Ein rundum zufriedenstellendes Musikerleben
Wer sich im Saarland für klassische Musik interessiert, dürfte schwerlich an ihm vorbeikommen. Götz Hartmann hat nicht nur die Saarbrücker Sommermusik viele Jahre mit verschiedenen Ensembles bereichert und beim SR- Orchester bei den Ersten Geigen gespielt
seinen 70 Jahren macht Dirigent und Geiger Götz Hartmann einen rundum zufriedenen Eindruck. Das wundert nicht, kann der gebürtige Berliner, der in Andernach am Rhein aufwuchs, doch auf ein erfülltes Musikerleben zurückblicken – das ihm auch jetzt noch genügend Aufgaben zuteil werden lässt. Von vorne: Hartmann fängt als Kind zunächst mit dem Klavierspielen an. Dann besucht er jedoch ein Konzert der Rheinischen Philharmonie und hört Beethovens Ouvertüre zu Egmont. „Das hat mich umgehauen. Danach wusste ich, dass ich jetzt Geige spielen will.“Mit 17 Jahren wird er zu dem renommierten Geigenlehrer Günter Kehr nach Mainz vermittelt. „Der meinte, wenn du dich anstrengst, kannst du es bis zu einer Erste-Geige-Stelle in einem Rundfunkorchester bringen.“Was später tatsächlich so eintrifft.
1972 studiert Hartmann zunächst in Köln bei Igor Ozim. Schon 1976 gründet er das „Duo Kreutzer“mit der argentinischen Pianistin Mirta Herrera, mit der er auch heute noch musiziert. „Das entstand über das Projekt, alle Beethoven-Sonaten zu spielen.“Meisterkurse belegt Hartmann bei Max Rostal und Leonid Kogan.
1979 erfüllt sich Kehrs Prophezeiung: Da kommt der junge Geiger beim Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken in die Gruppe der ersten Geiger. Zehn Jahre später wechselt er als Stimmführer in die zweite Geigengruppe. „Im Grunde genommen habe ich das Spielen im Orchester erst dort richtig in allen Einzelheiten gelernt. Weil ich mich als Stimmführer natürlich viel mehr mit der Partitur beschäftigt habe und mehr Verantwortung hatte.“
Der nächste Schritt ist dann folgerichtig das Dirigieren. „Das kam 1996, weil eine Kollegin sagte, du willst doch immer dirigieren, da gibt es die Möglichkeit mit dem Collegium Instrumentale.“Hartmann nimmt die Gelegenheit wahr und vertieft parallel sein Fachwissen mit Dirigentenkursen, unter anderem beim „Dirigier-Papst“Jorma Panula.
2001 wird er Dirigent des Orchestre Symphonique SaarLorraine. Das Amateur-Ensemble gründete sich 1994 aus Musikerinnen und Musikern aus Saargemünd und Saarbrücken. Zunächst ist es ein reines Streichorchester, bis Hartmann vorschlägt, auch Blasinstrumente hinzuzunehmen. Heute spielen über 40 Musiker dort mit, geprobt wird jeden Donnerstagabend im Evangelischen Gemeindezentrum am St. Johanner Markt. „Dafür bin ich sehr dankbar. Wir haben eine Übereinkunft mit der Kirchengemeinde, dass wir dafür auch ab und zu im Gottesdienst oder auch so ein Konzert für sie spielen.“
Allerdings fällt Hartmann, der 2014 bei der Rundfunkphilharmonie ausgeschieden ist, bei manchen Terminen aus: Dann nämlich, wenn er in Brasilien oder Japan unterwegs ist. Seit 2002 reist er zweimal im Jahr für eine Woche in die brasilianische Großstadt Belo Horizonte. Zunächst gibt er Violin- und KammermusikKurse, dann leitet er das „Orquestra experimental“. „Es ist wirklich sehr experimentell, weil man eigentlich Anfang der Woche nie weiß, wer da genau am Ende der Woche mitspielt.“Nebenbei lernt Hartmann Portugiesisch.
In Japan ist die Sprachbarriere etwas größer. Dort gibt es in der Stadt Hamamatsu das „Ensemble Musique“– mindestens zweimal im Jahr übernimmt der Deutsche dieses Orchester und muss dabei auf die Japanisch-Kenntnisse zurückgreifen, die er sich im Laufe der Jahre angeeignet hat. Offenbar macht sich Hartmann in Japan einen guten Namen, denn seit 2013 gibt er auch in der Stadt Fukuroi Kurse für Violine und Kammermusik.
Zurück zum Orchestre Symphonique SaarLorraine: Mit diesem gestaltet Hartmann am Samstag, 9. März, ein Konzert zum 30-jährigen Jubiläum des Bestehens. Auf dem Programm steht zunächst das Tripelkonzert op. 56 für Klavier, Violine, Violoncello und Orchester von Beethoven. Hartmann wird dabei gleichzeitig die Leitung und die Geige übernehmen, am Piano wird Mirta Herrera Platz nehmen, am Violoncello Jean de Spengler.
Danach folgt Joseph Haydns Sinfonie Nr. 103 Es-Dur, die den Beinamen „mit dem Paukenwirbel“trägt. Beginn ist im Bürgerhaus Dudweiler um 19 Uhr, der Eintritt beträgt 15 Euro. Tags darauf spielt das Orchester ein Matineekonzert um 11 Uhr in der Europäischen Akademie Otzenhausen. Wieder kommt das Tripelkonzert zur Aufführung; statt des Haydn steht allerdings eine Konzertouvertüre von Théodore Gouvy auf dem Programm.
Dazu weiß Hartmann eine kleine Geschichte: „Gouvy hat insgesamt sechs Konzertouvertüren geschrieben, schon als junger Mann mit 25. Die waren aber bisher noch nicht veröffentlicht. Sylvain Teutsch hat den ganzen Nachlass zusammengetragen, Alain Thiel die Ouvertüre in den Druck gebracht.“Hartmann dachte, dass man die Ouverture de Concert No 2 mal aufführen könnte, denn: Die Matinee steht unter dem Motto „Inspiration Élysée-Vertrag: 100 gemeinsame Jahre Kultur im europäischen Geist“. Gemeint sind damit die 30 Jahre des Orchesters plus die 70 Jahre der Europäischen Akademie. Gouvy wiederum wurde in Schafbrücke geboren und war zeit seines Lebens ein Grenzgänger. Zuletzt lebte er in Hombourg-Haut, wo man ihn heute nach langen Jahren der Vergessenheit mit dem Institute Thédore Gouvy würdigt. Hartmann dazu: „Der Mann war ein sehr guter Musiker und Komponist. Das ist sehr gerechtfertigt, dass man ihn wieder spielt.“
Das Orchestre Symphonique SaarLorraine (OSSL) feiert sein dreißigjähriges Bestehen mit zwei Konzerten: am 9. März, 19 Uhr, im Bürgerhaus Dudweiler und am 10. März, zur Matinee um 11 Uhr, der Europäischen Akademie in Otzenhausen. Karten zum Preis von 15/5 Euro sind an der Tageskasse erhältlich und können auch unter https://easy-feedback. de/umfrage/1583721/Zv7bMp reserviert werden.