AfD-Kandidatur bei Wahl des Stadtrats wackelt
Wegen eines Machtkampfs hat die Saarbrücker AfD für die Stadtratswahl am 9. Juni gleich zwei Listen aufgestellt. Das könnte der Partei zum Verhängnis werden.
Die Rivalität zweier Lager innerhalb der Saarbrücker AfD bringt die Kandidatur der Partei für die Stadtratswahl am 9. Juni in Gefahr. Inzwischen gibt es nämlich gleich zwei AfD-Wahllisten – was laut Stadtverwaltung zunächst einmal dazu führt, dass beide als ungültig betrachtet werden.
Hinter jeder Liste steht ein innerparteiliches Lager: hier die beiden Stadtverordneten Bernd Krämer (Mitarbeiter der AfD-Fraktion im Landtag und ehemaliger Bürovorsteher einer Kanzlei) und Stephan Beckmann (Haustechniker in einer Seniorenresidenz) – dort Werner Schwaben (Dachdeckermeister, Mitarbeiter der AfD-Fraktion im Landtag) und Boris Gamanov (Inhaber einer Backwaren-Filiale).
Schwaben und Gamanov haben die Unterstützung des AfD-Landesvorstandes. Sie hatten sich 2021 von der AfD-Fraktion im Rat abgespalten und nennen ihre Fraktion „Freie Saarbrücker“. Dort haben sie sich als ihre eigenen Mitarbeiter angestellt, was ihnen vom gegnerischen Lager die Bezeichnung „Beutegemeinschaft“eintrug. In der Stadtratsarbeit sind sie kaum sichtbar.
Der Kreisverband SaarbrückenStadt unter dem Vorsitz des ehemaligen Landtagsabgeordneten Rudolf Müller (verbündet mit Krämer und Beckmann) hatte seine Liste für die Wahl bereits vor einem knappen Jahr aufgestellt. Auf die ersten Plätze wurden Krämer und Beckmann gewählt. Die Wahl wurde von Schwaben, der bei der Wahl um Listenplatz 2 knapp unterlag, angefochten, eine Entscheidung eines Parteigerichts dazu gibt es bisher nicht.
Am 2. Januar 2024 wurde der Kreisvorstand durch den Landesvorstand abgesetzt, zu neuen Parteichefs wurden erwartungsgemäß Schwaben und Gamanov gewählt, die sodann für den 18. Februar zu einer neuen Listenaufstellung einluden. Dort wurden beide offenbar an die Spitze der Liste gewählt. Schwaben verweigert jede Aussage zu dieser Liste, andere in der Partei sind aber sicher.
Allerdings waren die Absetzung des Kreisvorstandes und die Neuwahl des Vorstandes nach Entscheidungen des Landes- und des Bundesschiedsgerichts nicht rechtens. Die Folge: Demnach hätte der neugewählte Kreisvorstand auch nicht zur Wahl einer neuen Stadtratsliste einladen dürfen, weshalb das Lager um Krämer und Beckmann überzeugt ist, die zweite Liste sei „rechtswidrig, parteischädigend und nicht zulässig“. Schwaben ließ eine Anfrage der SZ zur zweiten Liste unbeantwortet.
Der AfD-Landesvorstand akzeptiert diese Rechtsprechung aber offenkundig nicht, sieht in Schwaben und Gamanov die rechtmäßigen AfD-Vertreter im Kreisverband. Der frühere Landesvorsitzende und aktuelle Fraktionschef im Landtag, Josef Dörr, sagte auf die Frage, wer denn nun Vorsitzender der Saarbrücker AfD ist: „Eine gute Frage! Ich kann Ihnen die Antwort nicht geben.“
Laut Kommunalwahlgesetz kann jede Partei nur einen Wahlvorschlag einreichen. „Hat dieselbe Partei mehrere Wahlvorschläge eingereicht, so sind diese Wahlvorschläge ungültig“, erklärt die Stadtverwaltung auf SZ-Anfrage. Es ist allerdings möglich, eine Liste wieder zurückzuziehen. Notwendig wäre dazu eine gemeinsame Erklä
rung der bei der Wahlversammlung bestimmten Vertrauensperson und ihres Stellvertreters. Die Vertrauenspersonen der ursprünglichen Liste haben dies gegenüber der SZ bereits kategorisch ausgeschlossen.
Liegen bis zum Ende der Einreichungsfrist am 4. April 2024 wei
terhin zwei Wahlvorschläge vor, so muss der Gemeindewahlausschuss über die Zulassung oder Nichtzulassung entscheiden. Der Gemeindewahlausschuss besteht aus dem Wahlleiter der Landeshauptstadt und mindestens vier von ihm berufenen Wahlberechtigten, die von
den Parteien vorgeschlagen wurden. Dass dann eine der beiden Listen doch noch zugelassen wird, darauf sollte sich die AfD nicht verlassen: In einer ähnlichen Situation vor der Bremer Bürgerschaftswahl entschied der dortige Wahlausschuss, dass die AfD nicht antreten darf.