Nach jedem Training noch ein paar Elfmeter
Der Tod von Andreas Brehme hat FußballDeutschland erschüttert. Als er seine Profi-Karriere beim 1. FC Saarbrücken startete, spielte er mit Ralf Collmann und Uwe Klein zusammen. Hier teilen sie ihre Erinnerungen an den WM-Helden von Rom.
Wir schreiben den 8. Juli 1990. Im Finale der Fußball-Weltmeisterschaft zwischen Deutschland und Argentinien in Rom steht es nach 85 Minuten noch 0:0. Andreas Brehme hat aus elf Metern die Entscheidung auf dem Fuß. Er läuft an, überwindet den argentinischen „Elfmeter-Töter“Sergio Goycochea – und schießt Deutschland damit zum Weltmeister-Titel. Den Grundstein für diese Nervenstärke hat Brehme in der Saison 1980/1981 beim 1. FC Saarbrücken gelegt. Damals im Tor der BlauSchwarzen: Ralf Collmann.
Der Moment, als Brehme im Olympia-Stadion in Rom zum Elfmeter antrat und die deutsche Elf zum Weltmeister machte, löst bei Collmann bis heute Gänsehaut aus. „Du sitzt vor dem Fernseher, und der holt sich den Ball, um den Elfmeter zu schießen. Und du hast circa tausend mit ihm trainiert“, erinnert sich der spätere Bürgermeister von Rehlingen-Siersburg: „Nach jedem Training kam der Andy und wollte noch Elfmeter schießen.“
Auch Uwe Klein kann sich noch gut an den Trainingseifer des jungen Brehme erinnern. Klein, der als Trainer sowohl den FV Siersburg als auch den FSV Hemmersdorf in die höchste saarländische Spielklasse geführt hat, war Mitspieler von Brehme und Collmann. Die Beidfüßigkeit Brehmes sei schon damals dessen Markenzeichen gewesen: „Der konnte mit beiden Füßen die Dinger schießen. Mit dem linken Fuß konnte er sogar von 50 Metern aus Bälle locker schlagen.“
Die traurige Nachricht vom Tod Brehmes am 20. Februar im Alter von 63 Jahren nach einem Herzstillstand hat bei ihm Erinnerungen an die alte Zeit ausgelöst. Etwa an Tischtennis-Turniere im Trainingslager mit Walter Müller und Brehme. „Meistens haben entweder Walter oder ich gewonnen. Andreas war da nicht so stark, hat es aber immer wieder probiert“, fügt Klein mit einem Augenzwinkern hinzu: „Wir hatten viel Spaß dabei.“
„Andreas war ein junger Kerl, als er zu uns gekommen ist“, erinnert sich Collmann. „Er war immer am Lachen, immer für ein Späßchen gut – auch während des Trainings, wenn es einmal so richtig hart zur
Sache ging.“Der Tod Brehmes, mit dem er ein sehr gutes Verhältnis gepflegt habe, war für Collmann ein Schock: „Erfahren habe ich es über Kollegen, die es per Whatsapp gepostet haben.“
Der 1. FC Saarbrücken spielte in der Saison 1980/1981 in der 2. Bundesliga Süd. In dieser Spielzeit ging es um die Qualifikation für die eingleisige 2. Bundesliga. Die Malstatter wurden von Slobodan Cendic betreut, den Klein als einen harten Trainer in Erinnerung hat: „Im We
sentlichen mussten wir gehorsam sein.“Doch der Erfolg blieb aus – und Cendic wurde im Oktober 1980 entlassen. Auch dessen Nachfolger Erich Jordens und Dieter Schulte verpassten die Trendwende – und der FCS als Viertletzter den Sprung in die eingleisige 2. Bundesliga. Auch wenn Brehme den damit verbundenen Abstieg in die Oberliga nicht verhindern konnte, waren laut Klein sein Riesentalent und sein starker Wille schon damals unübersehbar. Insbesondere die Passgenauigkeit des späteren Weltmeisters ist bei Klein in Erinnerung geblieben. „Mir ist bis heute kein Spieler begegnet, der mit dem rechten Fuß genauso stark war wie mit dem linken Fuß“, ergänzt Collmann. Er bezeichnet Brehme als „sicherlich den besten Linksverteidiger der Welt“.
Brehme war auf Vermittlung von Felix Magath, der als junger Spieler ebenfalls für den 1. FC Saarbrücken aktiv war, an die Saar gewechselt. Dort konnte sich der Neuzugang vom HSV Barmbek-Uhlenhorst aufgrund seiner fußballerischen Qualität schnell etablieren und absolvierte 36 Spiele für den FCS. „Ich glaube, Andreas Brehme hat immer gespielt“, stellt Klein heraus.
Und er war für jeden Spaß zu haben. Wie zum Beispiel nach einem gemeinsamen Auftritt auf dem Halberg. Dort wurden sie von SRModerator Karl-Heinz Roland interviewt. „Brehme als deutsches Nachwuchstalent, ich als saarländisches Nachwuchstalent“, berichtet Klein. Nach dem Interview wurde dann beim Eis-Essen viel gewitzelt, wie Klein erzählt. „Wir haben uns gut verstanden. Es war problemlos“, denkt er gerne zurück.
Auch Collmann hat angenehme Erinnerungen an die gemeinsame Zeit mit dem gebürtigen Hamburger. Auch Brehmes Wechsel zum 1. FC Kaiserslautern änderte nichts am guten Verhältnis. „Kaiserslautern und Saarbrücken – das war ja nicht immer das allerbeste Verhältnis“, schildert Collmann: „Da wir aber Freunde waren, bin ich oft zu den Spielen hingefahren und habe mich danach noch ein bisschen mit ihm unterhalten.“Im Endeffekt sei er aufgrund seiner Freundschaft zu Brehme sogar Fan der „Roten Teufel“geworden: „Ich bin quasi mit ihm nach Kaiserslautern gewechselt – er als Spieler, ich als Fan.“
Stellt sich zum Schluss noch die Frage, ob die Weltkarriere Brehmes schon damals vorhersehbar war. „So eine Karriere konnte man zu der damaligen Zeit noch nicht direkt vorhersagen“, findet Klein. Was bleibt, ist die Erinnerung an einen „außergewöhnlichen Spieler“, so Collmann. Und an einen „netten, umgänglichen, lustigen und hochtalentierten Fußballer“, so Klein.