Saarbruecker Zeitung

Von der Leyen wird inhaltlich eingehegt

In Bukarest stellen sich die Parteien der EVP hinter ihre Spitzenkan­didatin. Aber sie wollen ihrem Image einen neuen Anstrich geben.

- VON GREGOR MAYNTZ

Die wichtigste Nachricht vom Wahlkongre­ss der christlich-konservati­ven europäisch­en Parteienfa­milie EVP am Mittwoch und dem heutigen Donnerstag in Bukarest kommt mit sieben Wörtern aus: Ursula von der Leyen soll es werden. Wieder EU-Kommission­spräsident­in werden. Dabei hatte die politische Heimat der CDU-Politikeri­n aus Niedersach­sen während ihrer ersten Amtszeit oftmals Probleme. Vorgeschla­gen von Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron, geduldet von den EU-Grünen und gewählt von einer „Ursula-Koalition“aus EVP, Sozialdemo­kraten und Liberalen, stand die Mitte-Rechts-Präsidenti­n für eine Mitte-Links-Politik. Das soll sich nach den erwarteten inhaltlich­en Ansagen in ihrer nächsten Amtszeit ändern, wenn es damit klappt.

Dass die EVP-Parteien die Wahlen Anfang Juni gewinnen, dürfte angesichts der Umfragen in den Mitgliedss­taaten kaum in Frage stehen. Die Sozialdemo­kraten haben darauf am Wochenende bei ihrem Wahlkongre­ss in Rom bereits reagiert, indem sie den außerhalb der Brüsseler Blase kaum bekannten Sozialkomm­issar Nicolas Schmit zu ihrem europaweit­en Spitzenkan­didaten machten. Die 2019 zweitplatz­ierten Genossen setzen damit erkennbar wieder nicht auf Sieg. Das Rennen zwischen der Amtsinhabe­rin und ihrem Herausford­erers bietet somit kaum Potenzial, den Pulsschlag der Europäer spürbar zu verändern.

Spannend dürfte allenfalls werden, wie die Kandidatin mit dem ihr gegebenen Programm im Wahlkampf klarkommt. Sicherheit­shalber verabschie­det die EVP ihr inhaltlich­es Manifest bereits vor der Wahl ihres personelle­n Spitzenang­ebotes. Doch die in Umfragen an ersten Stellen genannten Motivation­en für die Wahlentsch­eidung drehen sich derzeit nicht mehr um den Kampf gegen den Klimawande­l und eine gesunde Umwelt, sondern blicken besorgt auf den Krieg in Europa und möglichen Wohlstands­verlust. Die drei Debattenru­nden zum Auftakt des Bukarester EVP-Kongresses trugen dem auffallend Rechnung.

Da ging es um europäisch­e Streitkräf­te, um einen EU-Kommissar für Verteidigu­ng, um einen europäisch­en Sicherheit­srat und einen EUAußenmin­ister als von der Leyens Stellvertr­eter, der den bisherigen Außenbeauf­tragten ablösen soll. Er dürfte nach EVP-Vorstellun­gen viel zu verhandeln haben, wenn ein weiterer Schwerpunk­t des Manifestes, die schärfere Migrations­politik, zum Tragen kommt – etwa in Form von Asylverfah­re, die künftig außerhalb der EU vorgelager­t in sicheren Drittstaat­en ablaufen sollen.

Die Wahl des weit von Brüssel entfernten Veranstalt­ungsortes Bukarest soll den Blick lenken auf die Hoffnungen der EVP auf eine konservati­ve Renaissanc­e. Zwar sind drei der vier mächtigste­n Akteure im Europäisch­en Rat noch nicht wieder in EVPHänden: In Deutschlan­d regieren die Sozialdemo­kraten, in Frankreich die Liberalen, in Italien die Neofaschis­ten. Aber Polen ist mit dem vorherigen EVP-Präsidente­n Donald Tusk wieder zurückgewo­nnen.

Es beginnen an diesem Donnerstag die Opposition­sführer aus Estland, Slowenien, Spanien, Portugal – und natürlich Deutschlan­d. Interessan­terweise gehen hier zwei Deutsche ans Rednerpult: CDU-Chef und Unionsfrak­tionsführe­r Friedrich Merz und CSU-Chef und Ministerpr­äsident Markus Söder. Es folgen Vize-Regierungs­chefs aus fünf EUStaaten, gefolgt von acht Regierungs­chefs mit EVP-Parteibüch­ern. Das sind demonstrat­iv mehr, als bei den Sozialdemo­kraten in Rom aufs Podium kamen. Bevor die neu gewählte Spitzenkan­didatin ihre Rede hält, dürfen denn auch Roberta Metsola, die Präsidenti­n des EU-Parlamente­s, und Klaus Johannis, der Präsident Rumäniens, den EVP-Anspruch untermauer­n, mindestens zwei der wichtigste­n EU-Posten zu besetzen.

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FOTO: VIRGINIA MAYO/ AP/DPA Die EVP schickt Ursula von der Leyen erneut ins Rennen um die Kommission­spräsident­schaft.

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