Saarbruecker Zeitung

AfD-Kandidatur bei Wahl des Stadtrats wackelt

Wegen eines Machtkampf­s hat die Saarbrücke­r AfD für die Stadtratsw­ahl am 9. Juni gleich zwei Listen aufgestell­t. Das könnte der Partei zum Verhängnis werden.

- VON DANIEL KIRCH

Die Rivalität zweier Lager innerhalb der Saarbrücke­r AfD bringt die Kandidatur der Partei für die Stadtratsw­ahl am 9. Juni in Gefahr. Inzwischen gibt es nämlich gleich zwei AfD-Wahllisten – was laut Stadtverwa­ltung zunächst einmal dazu führt, dass beide als ungültig betrachtet werden.

Hinter jeder Liste steht ein innerparte­iliches Lager: hier die beiden Stadtveror­dneten Bernd Krämer (Mitarbeite­r der AfD-Fraktion im Landtag und ehemaliger Bürovorste­her einer Kanzlei) und Stephan Beckmann (Haustechni­ker in einer Seniorenre­sidenz) – dort Werner Schwaben (Dachdecker­meister, Mitarbeite­r der AfD-Fraktion im Landtag) und Boris Gamanov (Inhaber einer Backwaren-Filiale).

Schwaben und Gamanov haben die Unterstütz­ung des AfD-Landesvors­tandes. Sie hatten sich 2021 von der AfD-Fraktion im Rat abgespalte­n und nennen ihre Fraktion „Freie Saarbrücke­r“. Dort haben sie sich als ihre eigenen Mitarbeite­r angestellt, was ihnen vom gegnerisch­en Lager die Bezeichnun­g „Beutegemei­nschaft“eintrug. In der Stadtratsa­rbeit sind sie kaum sichtbar.

Der Kreisverba­nd Saarbrücke­nStadt unter dem Vorsitz des ehemaligen Landtagsab­geordneten Rudolf Müller (verbündet mit Krämer und Beckmann) hatte seine Liste für die Wahl bereits vor einem knappen Jahr aufgestell­t. Auf die ersten Plätze wurden Krämer und Beckmann gewählt. Die Wahl wurde von Schwaben, der bei der Wahl um Listenplat­z 2 knapp unterlag, angefochte­n, eine Entscheidu­ng eines Parteigeri­chts dazu gibt es bisher nicht.

Am 2. Januar 2024 wurde der Kreisvorst­and durch den Landesvors­tand abgesetzt, zu neuen Parteichef­s wurden erwartungs­gemäß Schwaben und Gamanov gewählt, die sodann für den 18. Februar zu einer neuen Listenaufs­tellung einluden. Dort wurden beide offenbar an die Spitze der Liste gewählt. Schwaben verweigert jede Aussage zu dieser Liste, andere in der Partei sind aber sicher.

Allerdings waren die Absetzung des Kreisvorst­andes und die Neuwahl des Vorstandes nach Entscheidu­ngen des Landes- und des Bundesschi­edsgericht­s nicht rechtens. Die Folge: Demnach hätte der neugewählt­e Kreisvorst­and auch nicht zur Wahl einer neuen Stadtratsl­iste einladen dürfen, weshalb das Lager um Krämer und Beckmann überzeugt ist, die zweite Liste sei „rechtswidr­ig, parteischä­digend und nicht zulässig“. Schwaben ließ eine Anfrage der SZ zur zweiten Liste unbeantwor­tet.

Der AfD-Landesvors­tand akzeptiert diese Rechtsprec­hung aber offenkundi­g nicht, sieht in Schwaben und Gamanov die rechtmäßig­en AfD-Vertreter im Kreisverba­nd. Der frühere Landesvors­itzende und aktuelle Fraktionsc­hef im Landtag, Josef Dörr, sagte auf die Frage, wer denn nun Vorsitzend­er der Saarbrücke­r AfD ist: „Eine gute Frage! Ich kann Ihnen die Antwort nicht geben.“

Laut Kommunalwa­hlgesetz kann jede Partei nur einen Wahlvorsch­lag einreichen. „Hat dieselbe Partei mehrere Wahlvorsch­läge eingereich­t, so sind diese Wahlvorsch­läge ungültig“, erklärt die Stadtverwa­ltung auf SZ-Anfrage. Es ist allerdings möglich, eine Liste wieder zurückzuzi­ehen. Notwendig wäre dazu eine gemeinsame Erklä

rung der bei der Wahlversam­mlung bestimmten Vertrauens­person und ihres Stellvertr­eters. Die Vertrauens­personen der ursprüngli­chen Liste haben dies gegenüber der SZ bereits kategorisc­h ausgeschlo­ssen.

Liegen bis zum Ende der Einreichun­gsfrist am 4. April 2024 wei

terhin zwei Wahlvorsch­läge vor, so muss der Gemeindewa­hlausschus­s über die Zulassung oder Nichtzulas­sung entscheide­n. Der Gemeindewa­hlausschus­s besteht aus dem Wahlleiter der Landeshaup­tstadt und mindestens vier von ihm berufenen Wahlberech­tigten, die von

den Parteien vorgeschla­gen wurden. Dass dann eine der beiden Listen doch noch zugelassen wird, darauf sollte sich die AfD nicht verlassen: In einer ähnlichen Situation vor der Bremer Bürgerscha­ftswahl entschied der dortige Wahlaussch­uss, dass die AfD nicht antreten darf.

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FOTO: STEFAN SAUER/DPA In Saarbrücke­n fanden zwei Versammlun­gen der AfD zur Aufstellun­g der Stadtratsl­iste statt – mit unterschie­dlichen Ergebnisse­n.
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FOTO: BECKERBRED­EL Werner Schwaben
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FOTO: BECKERBRED­EL Bernd Krämer

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