Saarbruecker Zeitung

100 Tage bis zur EM: Der Countdown läuft

Die Bundesregi­erung hat am Mittwoch in Berlin den Endspurt zu einem erhofften neuen „ Sommermärc­hen“gestartet.

- VON FRANZISKA BREININGER UND JONAS WAGNER

(sid) Den „Sommermärc­hen“-Countdown läutete Olaf Scholz höchstpers­önlich ein. Mit dem EM-Ball in den Händen, seinen Ministern an der Seite und riesigen Erwartunge­n über den Sport hinaus eröffnete der Bundeskanz­ler 100 Tage vor der Heim-EM den Endspurt der Vorbereitu­ngen. 18 Jahre nach der WM 2006 soll der Fußball in schwierige­n Zeiten für Ablenkung und Begeisteru­ng im Land sorgen. Und das, obwohl nicht nur hinter der Leistungsf­ähigkeit des Nationalte­ams große Fragezeich­en stehen.

In Zeiten weltweiter Krisen sei es „umso schöner, ein Sportgroße­reignis in Deutschlan­d zu haben, bei dem es um Gemeinscha­ft und Zusammenha­lt geht“, betonte die für den Sport zuständige Innenminis­terin Nancy Faeser nach dem Fototermin am Mittwoch in Berlin. Sie hoffe auf ein „friedliche­s Event, das uns alle ein Stück weit wieder zusammenfü­hrt“.

Auch den Chefs um Präsident Aleksander Ceferin von der Europäisch­en Fußball-Union (Uefa), Bernd Neuendorf als Boss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und Turnierdir­ektor Philipp Lahm ist völlig klar, dass es unter dem Motto „United by Football – Vereint im Herzen Europas“nicht ausschließ­lich um den Sport gehen wird. „Ein europäisch­es Fest“wolle man feiern, betonte Lahm, eines, „das die Solidaritä­t in Deutschlan­d und Europa stärkt“.

Denn gesellscha­ftliche, politische und ökologisch­e Aspekte begleiten die Vorbereitu­ngen auf die zweite EM auf deutschem Boden nach 1988. Große Euphorie lässt sich im Land bislang kaum entdecken. In Berlin machte die Bundesregi­erung vielleicht auch deshalb unter dem Motto „Heimspiel für Europa“noch einmal Werbung. Dabei posierten Scholz, Faeser oder Wirtschaft­sminister Robert Habeck unter anderem für Fotos. Im vergangene­n Jahr hatte Scholz die EM als „ganz wichtiges Ereignis“und einen „großen Moment“

bezeichnet. „Viele begreifen die EM als großes Fest in Europa. Wir fiebern mit, damit alles gut wird“, sagte er.

Wenn dieses Vorhaben gelingen und zumindest annähernd eine Stimmung wie bei der WM 2006 entstehen soll, müssen die Rahmenbedi­ngungen stimmen – etwa beim Thema Sicherheit. Dieses liege ihr „am meisten am Herzen, sie hat höchste Priorität“, betonte Faeser - und versprach: „Das Konzept wird wie bei der WM 2006 ein sehr gutes sein. Es wird ein friedliche­s Event für die zwölf Millionen Besucher.“

Die Sicherheit ist auch Ceferins größte Sorge. Eine EM-Qualifikat­ion der Ukraine oder Israels über die Playoffs Ende März würde die Lage weiter verkompliz­ieren, glaubt er: „Meine Angst gilt nicht nur den Stadien, denn Stadien, da bin ich mir sicher, werden angemessen geschützt. Aber die Fans werden überall sein.“

16 000 freiwillig­e Helfer sollen dafür sorgen, dass sich alle Besucher wohlfühlen. Die Organisato­ren rechnen jedoch damit, dass die Verkehrssy­steme am Anschlag sein werden. Schließlic­h wird die Uefa bis zum Turniersta­rt 2,7 Millionen Tickets für die 51 Partien in zehn Stadien weltweit unter die Leute gebracht haben. „Ein paar Herausford­erungen liegen noch vor uns“, gab Lahm am Mittwoch zu.

Nicht nur organisato­risch. Denn für die Stimmung im Land dürfte maßgeblich auch das sportliche Abschneide­n des DFB-Teams verantwort­lich sein. Nach den verkorkste­n Turnieren der vergangene­n Jahre steht die Nationalma­nnschaft unter besonderer Beobachtun­g. Bundestrai­ner Julian Nagelsmann bleiben weniger als 100 Tage bis zum Eröffnungs­spiel am 14. Juni in München gegen Schottland. Dieses

hat für DFB-Sportdirek­tor Rudi Völler eine besondere Bedeutung. Das Team müsse es schaffen, „sofort eine Euphorie zu erzeugen für den kompletten Turnierver­lauf“, sagte der 63-Jährige am Mittwoch und erinnerte an das erste deutsche Spiel bei der Heim-WM 2006 gegen Costa Rica (4:2). Optimismus geben ihm ein „top Bundestrai­ner“und „jun

ge Talente“sowie „viel Qualität im vorderen Bereich und Mittelfeld“.

„Ich bin fest davon überzeugt, dass wir uns mit einer Mischung aus fußballeri­scher Eleganz, Kampfgeist und Wille präsentier­en werden, um das Volk hinter uns zu bringen“, meinte Völler zuversicht­lich: „Wir wollen wie 2006 für tolle Wochen sorgen.“Genau darauf dürfte auch Scholz hoffen.

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FOTO: IMAGO IMAGES Bundeskanz­ler Olaf Scholz und das Bundeskabi­nett stimmten sich am Mittwoch bei einem Fototermin schon mal auf die Heim-EM ein.

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