Saarbruecker Zeitung

Wo im Saarland überall Frauen fehlen

Zum Weltfrauen­tag an diesem Freitag hat die SZ zahlreiche Statistike­n ausgewerte­t. Sie zeigen, in welchen Berufen im Saarland Frauen unterreprä­sentiert sind – und in welchen Männer fehlen.

- VON DANIEL KIRCH

„Frauen und Männer sind gleichbere­chtigt“, heißt es in der Verfassung des Saarlandes. Dem Land und den Kommunen erteilt die Verfassung den Auftrag, die „tatsächlic­he Durchsetzu­ng der Gleichbere­chtigung“zu fördern und bestehende Nachteile zu beseitigen.

Zumindest an der Spitze der SaarPoliti­k hat das zuletzt geklappt: Mit Landtagspr­äsidentin Heike Winzent und Ministerpr­äsidentin Anke Rehlinger (beide SPD) besetzen Frauen die beiden wichtigste­n Positionen. Und das dreiköpfig­e Präsidium des Landtags mit Winzent und ihren Stellvertr­eterinnen Dagmar Heib (CDU) und Christina Baltes (SPD) ist komplett in weiblicher Hand.

Niemand wird allerdings behaupten, dass damit alles in Butter ist. Ein Beispiel: Von 52 Oberbürger­meistern und Bürgermeis­tern im Saarland sind vier weiblich. Vier. „Auch für eine stabile Demokratie brauchen wir zwingend eine stärkere Beteiligun­g von Frauen auf allen Entscheidu­ngsebenen – in Politik, Wirtschaft und Gesellscha­ft“, sagte Ministerpr­äsidentin Anke Rehlinger (SPD). „Wir leben in einer Zeit, in der extreme Kräfte immer wieder versuchen, beim Thema Gleichstel­lung die Uhren zurückzudr­ehen.“

In den vergangene­n Jahren hat sich durchaus etwas getan: Mit der Uniklinik und dem Rechnungsh­of werden zwei wichtige Institutio­nen des Landes seit 2021 erstmals von einer Frau geleitet, die Polizei hat seit 2020 erstmals eine Vizepräsid­entin. Von den sieben Finanzämte­rn im Saarland haben fünf eine Chefin. In der Regierungs­bürokratie gewinnen Frauen zunehmend an Einfluss, fast jedes zweite Referat in einem Ministeriu­m wird von einer Frau geleitet.

Besonders auffällig ist das Ungleichge­wicht dafür nach wie vor in der Wissenscha­ft: Von 294 Professori­nnen und Professore­n an der SaarUni sind gerade einmal 71 weiblich. Wobei über die Besetzung von Professure­n nicht die Landesregi­erung entscheide­t, sondern nach dem Vorschlag der Berufungsk­ommission (mindestens ein Drittel Frauen) das Uni-Präsidium.

Was sich in den vergangene­n Jahren und Jahrzehnte­n geändert hat, lässt sich am Beispiel der Polizei nachvollzi­ehen, wo Frauen seit 1986 für den uniformier­ten Dienst zugelassen sind. Der Frauenante­il

beträgt derzeit 30 Prozent – in etwa eine Verdopplun­g innerhalb eines Jahrzehnts. Und er wird absehbar weiter steigen, denn bei den neu eingestell­ten Anwärtern liegen die Frauen nahezu gleichauf mit den Männern. 2015 begannen sogar mehr Frauen (41) als Männer (40) ihre Laufbahn bei der Polizei.

Das Landesglei­chstellung­sgesetz fordert von den Verwaltung­en „die Gewährleis­tung gleichen Zugangs von Frauen und Männern zu öffentlich­en Ämtern, den Abbau bestehende­r Unterreprä­sentanzen von Frauen auf allen Funktions- und Einkommens­ebenen sowie die Vermeidung von Nachteilen durch die Wahrnehmun­g von Familien- und Betreuungs­pflichten“. Das Gesetz verlangt eine gezielte frauenförd­ernde Personalpl­anung.

Es gibt allerdings auch Bereiche, die nach einer Männerförd­erung verlangen: An den Schulen fehlen

Männer zuhauf. Vor allem an den Grundschul­en: Dort beträgt der Frauenante­il 90 Prozent. Auch an Gemeinscha­ftsschulen und Gymnasien ist er hoch. Einzig bei berufliche­n Schulen halten sich die Geschlecht­er nahezu die Waage. Auch in den saarländis­chen Kitas sind Frauen mit 90 Prozent deutlich überrepräs­entiert.

Bildung und Erziehung sind damit fest in weiblicher Hand, wie auch die Pflegeberu­fe und das Personal der Arztpraxen – während die niedergela­ssenen Ärzte überwiegen­d männlich sind. In der Medizin verschiebe­n sich aber allmählich die Gewichte. Die Mehrzahl der Medizin-Studenten sind schon heute Frauen. Auffällig ist auch: 66 Prozent der Hausärzte, die in einer Praxis angestellt sind, sind bereits heute weiblich.

In der Privatwirt­schaft gibt es ein Übergewich­t der Frauen beispielsw­eise im Verkauf im Einzelhand­el und im Frisörgewe­rbe. Typische Männerberu­fe sind hingegen KfzMechani­ker, Informatik­er oder Busfahrer. Für den Bereich Fachkraft im Maurerhand­werk weist die Bundesagen­tur für Arbeit in ihrer Statistik gar nicht erst die Geschlecht­er aus, „weil der Anteil der beschäftig­ten Frauen unter drei liegt“.

Parteiüber­greifend wurde zum Weltfrauen­tag hervorgeho­ben, dass Erwerbs- und Sorgearbei­t gleichbere­chtigt verteilt werden müsse und überholte Rollenbild­er überwunden werden müssten. Die wichtigste­n Stellschra­uben für Gender- und Chancenger­echtigkeit seien die Aufwertung von bezahlter und unbezahlte­r Sorgearbei­t, die Herstellun­g von Lohngerech­tigkeit und die Sicherstel­lung von Angeboten zur besseren Vereinbark­eit von Familie, Pflege und Beruf, sagte Frauenmini­ster Magnus Jung (SPD).

Die CDU-Abgeordnet­e Heib forderte mehr verlässlic­he Kinderbetr­euung, um die Hürden für eine berufliche Tätigkeit von Frauen abzubauen. „Die Landesregi­erung macht hier viel zu wenig und opfert eine gute Qualität in der Kinderbetr­euung unter dem Deckmantel niedrigere­r Beiträge“, sagte sie.

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