Nach der Vorwahl ist vor der Wahl
Der Ausstieg Nikki Haleys nach ihrem enttäuschenden Abschneiden am SuperDienstag besiegelt das Ergebnis der Vorwahlen. Vor den USA liegen acht bittere und bange Wahlkampfmonate, in denen mit Donald Trump und Joe Biden zwei unbeliebte Kandidaten um die Mac
Donald Trump hat in der Wahlnacht mit seiner Sicht auf die Lage der Nation vorgelegt. Statt sich über den Durchmarsch in vierzehn von fünfzehn Bundesstaaten am Super-Dienstag zu freuen, vermasselte er den gut gelaunten Anhängern in seiner Mar-A-Lago-Villa von Palm Beach die Stimmung. Die hatten nach jedem auf Fox verkündeten Sieg den Erfolg mit „Trump! Trump! Trump!“-Rufen gefeiert. Ihre Getränke zum Anstoßen mussten sie selbst bezahlen, weil die Wahlkampfkassen des „MakeAmerica-Great-Again“-Kandidaten (MAGA) leer sind.
Ein Grund, warum sich der chronisch blanke Kandidat am Sonntag mit dem reichsten Mann Amerikas in seiner Strandvilla von Palm Beach getroffen hatte. Ob Elon Musk mit seinem privaten Vermögen von geschätzt 200 Milliarden Dollar Trump im November helfen wird, blieb nach der Begegnung offen.
Das dürfte allerdings nicht der Grund für den freudlosen Auftritt des Wahlsiegers gewesen sein, der ohne Ehefrau Melania kurz nach 22 Uhr alleine vor seine MAGAFans trat. Trump kam Präsident Bidens „State-of the-Union“-Rede an diesem Donnerstag zuvor, um ein düsteres Bild Amerikas zu zeichnen. Aus Sicht des Ex-Präsidenten sind die USA ein Land im Niedergang, das von kriminellen Migranten überrannt, von Inflation erdrückt und in der Welt nicht mehr geachtet wird. Im Inneren verfolge Amtsinhaber Joe Biden seinen Gegner bei den Wahlen im November mit der Justiz. „So etwas gibt es nur in Drittwelt-Staaten“, jammerte der Sieger der republikanischen Primaries, der ins Weiße Haus zurückkehren will, um Jahre im Gefängnis zu vermeiden. Nikki Haley erwähnte Trump in seiner knapp 20 Minuten langen Rede nicht, obwohl die Fernsehmonitore während des Auftritts den einzigen Sieg der Herausforderin im winzigen Neuenglandstaat Vermont verkündeten. Wie der designierte Präsidentschaftskandidat auch nichts unternahm, das knap
pe Drittel bei den Republikanern zu umwerben, die Meinungsforschern sagen, sie würden den 77-Jährigen im November auf keinen Fall wählen.
Die unterlegene Herausforderin legte den Finger in die Wunde, als sie am Mittwoch in Charleston das Handtuch warf. Im Unterschied zu Trump-Kritiker Mitch McConnell lehnte es die ehemalige Gouverneurin von South Carolina ab, den designierten Präsidentschaftskandidaten zu unterstützen. Dieser müsse die Stimmen ihrer Anhänger verdienen. „Jetzt hat er die Wahl“.
Die republikanische Strategin Sarah Longwell, die als „Never Trumperin“seit Jahren um die Seele ihrer Partei ringt, räumt ein, dass Haley und deren Unterstützer heute eine Minderheit sind. Aber die Ergebnisse bei den Vorwahlen hätten gezeigt, dass es eine
„‚70 zu 30`-Spaltung in der Partei gibt“. Die Frage sei, was diese Leute im November machten.
Die Rede ist von Mitte-rechtsWählern, die im suburbanen Amerika und in den Städten leben. Die Nachwahl-Umfragen vom SuperDienstag bestätigen, dass Trump in diesem oft wahlentscheidenden Segment besser gebildete Konservative und Frauen nicht erreichen kann. Er dominiert die Arbeiterschaft, die Landbevölkerung und evangelikale Wähler.
Joe Biden versucht, diese Gruppe schon jetzt zu sich herüberzuziehen. Er tat das mit einer anerkennenden Stellungnahme zu Haleys Ausscheiden. Trump wolle deren Anhänger nicht haben, erklärt der Präsident. „Bei uns sind sie willkommen.“
An diesem Donnerstagabend will er seine „State-of-the-Union“
Rede vor dem Kongress dazu nutzen, eine Alternative zu Trumps apokalyptischer Vision des Landes anzubieten. Der Amtsinhaber setzt darauf, die mehr als 40 Prozent unabhängigen Wähler mit der Sorge um die Zukunft der Demokratie in Amerika und den Zugang zu legalen Schwangerschaftsabbrüchen zu erreichen. Themen, die den Demokraten schon bei den Kongresswahlen 2022 für ein überraschend starkes Abschneiden geholfen hatten.
Doch der 81-jährige Präsidentschaftskandidat hat seine eigenen Probleme. Er liegt in den Umfragen in vielen der Wechselwählerstaaten wie Pennsylvania, Michigan, Wisconsin im Norden und Georgia, Arizona und Nevada zurück. In der eigenen Partei halten ihn laut einer Umfrage der New York Times drei von vier Wählern für zu alt für eine zweite Amtszeit. Und seine
Gaza-Politik kostet ihn Unterstützung bei jungen Wählern und auf der Parteilinken.
Jenseits höherer Gewalt oder eines Verzichts ist dem Präsidenten nach seinem Durchmarsch am Super-Dienstag die Aufstellung beim Parteitag in Chicago im August nicht zu nehmen. Aus Sicht des Meinungsforschers Whit Ayres ist das alles andere als ideal für die Aussichten der Demokraten. Die Unzufriedenheit in der Wählerschaft sei hoch. Die beste Chance, Trump zu schlagen, „besteht darin, einen anderen Kandidaten zu finden.“
Eine Fantasie zerplatzte am Super-Dienstag. Das Büro Michelle Obamas teilte mit, die ehemalige First Lady stünde „in diesem Jahr“unter keinen Umständen als mögliche Kandidatin für die Präsidentschaftswahl zur Verfügung.