Länder fordern Migrationsbegrenzung von Bund
Die Regierungschefs der Länder haben vor der Ministerpräsidentenkonferenz den Druck auf den Bund erhöht, um eine schnelle Begrenzung der hohen Flüchtlingszahlen zu erreichen. Nach dem Bund-Länder- Gipfel mit dem Bundeskanzler werden vor allem gemeinsame F
Der Druck ist groß. Aus Sicht der Länder, allen voran der unionsgeführten, sind die Flüchtlingszahlen zu hoch und die Aufnahmekapazitäten der Kommunen erschöpft. Zugleich aber gehen die Zahlen der unerlaubten Einreisen seit einigen Monaten deutlich zurück. „Ich glaube, man darf sich da nichts vormachen“, sagte Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) am Mittwoch nach dem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Blick auf die rückläufigen Zahlen. „Sie werden natürlich auch wieder hochgehen, wenn die Temperaturen steigen.“Man wolle diese Zeit nutzen, um „gemeinsam zu handeln“, so Rhein, zugleich Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK).
Der Kanzler hob gemeinsame Fortschritte hervor. In den vergangenen Monaten seien „grundlegende Veränderung im Management der irregulären Migration“gelungen, so Scholz. Worum ging es konkret?
Leistungen für Asylbewerber
Über die Höhe und Art der Leistungen für Asylbewerber wird seit langem gestritten. Fest steht inzwischen, dass es eine bundesweite Bezahlkarte geben wird, die künf
tig einen Teil der Bargeldleistungen ersetzen soll. Ende Januar hatten sich 14 der 16 Bundesländer auf gemeinsame Standards für die Bezahlkarte geeinigt, nur Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen eigene Wege. Klar ist auch, dass das Asylbewerberleistungsgesetz angepasst wird. Rhein zeigte sich zuversichtlich, dass man ab Sommer mit der Bezahlkarte starten könne. Das werde „die vielen Pullfaktoren“, die Bargeldzahlungen ausgelöst hätten, „sehr stark“zurückfahren.
Arbeit in Deutschland
Kanzler Scholz und die Länderchefs wollen für eine schnellere Arbeitsaufnahme von Schutzsuchenden in Deutschland sorgen. Scholz sagte, die Arbeitsmarktintegration spiele
eine „ganz große Rolle“. Einige Weichen sind dafür bereits gestellt. So können Geflüchtete in Erstaufnahmeeinrichtungen nun etwa bereits nach sechs anstatt wie bisher erst nach neun Monaten arbeiten. „Arbeitsverbote, die für Flüchtlinge bisher existiert haben, sind weitgehend aufgehoben“, betonte der Kanzler. Es gehe jetzt darum, dass Gemeinden, Länder und der Bund mit dem sogenannten Job-Turbo und weiteren Aktivitäten „alles dafür tun, dass
möglichst viele von denjenigen, die sich in Deutschland aufhalten, auch schnell in Arbeit und Beschäftigung kommen“, so Scholz.
Schnellere Abschiebungen
Die Länder pochten bereits im Vorfeld darauf, dass der Bund mehr für die Abschiebung ausreisepflichtiger Migranten tut. Die Bundesregierung hat das Gesetz für schnellere und effektivere Rückführungen bereits auf den Weg gebracht, es ist seit dem 27. Februar in Kraft. Für den Vollzug der Abschiebungen sind die Länder zuständig. Ein weiterer Hebel sind Migrations- beziehungsweise Rückführungsabkommen. Die Idee: Die Herkunftsstaaten nehmen ihre in Deutschland abgelehnten Staatsbürger wieder zurück. Im Gegen
zug bietet Deutschland zum Beispiel anderen Staatsbürgern des Landes einen erleichterten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt oder Visa-Erleicherungen an. Die Bundesländer legen Wert darauf, dass die Bundesregierung weitere Abkommen abschließt, insbesondere mit Staaten, aus denen viele Flüchtlinge irregulär und mit geringer Anerkennungsquote nach Deutschland kommen. „Es fehlen Abkommen mit der Türkei, es fehlen große Abkommen mit Nordafrika“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) noch vor dem Treffen mit dem Kanzler. Es fehle auch die Umsetzung eines Drittstaatenmodells, kritisierte Söder.
Vorverlagerte Asylverfahren
Um die Asylbewerberzahlen zu senken, werden auch Asylverfahren außerhalb der Europäischen Union diskutiert. Schon bei der MPK Anfang November 2023 hatten die Länder den Bund beauftragt, Drittstaatenlösungen zu prüfen und Verhandlungen auf europäischer und internationaler Ebene voranzutreiben. Am Mittwoch sollte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) über den Stand dieser Prüfung berichten. Die Bundesländer fordern die Bundesregierung nun dazu auf, bis zu einer weiteren MPK am 20. Juni eine Position zur Frage von Asylverfahren in Drittstaaten vorzulegen. Das Innenministerium habe dazu mit der Anhörung von Sachverständigen begonnen. Die Ergebnisse sollten bis zur nächsten MPK vorliegen, forderten die Länder am Mittwoch. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) betonte aber auch, man müsse realistisch bleiben. Der Effekt etwa der EU-Einigung auf eine Reform der gemeinsamen europäischen Asylpolitik werde erst mit einer Verzögerung spürbar werden.
Verstärkter Grenzschutz
Bund und Länder halten Grenzkontrollen an den deutschen Binnengrenzen weiter für nötig, um gegen kriminelle Schleuser vorzugehen und irreguläre Migration zurückzudrängen. Bereits am 16. Oktober 2023 hatte Innenministerin Faeser feste Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz eingeführt, die vorerst bis Mitte Juni gelten. Seither sind die Zahlen unerlaubter Einreisen nach Deutschland deutlich zurückgegangen. Dies hat aber weitere Gründe, etwa verschärfte Maßnahmen in benachbarten Ländern, aber auch saisonale Schwankungen.
Die Länder pochen darauf, dass der Bund mehr für die Abschiebung ausreisepflichtiger Migranten tut.