Warum Frauen oft weniger Geld verdienen als Männer
Seit Jahren ändert sich am Lohngefälle zwischen Männern und Frauen wenig. Die Gründe reichen vom Steuersystem bis hin zu bestimmten Rollenbildern.
(mdu/dpa) Seit Jahren ändert sich so gut wie nichts: Frauen haben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im vergangenen Jahr durchschnittlich 18 Prozent weniger pro Stunde verdient als Männer. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sagt, „wenn man das auf 100 Meter nimmt, dann sind es 18 Meter Gefälle: Und das ist de facto ein sechsstöckiges Haus.“Rechnet man den Wert von 184 Prozent in Tage um, arbeiten Frauen vom 1. Januar an 66 Tage unentgeltlich. Deshalb ist in diesem Jahr der Equal Pay Day – also der Aktionstag für gleiche Löhne – am 6. März. Nachfolgend dazu einige Fragen und Antworten.
Warum verdienen Frauen im Schnitt weniger als Männer?
Ein wichtiger Grund ist, dass Frauen häufiger als Männer Jobs haben, die schlechter bezahlt werden. So sind gut 75 Prozent der Beschäftigten in drei der fünf am niedrigsten entlohnten Berufe Frauen: Es handelt sich dabei um Jobs in den Bereichen „Floristik“, „Körperpflege“ und „Verkauf von Lebensmitteln“. Ein weiterer Grund ist die höhere Teilzeitquote von Frauen, die sich ebenfalls langfristig auf die Verdienste auswirkt. Einer Studie der Bertelsmann Stiftung zufolge arbeitet fast die Hälfte aller 20- bis 64-jährigen Frauen in Deutschland nur in Teilzeit. Das ist vor allem dann der Fall, wenn sie Kinder haben.
Ist es in Ostdeutschland anders als in Westdeutschland?
Im Bundesdurchschnitt verdienen in Vollzeit drei von vier Frauen weniger als Männer. Dabei liegt in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen der Anteil der gleich oder besser verdienenden Frauen höher und der Anteil der besonders schlecht bezahlten Frauen niedriger. Schlusslichter sind wiederum Bayern und Baden-Württemberg: Dort liegt der Anteil der vollzeitbeschäftigten Frauen mit gleichen oder höheren Entgelten mit 22 und 21 Prozent unter dem Schnitt. Der Anteil mit mindestens 30 Prozent geringeren Entgelten liegt mit jeweils 45 Prozent höher als bundesweit.
Woran liegt das?
Häufig hängt das damit zusammen, dass es im Osten mehr Kita-Plätze gibt: Laut Bertelsmann Stiftung fehlten 2021 bundesweit mehr als 383 000 Plätze zur Betreuung von Vorschulkindern, in Westdeutschland gut 362 000 Plätze und in Ostdeutschland etwa 21 000. Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, nannte im Gespräch mit unserer Redaktion einen weiteren Aspekt: „Wir haben in Westdeutschland tatsächlich in vielen Bereichen noch ein recht traditionelles Familien- und Frauenbild, das sich eben zum Beispiel im Steuerrecht durchgesetzt hat, aber eben auch am Arbeitsplatz oder in vielen Familien als Modell.“
Werden Frauen durch die Steuer benachteiligt?
In der Kritik ist da das Ehegattensplitting, dass letztlich das EinErnährer-Modell in der Familie begünstigt. Denn es lohnt sich besonders für Paare, wo eine Person deutlich mehr verdient als die andere. Antidiskriminierungsbeauftragte Ataman kritisiert, dass dadurch ein Frauenbild der 1950er Jahre kolportiert werde. DGB-Chefin Yasmin Fahimi spricht von einem „falschen steuerlichen Anreiz“. Unserer Redaktion sagte sie: „Das dokumentiert den Frauen auf dem Lohnzettel ja geradezu, dass ihre Arbeit sich scheinbar gar nicht lohnen würde. Und das muss abgeschafft werden.“
Ist das Lohngefälle in anderen EULändern kleiner?
Ja. Im EU-Durchschnitt liegt das Lohngefälle, auch Gender Pay Gap genannt, bei etwa 13 Prozent. Nach Einschätzung von Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts ( WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, reflektiert die vergleichsweise große Lücke in Deutschland „Strukturen auf dem Arbeitsmarkt, im Bereich der öffentlichen Kinderbetreuung und im Steuersystem, die Frauen systematisch benachteiligen“. Sie weist auf die nordischen Länder mit ähnlich hohen weiblichen Erwerbsquoten aber einem geringeren Lohngefälle hin: Da zeige sich, dass „diese ein besseres Betreuungsangebot haben, dort egalitärere Geschlechterbilder herrschen und dass Steuerpflichtige individuell steuerlich veranlagt werden“.
Was will Ministerin Paus tun, damit sich Löhne angleichen?
Die Ministerin setzt neben dem Kita-Ausbau auch auf mehr Transparenz, also dass mehr Frauen Auskunft über die Löhne in ihrem Betrieb verlangen können. Sie will die EU-Entgelttransparenzrichtlinie deshalb noch in dieser Legislaturperiode umsetzen. Paus sagte unserer Redaktion: „Wir haben Zeit bis 2026, aber ich möchte es schneller schaffen.“Sie betonte, dass dann jede Frau in jedem Betrieb Auskunftsrecht darüber habe, wie die Gehaltssituation sei. „Und auf der Grundlage hat sie natürlich dann auch andere Klagemöglichkeiten.“
Wie ist die Situation im Saarland?
Im Saarland verdienen weniger Frauen als im Bundesdurchschnitt genauso viel oder mehr als Männer. Der Anteil der vollzeitbeschäftigten Frauen mit gleichen oder höheren Entgelten betrug im vergangenen Jahr 24 Prozent. Das Gefälle zeigt sich auch in den offiziellen Angaben zu den durchschnittlichen Bruttoverdiensten je Stunde. Im Saarland lag der Durchschnitt 2023 bei 24,89 Euro für Männer – Frauen verdienten 20,54 Euro.