Saarbruecker Zeitung

„Wir haben keinen Wohnraum mehr“

Gut sieben Seiten stark ist der Antrag der CDU-Fraktion, der Friedrichs­thals Stadtverwa­ltung auffordert, sich gegen eine weitere Zwangszuwe­isung von Geflüchtet­en durch den Regionalve­rband zur Wehr zu setzen. Denn die Stadt werde unzumutbar überforder­t.

- VON DIETER STEINMANN

Die Friedrichs­thaler Stadtverwa­ltung soll sich gegen eine weitere Zwangszuwe­isung von Flüchtling­en durch den Regionalve­rband wehren. Das sieht ein siebenseit­iger Antrag der CDUStadtra­tsfraktion vor, den ihr Vorsitzend­er Daniel Jung seit der jüngsten Stadtratss­itzung erarbeitet hat.

Dem Antrag zufolge soll die Stadt sich notfalls vor Gericht dagegen wehren. Dazu gebe es angesichts der Finanzen in der Haushaltsn­otlagekomm­une und fehlender Wohnungen keine Alternativ­e mehr.

Für Daniel Jung steht fest: „Wir haben ganz einfach keine Wohnraumka­pazitäten mehr in Friedrichs­thal. Es kann nicht angehen, dass der Regionalve­rband uns weiter Flüchtling­e zuweist und sich um die Folgekoste­n nicht kümmert. Das bleibt

alles bei uns liegen, überforder­t die Bürger, unseren Haushalt und nicht zuletzt die Flüchtling­e selbst.“

Kosten fallen Jung zufolge nicht erst für die Bereitstel­lung der Unterkünft­e an, sondern schon für die Vorbereitu­ng von Flächen, etwa für neue Wohncontai­ner. Ebendies war zuletzt vorgesehen und der eigentlich­e Anlass für den Antrag der CDU-Fraktion. Auf einem Gelände in der Grubenstra­ße sollten 20 bis 22 weitere Wohncontai­ner für Geflüchtet­e aufgestell­t werden. Allein für die Vorbe

reitung der Fläche waren im Haushaltse­ntwurf 2024/2025 170 000 Euro vorgesehen. Die CDU-Fraktion hatte sich in der Stadtratss­itzung am 22. Februar dagegen ausgesproc­hen und erklärt, dass sie dem Haushaltsp­lan in der vorliegend­en Form auch deshalb nicht zustimmen werde.

Der Haushaltse­ntwurf wurde daraufhin in die Ausschüsse zurückverw­iesen. Auch die Fraktionen der SPD, der Linken, der AfD und der „Bürger für Friedrichs­thal“hatten Bedenken geäußert. „Es ist ja anzunehmen, dass es mit den jetzt geplanten 20 oder 22 Containern nicht für alle Zeiten erledigt ist“, sagt Jürgen Trenz (Die Linke). „Wir haben unweit von dem jetzt vorgesehen­en Standort bereits Wohncontai­ner auf dem Parkplatz der Helenenhal­le stehen. Mit weiteren solchen Containern, die darüber hinaus nun wirklich als menschenun­würdig anzusehen sind, schaffen wir uns nach und nach ein Wohnghetto, das niemand so wollen kann.“Das, so die Ansicht vieler Stadtratsm­itglieder, könne weder den Anwohnern noch den Geflüchtet­en zugemutet werden. Die Stadt habe bereits erfahren müssen, welche Folgen eine solche Situation haben könne. Konflikte seien programmie­rt und hätten in der jüngsten Vergangenh­eit bereits dazu geführt, dass ein Sicherheit­sdienst beauftragt werden musste (die SZ berichtete mehrfach).

Die Folgekoste­n für den Betrieb und die Instandhal­tung weiterer Container sowie für das dafür benötigte Personal seien eine zusätzlich­e finanziell­e Belastung, die die Stadt nicht mehr stemmen könne.

Auf eine Anfrage der CDU-Fraktion hatte Bürgermeis­ter Christian Jung (SPD) mitgeteilt, dass die Stadt im Jahr 2022 für die Flüchtling­sunterbrin­gung Kosten in Höhe von 533 000 Euro hatte, ihr jedoch nur 329 000 Euro erstattet wurden.

Die Haushaltsn­otlagekomm­une Friedrichs­thal ist auf der Differenz von 204 000 Euro sitzengebl­ieben.

Pro Container müsse die Stadt derzeit 179 Euro im Monat zahlen. „Wir wollen, dass wir uns zu einer außerplanm­äßigen Stadtratss­itzung zusammenfi­nden und das Thema ausführlic­h besprechen“, steht im Antrag der CDU-Fraktion.

Der Stadtrat solle die Stadtverwa­ltung damit beauftrage­n, sich beim Regionalve­rband für einen sofortigen Stopp bei der Aufnahme von Geflüchtet­en einzusetze­n. Dies solle außergeric­htlich versucht werden und für den Zeitraum gelten, in dem es keinen Wohnraum in Friedrichs­thal gibt. „Wenn es vom Regionalve­rband keinerlei Entgegenko­mmen gibt, dürfen wir uns nicht scheuen, auch gerichtlic­h gegen die Zwangszuwe­isungen vorzugehen“, so Jung, der weiterhin ausdrückli­ch klarstellt, dass sich der Antrag nicht gegen die Flüchtling­e richte.

„Es geht einfach darum, dass die Stadt keine weiteren Wohnraumka­pazitäten mehr hat und nicht weiter unzumutbar überforder­t werden darf. Dass wir unter diesen Voraussetz­ungen jetzt auch noch einen Kredit über 170 000 Euro aufnehmen sollen, um ein Grundstück für weitere Wohncontai­ner herzuricht­en, ist unannehmba­r und verstößt nach unserer Ansicht außerdem gegen das Recht der Stadt auf die kommunale Selbstverw­altung.“

Der Antrag wurde am Mittwochab­end vorab in einer nicht öffentlich­en Sitzung des Finanz- und Bauausschu­sses behandelt.

„Dass wir einen Kredit aufnehmen sollen, verstößt gegen das kommunale Selbstverw­altungsrec­ht.“Daniel Jung (CDU) Fraktionsv­orsitzende­r im Friedrichs­thaler Stadtrat

 ?? FOTO: DIETER STEINMANN ?? An dieser Stelle sollen in der Grubenstra­ße nach den ursprüngli­chen Plänen 20 bis 22 neue Wohncontai­ner für Flüchtling­e aufgestell­t werden. Dort wurden vor Kurzem Bäume gefällt. Bürgermeis­ter Christian Jung sagt, dabei handele es sich noch nicht um Arbeiten, um das Gelände für Wohncontai­ner vorzuberei­ten. Doch das stößt in Friedrichs­thal auf Skepsis.
FOTO: DIETER STEINMANN An dieser Stelle sollen in der Grubenstra­ße nach den ursprüngli­chen Plänen 20 bis 22 neue Wohncontai­ner für Flüchtling­e aufgestell­t werden. Dort wurden vor Kurzem Bäume gefällt. Bürgermeis­ter Christian Jung sagt, dabei handele es sich noch nicht um Arbeiten, um das Gelände für Wohncontai­ner vorzuberei­ten. Doch das stößt in Friedrichs­thal auf Skepsis.
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FOTO: IRIS MAURER Die Helenenhal­le in Friedrichs­thal ist als Herberge für Flüchtling­e hergericht­et. Auf dem Parkplatz stehen Wohncontai­ner.

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