-Magazin das Lokal in seiner Januar-Ausgabe in der Titelgeschichte über Wirtshäuser erwähnt. Man habe bei einer OnlineAbstimmung offenbar sehr gut abgeschnitten, freuen sich die beiden.
Deren Geschäft läuft gut. „Die Pandemie haben wir auch ganz gut weggesteckt“, resümiert die Wirtin. Dass die Mehrwertsteuer nun aber wieder auf 19 Prozent gestiegen ist, finden beide „unfair“. „Auf Lieferungen außer Haus bezahlt man nur sieben Prozent Mehrwertsteuer, aber im Restaurant mit Service sollen es 19 Prozent sein. Das verstehe, wer will“, kritisiert Uwe Junge. Auch der „Adler“musste seine Preise erhöhen. Die Gäste hätten sich darüber aber nie beschwert. „Aber vielleicht gehen viele jetzt einfach einmal weniger oft essen“, vermutet Anja Pawlik.
„Es gibt ja nicht mehr so viele Lokale mit so einer klassischen Speisekarte.“Gastgeberin Anja Pawlik über den Zuspruch für die Adler-Küche
Montags und dienstags ist das Wirtshaus geschlossen. Serviert wird an allen Tagen nur Abendessen (ab 18 Uhr). Reservierung empfohlen, vor allem am Wochenende. „Zum Adler“, Deutschherrnstraße 2, Tel. (06 81) 5 28 41.