In sicheren Händen über die Straße
Damit Kröte & Co. auch weiterhin Teiche und Tümpel in Völklingen und Großrosseln bevölkern: Unterwegs mit Amphibienrettern des NABU Warndt.
Wenn die Nächte milder werden, erwachen Frösche, Kröten und Molche aus ihrer Winterstarre. Dann machen sie sich auf den Weg zu dem Gewässer, in dem sie einst selbst geschlüpft sind. Dort legen die Weibchen ihre Eier ab. Anschließend geht es wieder zurück.
Auch am Warndtweiher bei Ludweiler müssen viele Amphibien die Straßenfahrbahn überqueren, um zu ihrem Laichgrund zu gelangen. Um sie zu schützen, hat der Landesbetrieb für Straßenbau Zäune aufgestellt. Außerdem wurden in regelmäßigen Abständen Eimer in den Boden eingelassen. Die Idee: Die Tiere bewegen sich so lange am Zaun entlang, bis sie schließlich in einen der Eimer fallen. Der Naturschutzbund (NABU) Warndt befreit die Kröten dann aus ihrer „Schutzhaft“und trägt sie sicher und wohlbehalten auf die andere Straßenseite.
Die Helfer, die wir Anfang März begleiten, tragen feste Schuhe, Warnwesten und Handschuhe. Mathilda, zwei Jahre jung, ist die Jüngste im rund 15-köpfigen Team, das sich zur Rettung von Kröte & Co. auf den Weg macht. Ihre Großmutter, Jugendleiterin Heidi Lessel, teilt die Gruppen ein – dann gehts los.
Schülerin Lisa wird schnell fündig. Vorsichtig verfrachtet sie eine Erdkröte in ihren Eimer. „Das ist ein Männchen“, erklärt die Achtjährige. Das Geschlecht erkennt sie an den dunklen Krallen der Kröte. Das Mädchen, das später einmal Tierärztin werden will, mag die Laute, die die Kröten von sich geben. Ihr Exemplar hat aber offenbar kein großes Mund
werk – statt eines kräftigen „Quaaak!“ist nur ein leiser Ruf zu hören. Lisa weiß, warum sich das Männchen bemerkbar macht: „Um Weibchen anzulocken.“
Bei einigen seiner Artgenossen war das Werben bereits erfolgreich: Die Helfer sammeln mehrere sogenannte „Doppeldecker“ein. Denn immer wieder krallen sich Männchen auf dem Rücken der Weibchen fest und lassen sich huckepack zum Wasser tragen. Nicht weil sie zu faul sind, sondern weil sie sich fortpflanzen möchten und durch ihre „Anhänglichkeit“die Spur zum Weibchen nicht verlieren. Sobald das Weibchen
dann gelaicht hat, befruchten Männchen die Eier mit ihrem Sperma.
Der NABU Warndt sammelt Amphibien an verschiedenen Orten auf, zum Beispiel am Ziegeleiweiher in Dorf im Warndt. „Dort gibt es den sehr seltenen Kammmolch“, erklärt Inge Blaesy, Schriftführerin des Vereins. Unterwegs sind die Tierschützer auch in der Kräm, einem Waldgebiet zwischen Völklingen-Ludweiler und Großrosseln-Karlsbrunn.
Dort leben Grasfrösche und Fadenmolche. Amphibien-Expertin Sabine Laval hat einige Exemplare mitgebracht. Nach dem Treffen mit der Saarbrücker Zeitung setzt sie die
Tiere dann wieder in der Kräm aus. Bei einem Frosch-Weibchen sieht man den dicken Bauch, es hat noch nicht gelaicht. Am Warndtweiher finden die Tierschützer hingegen ausschließlich Erdkröten.
Lurche, Frösche, Molche, Kröten – da verliert der Laie schnell den Überblick. Lässt sich der Unterschied in einem Satz erklären? Sabine Laval schildert: „Molche sind Schwanzlurche, Frösche und Kröten haben keinen Schwanz.“Ob mit oder ohne Schwanz: die Tiere wirken recht lethargisch und versuchen nicht zu entkommen, so als wüssten sie, dass es die Menschen gut mit ihnen meinen.
Doch sobald sie in ihrem Element sind, werden sie wieder putzmunter. Die sogenannten Hinläufer, die sich auf dem Weg zum Warndtweiher befanden, entlassen die Helfer am Weiher langsam ins Wasser. Über die Anzahl und das Geschlecht wird genau Buch geführt. An diesem Morgen stehen 34 „Hinläufer“in der Statistik.
Die Anzahl der Amphibien, die man morgens findet, schwankt stark. In manchen Nächten haben die Tiere keine Lust, auf Tour zu gehen. Vielleicht ist es ihnen zu kalt. Oder nicht nass genug? Kröten mögen es warm und feucht. Auch die Gesamtzahl pro Jahr lässt sich nicht vorhersagen. Ein Trend ist aber spürbar: Wegen des Klimawandels beginnt die Wanderung immer früher. Dieses Jahr ging`s schon Mitte Februar los.
Wenn die Eier abgelegt sind, ist die nächste Generation allerdings noch nicht gesichert. Denn immer wieder trocknen Tümpel aus, bevor die Kaulquappen ihre Metamorphose beendet haben. „Gut gemacht, prima!“, ruft Heidi Lessel ihren jungen Schützlingen bei der Verabschiedung zu. „Wir sehen uns am Freitag in der Jugendgruppe.“
Und was macht das Team des NABU Warndt außer Amphibien zu retten? Es gibt zum Beispiel Stellungnahmen zu Bauprojekten ab, säubert Nistkästen, organisiert Wanderungen und kümmert sich um die Schutzgebiete des NABU. Streuobstwiesen müssen zum Beispiel vor Verbuschung geschützt werden.
Die Pläne, den Warndtweiher touristisch aufzuwerten (wir berichteten), sehen die Umweltschützer skeptisch. Denn solche Maßnahmen, so ihre Vermutung, seien immer mit Eingriffen in die Natur verbunden. Außerdem befürchten sie mehr Verkehr, mehr Besucher und damit auch mehr Müll in der Natur. Dabei könne man sich doch schon jetzt an dem Gewässer erholen. „Die Leute“, so Heidi Lessel, „sollen den Weiher so genießen, wie er ist.“