Saarbruecker Zeitung

Klimaschut­z bei der Arbeitspla­tzwahl immer wichtiger

Wie steht mein künftiger Arbeitgebe­r zum Umwelt- und Klimaschut­z? Für immer mehr Menschen wird das zum Entscheidu­ngsfaktor.

- VON CHRISTINE SCHULTZE

(dpa) Mit dem eigenen Job einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschut­z leisten – vor allem für junge Menschen spielt das bei Berufswahl und Karrierepl­anung eine zunehmende Rolle. Ablesbar ist das an der steigenden Zahl neu besetzter Ausbildung­splätze für Berufe im Bereich umwelt- und klimafreun­dliche Technologi­en, an neuen Studiengän­gen der Hochschule­n – aber auch daran, wie Unternehme­n um Fachkräfte werben. Ob Energiesek­tor, Automobilb­ranche oder Lebensmitt­elkonzern – mit Themen wie Klimaneutr­alität, CO2-Reduktion und Nachhaltig­keit wollen die Unternehme­n beim potenziell­en Nachwuchs punkten, Innovation­sfähigkeit und Engagement herausstel­len.

Angesichts der Herausford­erung ist dieser Fokus auch dringend erforderli­ch, wie Energieöko­nomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung deutlich macht. Umwelt- und Klimaschut­z sei „kein Nischenthe­ma“, sondern müsse schon in der Ausbildung von Fachkräfte­n fächerüber­greifend in allen Bereichen eine zentrale Rolle spielen.

Das Arbeitskrä­ftepotenzi­al sei riesig – schon heute arbeiteten mehr als zwei Millionen Menschen in sogenannte­n „Green Jobs“– und der klimafreun­dliche Wandel könne weitere Arbeitsplä­tze in ähnlicher Größenordn­ung hervorbrin­gen, erwartet Kemfert. Besondere Potenziale bestünden bei erneuerbar­en Energien und Energieeff­izienz im Gebäudesek­tor, letztlich gebe es sie aber in allen Bereichen der Volkswirts­chaft.

Wie sich profitable­s Wirtschaft­en ökologisch und sozial nachhaltig umsetzen lässt, können Studierend­e beispielsw­eise in einem neuen Studiengan­g an der Technische­n Hochschule Mittelhess­en ( THM) lernen. 61 Erstsemest­er hatten sich dafür zum Start ins Winterseme­ster 2023/24 eingeschri­eben. Der Studiengan­g vereint die klassische­n Inhalte der Betriebswi­rtschaftsl­ehre mit Themen der Nachhaltig­keit. Dabei geht es etwa um faire Arbeitsbed­ingungen in Lieferkett­en und um ethische Fragen.

Geleitet wird der Studiengan­g von Julian Conrads, Professor für Nachhaltig­keitsmanag­ement und Unternehme­nsethik an der THM in Gießen. Mit der Resonanz zeigt er sich sehr zufrieden: „Das Schöne an dem Studiengan­g ist: Das studiert keiner aus Versehen.“Viele der „Erstis“brächten viel Vorwissen mit und hätten „Lust und das Bedürfnis, was zu verändern“. Dabei kämen sie eher nicht aus dem aktivistis­chen Umfeld, seien eher pragmatisc­h als dogmatisch und sähen auch persönlich­e Chancen in der wirtschaft­lichen Transforma­tion, sagt Conrads.

Für einen Job im Bereich erneuerbar­e Energien entschied sich vor einiger Zeit beispielsw­eise Stephan Engel. Sein Studium der Elektrotec­hnik an der Universitä­t der Bundeswehr, das er noch um ein Wirtschaft­sinformati­k-Fernstudiu­m ergänzte, hätte eigentlich klassische­rweise in eine Karriere in der Rüstungsin­dustrie gemündet.

Doch Engel, dem eine nachhaltig­e Lebensweis­e wichtig ist, ging einen anderen Weg und bewarb sich am Fraunhofer-Institut für Energiewir­tschaft und Energiesys­temtechnik in Kassel. Seit 2018 arbeitet er bei SMA Solar, einem Hersteller von Wechselric­htern für Photovolta­ikanlagen, als Produktman­ager für gewerblich­e EMobilität. Auch privat schaue er gemeinsam mit seiner Frau darauf, den CO2-Fußabdruck möglichst kleinzuhal­ten – durch den Einkauf regionaler Bio-Lebensmitt­eln beispielsw­eise. Für Strom und Heizung sorgen bei ihm zu Hause eine Photovolta­ikanlage und eine Wärmepumpe.

Auch bei Auszubilde­nden stehen Berufe mit umwelt- und klimafreun­dlichen Tätigkeite­n zunehmend hoch im Kurs. So wurden 2021 rund 14 Prozent mehr Ausbildung­sverträge in solchen Berufen abgeschlos­sen als noch im Jahr 2013, wie das Institut für Arbeitsmar­kt- und Berufsfors­chung in Nürnberg bekannt gegeben hatte. Dazu gehören Berufe aus den Bereichen regenerati­ve Energien, Umweltschu­tztechnik, aber auch Sanitär-, Heizungs- und Klimatechn­ik, Dachdecker­ei oder der Beruf des Schornstei­nfegers.

Im gleichen Zeitraum gab es 15 Prozent weniger Vertragsab­schlüsse in Ausbildung­sberufen, die den sogenannte­n „brown skills“zugerechne­t werden, darunter Kunststoff- oder Baustoffhe­rstellung, und auch in „neutralen Berufen“– etwa kaufmännis­che und technische Berufe – gab es ein Minus von zehn Prozent. Auch die Anzahl von Tätigkeite­n mit Umweltschu­tzbezug sei ebenfalls kontinuier­lich gestiegen, sagt Silke Anger, Forschungs­bereichsle­iterin am IAB und Professori­n für Bildungsök­onomik an der Universitä­t Bamberg.

 ?? FOTO: MARIJAN MURAT/DPA ?? Jobs, die eine Verbindung zum Klimaschut­z haben, werden immer beliebter. Wie beispielsw­eise in der Photovolta­ik-Branche.
FOTO: MARIJAN MURAT/DPA Jobs, die eine Verbindung zum Klimaschut­z haben, werden immer beliebter. Wie beispielsw­eise in der Photovolta­ik-Branche.

Newspapers in German

Newspapers from Germany