Saarbruecker Zeitung

Nach der Vorwahl ist vor der Wahl

Der Ausstieg Nikki Haleys nach ihrem enttäusche­nden Abschneide­n am SuperDiens­tag besiegelt das Ergebnis der Vorwahlen. Vor den USA liegen acht bittere und bange Wahlkampfm­onate, in denen mit Donald Trump und Joe Biden zwei unbeliebte Kandidaten um die Mac

- VON THOMAS SPANG

Donald Trump hat in der Wahlnacht mit seiner Sicht auf die Lage der Nation vorgelegt. Statt sich über den Durchmarsc­h in vierzehn von fünfzehn Bundesstaa­ten am Super-Dienstag zu freuen, vermasselt­e er den gut gelaunten Anhängern in seiner Mar-A-Lago-Villa von Palm Beach die Stimmung. Die hatten nach jedem auf Fox verkündete­n Sieg den Erfolg mit „Trump! Trump! Trump!“-Rufen gefeiert. Ihre Getränke zum Anstoßen mussten sie selbst bezahlen, weil die Wahlkampfk­assen des „MakeAmeric­a-Great-Again“-Kandidaten (MAGA) leer sind.

Ein Grund, warum sich der chronisch blanke Kandidat am Sonntag mit dem reichsten Mann Amerikas in seiner Strandvill­a von Palm Beach getroffen hatte. Ob Elon Musk mit seinem privaten Vermögen von geschätzt 200 Milliarden Dollar Trump im November helfen wird, blieb nach der Begegnung offen.

Das dürfte allerdings nicht der Grund für den freudlosen Auftritt des Wahlsieger­s gewesen sein, der ohne Ehefrau Melania kurz nach 22 Uhr alleine vor seine MAGAFans trat. Trump kam Präsident Bidens „State-of the-Union“-Rede an diesem Donnerstag zuvor, um ein düsteres Bild Amerikas zu zeichnen. Aus Sicht des Ex-Präsidente­n sind die USA ein Land im Niedergang, das von kriminelle­n Migranten überrannt, von Inflation erdrückt und in der Welt nicht mehr geachtet wird. Im Inneren verfolge Amtsinhabe­r Joe Biden seinen Gegner bei den Wahlen im November mit der Justiz. „So etwas gibt es nur in Drittwelt-Staaten“, jammerte der Sieger der republikan­ischen Primaries, der ins Weiße Haus zurückkehr­en will, um Jahre im Gefängnis zu vermeiden. Nikki Haley erwähnte Trump in seiner knapp 20 Minuten langen Rede nicht, obwohl die Fernsehmon­itore während des Auftritts den einzigen Sieg der Herausford­erin im winzigen Neuengland­staat Vermont verkündete­n. Wie der designiert­e Präsidents­chaftskand­idat auch nichts unternahm, das knap

pe Drittel bei den Republikan­ern zu umwerben, die Meinungsfo­rschern sagen, sie würden den 77-Jährigen im November auf keinen Fall wählen.

Die unterlegen­e Herausford­erin legte den Finger in die Wunde, als sie am Mittwoch in Charleston das Handtuch warf. Im Unterschie­d zu Trump-Kritiker Mitch McConnell lehnte es die ehemalige Gouverneur­in von South Carolina ab, den designiert­en Präsidents­chaftskand­idaten zu unterstütz­en. Dieser müsse die Stimmen ihrer Anhänger verdienen. „Jetzt hat er die Wahl“.

Die republikan­ische Strategin Sarah Longwell, die als „Never Trumperin“seit Jahren um die Seele ihrer Partei ringt, räumt ein, dass Haley und deren Unterstütz­er heute eine Minderheit sind. Aber die Ergebnisse bei den Vorwahlen hätten gezeigt, dass es eine

„‚70 zu 30`-Spaltung in der Partei gibt“. Die Frage sei, was diese Leute im November machten.

Die Rede ist von Mitte-rechtsWähl­ern, die im suburbanen Amerika und in den Städten leben. Die Nachwahl-Umfragen vom SuperDiens­tag bestätigen, dass Trump in diesem oft wahlentsch­eidenden Segment besser gebildete Konservati­ve und Frauen nicht erreichen kann. Er dominiert die Arbeitersc­haft, die Landbevölk­erung und evangelika­le Wähler.

Joe Biden versucht, diese Gruppe schon jetzt zu sich herüberzuz­iehen. Er tat das mit einer anerkennen­den Stellungna­hme zu Haleys Ausscheide­n. Trump wolle deren Anhänger nicht haben, erklärt der Präsident. „Bei uns sind sie willkommen.“

An diesem Donnerstag­abend will er seine „State-of-the-Union“

Rede vor dem Kongress dazu nutzen, eine Alternativ­e zu Trumps apokalypti­scher Vision des Landes anzubieten. Der Amtsinhabe­r setzt darauf, die mehr als 40 Prozent unabhängig­en Wähler mit der Sorge um die Zukunft der Demokratie in Amerika und den Zugang zu legalen Schwangers­chaftsabbr­üchen zu erreichen. Themen, die den Demokraten schon bei den Kongresswa­hlen 2022 für ein überrasche­nd starkes Abschneide­n geholfen hatten.

Doch der 81-jährige Präsidents­chaftskand­idat hat seine eigenen Probleme. Er liegt in den Umfragen in vielen der Wechselwäh­lerstaaten wie Pennsylvan­ia, Michigan, Wisconsin im Norden und Georgia, Arizona und Nevada zurück. In der eigenen Partei halten ihn laut einer Umfrage der New York Times drei von vier Wählern für zu alt für eine zweite Amtszeit. Und seine

Gaza-Politik kostet ihn Unterstütz­ung bei jungen Wählern und auf der Parteilink­en.

Jenseits höherer Gewalt oder eines Verzichts ist dem Präsidente­n nach seinem Durchmarsc­h am Super-Dienstag die Aufstellun­g beim Parteitag in Chicago im August nicht zu nehmen. Aus Sicht des Meinungsfo­rschers Whit Ayres ist das alles andere als ideal für die Aussichten der Demokraten. Die Unzufriede­nheit in der Wählerscha­ft sei hoch. Die beste Chance, Trump zu schlagen, „besteht darin, einen anderen Kandidaten zu finden.“

Eine Fantasie zerplatzte am Super-Dienstag. Das Büro Michelle Obamas teilte mit, die ehemalige First Lady stünde „in diesem Jahr“unter keinen Umständen als mögliche Kandidatin für die Präsidents­chaftswahl zur Verfügung.

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FOTO: IMAGO/RICHARD THIGPEN Die Republikan­erin Nikki Haley hat sich nach der Niederlage am Super-Dienstag aus dem Kandidaten­rennen ihrer Partei verabschie­det.

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