Wo im Saarland überall Frauen fehlen
Zum Weltfrauentag an diesem Freitag hat die SZ zahlreiche Statistiken ausgewertet. Sie zeigen, in welchen Berufen im Saarland Frauen unterrepräsentiert sind – und in welchen Männer fehlen.
„Frauen und Männer sind gleichberechtigt“, heißt es in der Verfassung des Saarlandes. Dem Land und den Kommunen erteilt die Verfassung den Auftrag, die „tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung“zu fördern und bestehende Nachteile zu beseitigen.
Zumindest an der Spitze der SaarPolitik hat das zuletzt geklappt: Mit Landtagspräsidentin Heike Winzent und Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (beide SPD) besetzen Frauen die beiden wichtigsten Positionen. Und das dreiköpfige Präsidium des Landtags mit Winzent und ihren Stellvertreterinnen Dagmar Heib (CDU) und Christina Baltes (SPD) ist komplett in weiblicher Hand.
Niemand wird allerdings behaupten, dass damit alles in Butter ist. Ein Beispiel: Von 52 Oberbürgermeistern und Bürgermeistern im Saarland sind vier weiblich. Vier. „Auch für eine stabile Demokratie brauchen wir zwingend eine stärkere Beteiligung von Frauen auf allen Entscheidungsebenen – in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft“, sagte Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD). „Wir leben in einer Zeit, in der extreme Kräfte immer wieder versuchen, beim Thema Gleichstellung die Uhren zurückzudrehen.“
In den vergangenen Jahren hat sich durchaus etwas getan: Mit der Uniklinik und dem Rechnungshof werden zwei wichtige Institutionen des Landes seit 2021 erstmals von einer Frau geleitet, die Polizei hat seit 2020 erstmals eine Vizepräsidentin. Von den sieben Finanzämtern im Saarland haben fünf eine Chefin. In der Regierungsbürokratie gewinnen Frauen zunehmend an Einfluss, fast jedes zweite Referat in einem Ministerium wird von einer Frau geleitet.
Besonders auffällig ist das Ungleichgewicht dafür nach wie vor in der Wissenschaft: Von 294 Professorinnen und Professoren an der SaarUni sind gerade einmal 71 weiblich. Wobei über die Besetzung von Professuren nicht die Landesregierung entscheidet, sondern nach dem Vorschlag der Berufungskommission (mindestens ein Drittel Frauen) das Uni-Präsidium.
Was sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten geändert hat, lässt sich am Beispiel der Polizei nachvollziehen, wo Frauen seit 1986 für den uniformierten Dienst zugelassen sind. Der Frauenanteil
beträgt derzeit 30 Prozent – in etwa eine Verdopplung innerhalb eines Jahrzehnts. Und er wird absehbar weiter steigen, denn bei den neu eingestellten Anwärtern liegen die Frauen nahezu gleichauf mit den Männern. 2015 begannen sogar mehr Frauen (41) als Männer (40) ihre Laufbahn bei der Polizei.
Das Landesgleichstellungsgesetz fordert von den Verwaltungen „die Gewährleistung gleichen Zugangs von Frauen und Männern zu öffentlichen Ämtern, den Abbau bestehender Unterrepräsentanzen von Frauen auf allen Funktions- und Einkommensebenen sowie die Vermeidung von Nachteilen durch die Wahrnehmung von Familien- und Betreuungspflichten“. Das Gesetz verlangt eine gezielte frauenfördernde Personalplanung.
Es gibt allerdings auch Bereiche, die nach einer Männerförderung verlangen: An den Schulen fehlen
Männer zuhauf. Vor allem an den Grundschulen: Dort beträgt der Frauenanteil 90 Prozent. Auch an Gemeinschaftsschulen und Gymnasien ist er hoch. Einzig bei beruflichen Schulen halten sich die Geschlechter nahezu die Waage. Auch in den saarländischen Kitas sind Frauen mit 90 Prozent deutlich überrepräsentiert.
Bildung und Erziehung sind damit fest in weiblicher Hand, wie auch die Pflegeberufe und das Personal der Arztpraxen – während die niedergelassenen Ärzte überwiegend männlich sind. In der Medizin verschieben sich aber allmählich die Gewichte. Die Mehrzahl der Medizin-Studenten sind schon heute Frauen. Auffällig ist auch: 66 Prozent der Hausärzte, die in einer Praxis angestellt sind, sind bereits heute weiblich.
In der Privatwirtschaft gibt es ein Übergewicht der Frauen beispielsweise im Verkauf im Einzelhandel und im Frisörgewerbe. Typische Männerberufe sind hingegen KfzMechaniker, Informatiker oder Busfahrer. Für den Bereich Fachkraft im Maurerhandwerk weist die Bundesagentur für Arbeit in ihrer Statistik gar nicht erst die Geschlechter aus, „weil der Anteil der beschäftigten Frauen unter drei liegt“.
Parteiübergreifend wurde zum Weltfrauentag hervorgehoben, dass Erwerbs- und Sorgearbeit gleichberechtigt verteilt werden müsse und überholte Rollenbilder überwunden werden müssten. Die wichtigsten Stellschrauben für Gender- und Chancengerechtigkeit seien die Aufwertung von bezahlter und unbezahlter Sorgearbeit, die Herstellung von Lohngerechtigkeit und die Sicherstellung von Angeboten zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf, sagte Frauenminister Magnus Jung (SPD).
Die CDU-Abgeordnete Heib forderte mehr verlässliche Kinderbetreuung, um die Hürden für eine berufliche Tätigkeit von Frauen abzubauen. „Die Landesregierung macht hier viel zu wenig und opfert eine gute Qualität in der Kinderbetreuung unter dem Deckmantel niedrigerer Beiträge“, sagte sie.