Rund 2000 Fälle im Amtsgericht Völklingen
Ob Strafrecht, Zivilrecht oder Familiensachen: Die Behörde hatte im vergangenen Jahr in dem geschichtsträchtigen Haus viel zu tun.
Das Amtsgericht Völklingen in der Karl-Janssen-Straße steht relativ häufig in der Zeitung. Allerdings nur, wenn es davor mal wieder gekracht hat. Wegen der unübersichtlichen Straßenführung stoßen dort öfter Autos zusammen. „Unfall im Amtsgerichts-Kreisel“, wird dann vermeldet. Manche Zeitgenossen, die sich dort in die Quere kamen, haben sich vielleicht einige Monate später im Amtsgericht wiedergesehen. Wenn sich die Autofahrer und ihre Versicherungen nicht über die Schuldfrage oder den Schadenersatz einigen können, besteht die Möglichkeit, die Angelegenheit in einem Zivilprozess klären zu lassen. Ist Trunkenheit am Steuer im Spiel, droht sogar ein Strafprozess.
Zivilstreitigkeiten unterscheiden sich in einem Punkt grundlegend von Strafsachen: Im Strafprozess bringt der Staatsanwalt als juristischer Profi die Beweise bei. Im Zivilverfahren dagegen lautet die Grundfrage an den Bürger, der etwas erreichen will: Können Sie das beweisen? Neben Strafsachen und Zivilsachen, erläutert Amtsgerichtsdirektorin Birgit Sieren-Kretzer (61), werden in Völklingen auch Familiensachen verhandelt. Dazu zählen etwa Scheidungen oder Streitigkeiten beim Umgangsrecht mit Kindern.
Zum 38-köpfigen Gerichtsteam gehören sieben Richter, sechs Rechtspfleger, vier Gerichtsvollzieher und zwei Wachtmeister. Hinzu kommen 19 Mitarbeiter der ServiceGeschäftsstellen.
Beim Amtsgericht können Bürger viele Dinge beantragen: vom Erbschein über die Betreuung eines dementen Familienangehörigen bis hin zur Eintragung eines neuen Vereins. Auch Frauen, die von ihrem Ehemann misshandelt werden, oder Mieter, denen man den Strom abgeschaltet hat, wenden sich an diese
Behörde. Im Laufe eines Jahres werden viele Vorgänge bearbeitet: 2023 wurden beim Amtsgericht rund 650 Strafsachen, 650 Zivilsachen und 630 Familiensachen verhandelt. Aufgrund der demografischen Entwicklung – die Menschen werden immer älter – steigt die Zahl der Betreuungen.
Aktuell werden am Amtsgericht 1420 Betreuungen geführt. Für Grundbuchangelegenheiten hingegen ist die Behörde nicht zuständig. Diese werden zentral vom Saarländischen Grundbuchamt beim Amtsgericht Saarbrücken bearbeitet.
Herzstück des Völklinger Amts
gerichts sind die drei Sitzungssäle. In zwei von ihnen stammt die Einrichtung größtenteils noch aus den 1930er-Jahren.
Immerhin: Die harten Holzbänke wurden irgendwann gepolstert. Aber meist bleiben die Sitze im Publikumsbereich ohnehin leer. Das Interesse der Öffentlichkeit an den Verhandlungen sei gering, erklärt Birgit Sieren-Kretzer. Bei Zivilsachen und Strafsachen sind Zuschauer in der Regel zugelassen. Lediglich Verhandlungen gegen Jugendliche unter 18 Jahren finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Manchmal trifft man in den Gängen auch Kinder. Während ihre Eltern im Gerichtssaal sind, dürfen sie im Kinderzimmer unter Aufsicht spielen. Der freundlich gestaltete Raum ist auch der Ort für Anhörungen von Kindern.
Deutlich weniger einladend ist dagegen das Ambiente, nur ein paar Meter weiter, in der gefliesten Gewahrsamszelle. Sie ist reserviert für Insassen der Justizvollzugsanstalt, die nach ihrem Eintreffen im Gerichtsgebäude auf den Prozessbeginn warten müssen. „Sie ist aber ziemlich selten in Gebrauch“, schildert Birgit Sieren-Kretzer. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass Kapitalverbrechen wie Mord und Totschlag in Völklingen nicht verhandelt werden.
Die Mühlen der Justiz mahlen manchmal langsam, aber immer gründlich. Alles, was am Amtsgericht entschieden wird, muss dokumentiert werden. Auch wenn sich in den Regalen der Büros noch die Akten stapeln, so läuft doch die Digitalisierung auf Hochtouren. Viele Daten sind bereits elektronisch gespeichert. Anträge werden online eingereicht oder nach dem Eingang gescannt. „Zurzeit werden neue Zivilsachen digitalisiert“, erläutert die Amtsgerichtsdirektorin.
Die Juristin leitet die Behörde seit 2011 und ist dort selbst als Richterin tätig. Weil es dann nur um kleinere Sachen geht, hat sie für ihren nächsten Sitzungstag nacheinander zehn Verhandlungen angesetzt. Bei komplizierteren Fällen, bei denen viele Zeugen gehört werden müssen, kann eine Sitzung aber auch schon mal den ganzen Tag dauern.
Das Amtsgericht Völklingen ist zuständig für Völklingen, Großrosseln, Püttlingen und seit 2018 auch für Heusweiler. „In dem Gerichtsbezirk gibt es keine besonders hohe Kriminalität“, erklärt Birgit SierenKretzer eine doch recht erfreuliche Erkenntnis. Auch eine Häufung einer bestimmten Deliktart konnte sie bisher nicht feststellen.