Saarbruecker Zeitung

Das grüne Hadern mit der Realpoliti­k

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WWeRnengie­erinuengPs­avreterain­ketwinoe rtung trägt, lassen sich Grundsatzp­rogramme recht einfach formuliere­n. Zumindest sind die Positionen dann unabhängig davon, ob sie im Kontrast stehen zu aktuellen Koalitions­verträgen auf Bundes- oder Ländereben­e. Wenn eine Partei Regierungs­verantwort­ung trägt, ist sie mit allen Problemen und Herausford­erungen konfrontie­rt – und für deren Lösung verantwort­lich. Das streben die meisten Parteien an, um gestalten zu können. Wie sehr programmat­ische Ziele und die alltäglich­en Probleme jedoch auseinande­rklaffen können, haben zuletzt insbesonde­re die Grünen zu spüren bekommen.

Das lässt sich an vielen Beispielen festmachen. An den Waffenlief­erungen für die Ukraine etwa, die die Grünen unterstütz­en – inzwischen auch die der Taurus-Marschflug­körper. An einer Energiepol­itik, die wegen der Folgen des russischen Angriffskr­iegs auf die Ukraine viele grüne Prinzipien über Bord gehen ließ. Zuerst mussten Atomkraftw­erke länger laufen, jetzt sind Kohlemeile­r in Reserve und Flüssiggas wird aus allen möglichen Quellen nach Deutschlan­d geschifft. Auch bei der Migrations­politik haben die Grünen bis zur Verrenkung immer wieder Kompromiss­e gegen eigene Überzeugun­gen mitgetrage­n, weil sie Regierungs­verantwort­ung im Bund und in zehn von 16 Ländern haben.

Für die Ampel-Bundesregi­erung lässt sich sagen, dass die Grünen von den drei beteiligte­n Parteien die meiste Flexibilit­ät mit Blick auf ihr Programm an den Tag legen mussten. Es ist ihnen anzurechne­n, dass sie zu dieser Flexibilit­ät gefunden haben. Bei der geplanten Cannabis-Reform gibt es nun mächtig Ärger zwischen der Parteispit­ze und den Landesregi­erungen, die teils erhebliche Bedenken gegen die Reform haben. Beispiel Nordrhein-Westfalen: Der grüne Justizmini­ster Benjamin Limbach ist einer der Wortführer im Widerstand gegen die vom Bund gewollte Teil-Legalisier­ung. Seine Befürchtun­g, die von allen anderen Justizmini­stern der Länder geteilt wird: Es kommt zu einer Überlastun­g der Staatsanwa­ltschaften und Gerichte, weil eine rückwirken­de Amnestie-Regelung viel Arbeit mit früheren Verfahren notwendig macht.

Für die Bundes-Grünen, die mit der Cannabis-Legalisier­ung schon immer auch Klientelpo­litik betrieben haben, käme eine von den eigenen Leuten aus den Ländern gestoppte Reform zur Unzeit. Schließlic­h stehen in diesem Jahr die Europawahl und drei Landtagswa­hlen an, im nächsten Jahr dann auch die Bundestags­wahl. Dass nun Druck aus der Bundesspit­ze auf die Länder ausgeübt wird, das Prestigepr­ojekt nicht zu verzögern oder gar zu stoppen, ist aus programmat­ischer Sicht verständli­ch.

Doch es offenbart, wie sehr die Grünen hadern mit ihren teils sehr langjährig­en Programmin­halten und der Realpoliti­k, wenn sie in Regierungs­verantwort­ung und Koalitions­zwängen sind. Bei der Cannabis-Reform könnte nun ein Punkt erreicht sein, an dem es den Bundes-Grünen reicht, nachdem sie sich an so vielen anderen Stellen verbiegen mussten. Gut möglich, dass die Teil-Legalisier­ung noch für viel Krach bei der Ökopartei führen wird.

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